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St.-Matthias-BruderschaftEuskirchener pilgern schon seit 400 Jahren nach Trier

Lesezeit 4 Minuten
Pilgerinnen und Pilger ziehen hinter einem Mann her, der das Pilgerkreuz trägt.

Am Pfingstsamstag machten sich in diesem Jahr 24 Frauen und Männer auf den 120 Kilometer langen Weg nach Trier.

1624 entstand in Euskirchen die St.-Matthias-Bruderschaft. Vor der Jubiläumsfeier erzählt der Präfekt, was die Mitglieder am Pilgern fasziniert.

In vier Tagen zu Fuß von Euskirchen nach Trier, 120 Kilometer. Dafür braucht es vor allem Durchhaltevermögen und gute Kondition. Mitglieder der St.-Matthias-Bruderschaft nehmen diese Wallfahrtsstrecke einmal im Jahr in Angriff, immer an Pfingsten. Was bewegt die Pilgerinnen und Pilger dazu?

Ihr Ziel ist das Grab des heiligen Matthias, das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen. Auf dem Weg dorthin erleben sie sich als „Menschen unterwegs zu Gott, als pilgerndes Gottesvolk“. So zitiert Heinz Breuer aus den Statuten der Erzbruderschaft des heiligen Matthias in Trier.

Die Wallfahrer, so Breuer weiter, erfahren mit Leib und Seele die Mühe des Weges, aber auch die Freude, die das beharrliche Weitergehen und schließlich das Erreichen des Zieles schenken, und das „in der Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern im Glauben“. Der Reiz liege auch im Wechsel von Anstrengung und Entspannung, von Gesang und Schweigen, von Ernst und Freude, sagt Breuer, der in Heimbach lebt und seit 2016 als Präfekt an der Spitze der Euskirchener Bruderschaft steht.

Die Euskirchener Bruderschaft besteht seit 400 Jahren

Sie wurde 1624 aus der Taufe gehoben. Was die Gläubigen damals dazu brachte, nach Trier zu wallfahren – darüber könne man „nur spekulieren“, sagt Breuer. Wahrscheinlich war es die Pest, die zu einem entsprechenden Gelübde führte. Vielleicht aber auch die Not, die der 30-jährige Krieg ausgelöst hatte, oder aber der Wunsch, durch das Pilgern der Verehrung des Apostels Matthias Ausdruck zu verleihen.

Hinter einem Priester zieht die Gruppe mit Kreuz, Kerze und Fahne über einen gepflasterten Platz.

Am Ziel: Die Pilgerinnen und Pilger aus Euskirchen – hier ein Bild aus der Chronik – haben Trier erreicht.

Ein Pferd zieht einen Planwagen, in dem zwei Männer sitzen.

In den 1950er-Jahren wurden die Pilger noch von einem Wagen begleitet, den ein Pferd zog.

Wie auch immer: Die Gründung liegt jetzt schon 400 Jahre zurück. Dieses stolze Jubiläum feiert die Bruderschaft an diesem Sonntag. Die Feier beginnt um 11 Uhr mit einer heiligen Messe in der Kirche St. Matthias, die Abt Ignatius (Benediktinerabtei Trier) und Pfarrer Wolfgang Biedaßek zelebrieren. Er ist Präses der Euskirchener Bruderschaft. Um 12 Uhr wird im Garten der Matthiaskirche ein Gedenkbaum eingeweiht. Ein Empfang im Forum schließt sich an.

Heinz Breuer will bei dieser Gelegenheit auf die Geschichte der Bruderschaft zurückblicken und prägende Persönlichkeiten würdigen. Die Aufzeichnungen aus der Zeit nach der Gründung sind nach seinen Angaben lückenhaft. Verbürgt ist, dass von 1690 bis 1842 recht regelmäßig Wallfahrten stattfanden. Dies ist einem lange verschollenen Pilgerbuch zu entnehmen, dessen Fund Kaplan Hünerbein 1933 von der Kanzel verkündete.

Seit 1933 unterbrachen nur Kriege und Corona die Tradition

Der Geistliche rief die Gläubigen damals dazu auf, nach Trier zu pilgern. „Spontan haben sich 26 Männer und 17 Frauen zur Wallfahrt gemeldet“, erzählt Breuer. Seither macht sich die Bruderschaft jährlich auf in die Stadt an der Mosel, sieht man von kriegs- und coronabedingten Unterbrechungen ab.

Die Pilger haben sich zu einem Gruppenbild zusammengestellt.

Ein Bild aus den 1990er-Jahren zeigt die Wallfahrerinnen und Wahlfahrer während einer Rast.

Die Zahl der Pilgerinnen und Pilger lag über Jahrzehnte hinweg bei 30 bis 50. In diesem Jahr waren es am Pfingstsamstag 24 Frauen und Männer, die nach einer Messe in St. Matthias und dem Segen durch Präses Biedaßek gut gelaunt loszogen.

Die erste Rast legt die Gruppe stets in der Nähe von Roderath ein, erzählt Schriftführer Heinrich Heck. Etappenziele sind Blankenheim-Mülheim, Gerolstein und Bitburg-Erdorf. Die Pilger übernachten in Privatunterkünften, Gasthäusern, Pensionen oder Hotels, bevor sie am vierten Tag in Trier ankommen.

Eine Familie aus Weilerswist kümmert sich um die Verpflegung

Um die Verpflegung kümmert sich seit Jahrzehnten die Weilerswister Familie Schlösser-Gau. „In der Zwischenzeit hat Christa Gau mit ihrem Mann Jochem in dritter Generation die Küche übernommen“, sagt Breuer. Der Euenheimer Heinrich Heck gewährt einen Einblick in den Speiseplan: „Samstags gibt es zum Mittagessen immer Kartoffelsuppe mit Wursteinlage, sonntags Gulasch, Kartoffeln und Salat und zum Nachtisch Pudding und montags süß-saure Bohnen mit Speck, dazu die Reste vom Gulasch.“

Tische, Bänke, die Küche und alles andere, was für die Vorbereitung auch der anderen Mahlzeiten nötig ist, sind in einem Transporter untergebracht. Das Gepäck nimmt der Wagen ebenfalls auf.

Am Ende ist es „ein erhebendes Gefühl, wenn man nach Tagen des Gebetes, aber auch des Frohsinns – und das bei jedem Wetter – das Ziel erreicht“, schwärmt Heinz Breuer, der von einem verborgenen Mythos spricht. Wer noch nie mit einer solchen Gruppe unterwegs gewesen sei, könne dies kaum erfassen.

Dies ändert nichts daran, dass die St.-Matthias-Bruderschaft Euskirchen Nachwuchssorgen hat. Nahezu alle Mitglieder sind älter als 60 Jahre. Ohne Zugänge in den kommenden Jahren, so der Präfekt, „wird man neue Wege der Wallfahrt suchen müssen“.

Gleichzeitig betont er im Rückblick: „Es waren keine leichten Zeiten, aber der Geist der Bruderschaft ist lebendig geblieben.“ Deshalb sei er zuversichtlich, auch in den nächsten Jahren genügend begeisterte Menschen zu finden, „die das Licht der Wallfahrt weiter leuchten lassen“.


Der Vorstand

Der Bruderschaft gehören etwa 80 Mitglieder an, von denen nach Breuers Angaben gut 30 den aktiven Kern bilden. Der Vorstand besteht aus Präfekt Heinz Breuer, Brudermeisterin Anne-Gret Krämer, ihrem Stellvertreter Helmut Burtscheidt, Kassiererin Karin Alfer und Schriftführer Heinrich Heck.