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Lichterzug geplantKirchheimer kämpfen für Steinbachtalsperre – Fragen zum Wiederaufbau

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt die Steinbachtalsperre nach der Flut. Auf der Luftseite des Damms ist viel Erdreich abgerutscht.

Teile des Damms der Steinbachtalsperre waren in der Flutnacht abgerutscht – darunter auch ein Stück Asphalt.

Max Friedrich rettete im Waldfreibad einem Schüler das Leben, jetzt setzt sich der Kirchheimer für den Wiederaufbau der Steinbachtalsperre ein.

1800 – so viele Teilnehmer zogen vor zwei Jahren um die Steinbachtalsperre bei Kirchheim. Das Ziel: ein Zeichen für den Wiederaufbau des Bauwerks zu setzen. Passiert ist seitdem wenig. Darum organisiert die Kirchheimer Bürgerinitiative „Pro Steinbach“ für Samstag, 16. März, erneut einen Lichterzug an der Steinbachtalsperre, die während der Flut deutschlandweit in den Nachrichten war, weil einige Tage der Damm zu brechen drohte.

Geht es nach Organisator Alexander Rheindorf werden es diesmal nicht weniger Teilnehmer als 2022. „Wir wollen wieder ein Zeichen setzen, weil uns die Steinbach wichtig ist. Weil die Steinbach für die gesamte Region so unheimlich wichtig ist“, betont er.

Kirchheimer haben viele Fragen rund um die Steinbachtalsperre

Daher sei es unverständlich, dass „bisher nichts in Richtung Wiederaufbau passiert ist“. Umso wichtiger sei es, ein Zeichen zu setzen, dass die Steinbachtalsperre bei der Bevölkerung nicht vergessen sei. „Es war ein Ort der Naherholung für viele Generationen“, so Rheindorf. Dazu gehöre auch das Waldfreibad, das beispielsweise im Sommer 2015 allein an einem heißen Tag mehr als 3000 Gäste hatte.

Alles zum Thema Steinbachtalsperre

Es sei doch logisch, dass man sich als Kirchheimer fast drei Jahre nach der Flut Fragen stelle wie „Warum ist bisher kaum etwas passiert?“, „Wie ist der Zeitplan für den Wiederaufbau?“, „Soll die Talsperre überhaupt wieder aufgebaut werden?“.

Das Bild zeigt zahlreiche Organisatoren des Lichterzugs an der Steinbachtalsperre.

Am 16. März wird es einen Lichterzug an der Steinbachtalsperre geben. Die Initiatoren rechnen mit etwa 1800 Teilnehmern.

Fragen, auf die wohl nicht nur die Kirchheimer gerne Antworten hätten. Auch in Schweinheim stellt man sich schon seit vielen Monaten ähnliche Fragen. Daran dürfte auch der jüngste Besuch von NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach nichts geändert haben, denn bei dem Besuch samt Diskussionsrunde mit Dorfbewohnern ging es vor allem um den innerörtlichen Hochwasserschutz. Ob dabei auch die Scharte, die vom Betreiber e-regio auf Anordnung der Bezirksregierung in den Damm getrieben werden musste, eine Rolle gespielt hat, ist nicht bekannt.

Einst Lebensretter, jetzt Kämpfer für die Steinbachtalsperre

Rheindorf hat zu dem „Loch“ eine eigene Meinung. „Die Scharte birgt eine große Gefahr für die Unterlieger. Viele Schweinheimer haben ihr Urvertrauen verloren. Sie haben ihr Zuhause wieder aufgebaut, doch niemand baut die Steinbach wieder auf“, sagt Rheindorf. Aber nicht nur die Schweinheimer brauchen dem Kirchheimer zufolge eine intakte Talsperre. „Die Feuerwehr benötigt das Brauchwasser. Die Natur braucht das Wasser – auch im Kampf gegen den Borkenkäfer“, so Rheindorf.

Die Vorbereitungen des Lichterzugs, aber auch der Protestmarsch selbst, werden von Laura Broich und Maximilian Friedrich für die Sozialen Netzwerke aufbereitet. Vor allem der 31-jährige Kirchheimer hat zur Steinbachtalsperre eine besondere Beziehung. Im Mai 2008 rettete er als 15-Jähriger einem Schüler aus Bad Münstereifel das Leben. Der Zwölfjährige war plötzlich im Waldfreibad nicht mehr aufgetaucht. Friedrich entdeckte ihn auf dem Boden des Schwimmerbeckens und brachte ihn an den Beckenrand.

„Es geht mir aber nicht um das Waldfreibad. Es geht um das große Ganze“, sagt er. Seit der Flut sei in Kirchheim vieles anders, weil es die Steinbachtalsperre mit all ihren Facetten nicht mehr gebe. „Mein Opa ist jeden Tag einmal um die Steinbach spaziert. Seitdem der Damm nicht mehr geschlossen ist, verzichtet er darauf. Das ist schade, aber zeigt, wie sich auch kleine Dinge seitdem geändert haben“, so Friedrich, der eine Petition für die Steinbachtalsperre initiieren will.

Ursula Zerlett: „Die Steinbach ist Kindheitserinnerung pur“

Ursula Zerlett und Leonie Doppelfeld betreiben oberhalb des Damms den Ponyhof-Flamersheim. „Die Steinbach ist Kindheitserinnerung pur. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir das Projekt unterstützen“, sagt Zerlett, die mit Leonie Doppelfeld am Abend des Lichterzugs unzählige Pommes und Bratwürste an die Teilnehmer bringen will. Das Geld soll den Kindern des Ponyhofs zugutekommen – in Form von Projekten, die für sie realisiert werden sollen.

Unterstützt wird der Lichterzug von den Maltesern und dem DRK. Beide Hilfsorganisationen werden den Protestmarsch begleiten, für die Ausleuchtung des Parkplatzes an der Steinbach sorgen und Getränke ausschenken. Laut Rheindorf werden auch Polizei und Feuerwehr dabei sein.

Apropos Parkplatz: Laut Rheindorf wird der untere, große Parkplatz nicht als Stellfläche für Autos zur Verfügung stehen. „Dieser Platz ist nur für die Teilnehmer vorgesehen“, erklärt der Organisator. Die Möglichkeit zu parken gebe es aber beispielsweise auf dem Zeltplatz an der Katholischen Bildungsstätte und am Eulenheckerweg.


Diese Routen stehen beim Lichterzug in Kirchheim zur Auswahl

Am Samstag, 16. März, wird es zwei Routen für den Lichterzug geben – die kürzere ist vier Kilometer lang. Die andere Strecke wird sieben Kilometer lang sein. Start ist jeweils um 17.30 Uhr am großen Parkplatz an der Steinbachtalsperre. Die lange Strecke führt vom Parkplatz rechts an der Talsperre vorbei und weiter bis zum Kloster Schweinheim und auf der anderen Seite des aktuell leeren Sees zurück.

Die vier Kilometer lange Route führt linksseitig bis zum Klosterberg und zurück. Aus Rücksicht auf den Wald werde auf offenes Feuer verzichtet, erklärt Organisator Alex Rheindorf von der Bürgerinitiative Pro-Steinbachtalsperre. Die Initiative würde sich nach eigenen Angaben über kreative „LED-Kunstwerke“ freuen. (tom)


Die Chronologie rund um die Steinbachtalsperre

  1. 14. Juli 2021, 16.35 Uhr: Der Pegel erreicht das Betriebsstauziel (278,88 Meter ü. NN). Das Wasser läuft ab diesem Moment über die Hochwasserentlastung in den Steinbach.
  2. 17 Uhr: Der Pegel ist um 18 Zentimeter gestiegen. Das entspricht einer Wassermenge von 300 Litern pro Sekunde, die über den Überlauf abgeleitet wird. Das meldet die e-regio an die Bezirksregierung.
  3. 18.10 Uhr: Die Bezirksregierung wird informiert, dass der Damm mit hoher Wahrscheinlichkeit überflutet wird. Auch die Leitstelle wird in Kenntnis gesetzt. Eine Stunde später steht laut e-regio fest, dass der Damm innerhalb der nächsten Stunden überflutet wird.
  4. 20 Uhr: Kronenstau. Anschließend läuft die Talsperre bis 23 Uhr über. Bis zu 120.000 Liter Wasser pro Sekunde bahnen sich ihren Weg.
  5. 15. Juli 2021: Der Mechernicher Hubert Schilles baggert den Grundablass frei. Er war von Geröll verschüttet worden. Gegen 18.35 Uhr wird der Grundablasses geöffnet.
  6. 1. August 2021: In den Damm wird eine maximal 42 Meter breite Scharte getrieben, um den Damm zu sichern.
  7. Dezember 2021: Die e-regio, operativer Betreiber der Steinbach, stellt ihre Pläne zur Steinbachtalsperre vor, die Hochwasserschutz, Naherholung und Brauchwasser bieten soll.
  8. September 2022: Die e-regio beziffert die Wiederaufbaukosten des Damms auf fünf Millionen Euro.
  9. 7. März 2023: In der Steinbachtalsperre wird Gras gemäht und mithilfe einer Drohne die Ufer vermessen. Ein Wiedereinstau scheint zeitnah möglich.
  10. 18. März: Plötzlich ist von einem möglichen Planfeststellungsverfahren die Rede, weil sich der Nutzen der Talsperre ändert. Das würde bedeuten, dass der Wiederaufbau noch Jahre dauert.
  11. 16. Juni: Die Bezirksregierung fordert ein Erbebengutachten. Simuliert werden soll ein Beben der Stärke 7 direkt unter dem Damm.
  12. 7. August: Es wird eine Arbeitsgruppe gegründet, die den schnelleren Austausch möglich machen soll. Sie tagt seitdem eher unregelmäßig.
  13. 5. Oktober: „Es gibt Verordnungen für bestehende Talsperren, es gibt Verordnungen für geplante Talsperren, aber keine für kaputte. Das ist unser Problem“, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. (tom)