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Chefkoch im Portrait
So arbeitet Sushi-Meister Kengo in seinem Kölner Restaurant ITO

Lesezeit 5 Minuten
Sushi von Meisterhand: Kengo Nishimi bereitet Nigiri im Restaurant ITO zu.

Sushi von Meisterhand: Kengo Nishimi bereitet Nigiri im Restaurant ITO zu.

Der japanische Gourmetkoch Kengo Nishimi zeigt in seinem Kölner Restaurant ITO die hohe Kunst der Sushi-Zubereitung.

„Das Wichtigste bei der Technik ist der Schnitt“, sagt Meister Kengo und greift zu einem der sehr scharfen geschmiedeten Sushimesser aus seiner edlen Sammlung, die auf dem Tresen vor der schwarzen Wand mit den drei Buchstaben „ITO“ steht. Ohne abzusetzen schneidet er Scheibe für Scheibe vom akkurat filetierten Thunfisch. Behutsam und konzentriert. Von oben nach unten. Nicht zu dünn, nicht zu dick. „Nie hin und her säbeln“, rät der 42-Jährige mit der ruhigen Hand. Sanft setzt er ein Bällchen leicht gesäuerten Reis in seine Linke, drückt es mit Fingerspitzengefühl in eine längliche Form, legt ein Stück fangfrischen Tuna darauf, taucht einen Pinsel in die hausgemachte Sojasauce, benetzt das Nigiri mit der feinen Würze - und serviert das puristische Stillleben auf einem grünen Blatt wie einen Schatz.

Der weitgereiste Chefkoch macht Sushi im Belgischen Viertel

Großes kulinarisches Kino am stylischen Counter in der Antwerpener Straße 15 in Köln. Kengo Nishimis Heimatstadt Itoshima auf der japanischen Halbinsel Kyushu ist zwar rund 10 000 Kilometer weit entfernt. Trotzdem fühlt sich der weitgereiste Chefkoch im Belgischen Viertel seinem früheren Zuhause am pazifischen Ozean sehr nah, dem fangfrischen Fisch, dem Reis, der Misosuppe, dem Geschmack nach Zuhause und Meer. Kein Wunder. Schließlich hat er sich als einer der besten Sushimeister Deutschlands hier samt Ehefrau Michi und achtköpfigem Profiteam einen großen Traum erfüllt: Nachdem er zuvor viel Erfahrung in internationalen Spitzen- und Sterneküchen sammelte, eröffnete er vor fünf Jahren das japanische Gourmet-Restaurant.

Fleisch vom Wagyu-Rind: Auch das nutzt Kengo Nishimi für seine Spezialitäten.

Fleisch vom Wagyu-Rind: Auch das nutzt Kengo Nishimi für seine Spezialitäten.

In seinem Traum spielen Fische und Meeresfrüchte eine Hauptrolle. Nur die besten, zählt Kengo auf: Handgetauchte Jakobsmuscheln, spanischer Balfego Blue Fin Tuna aus streng kontrolliertem Fang, nachhaltig geangelter Zander und Lachs, japanischer Hamachi aus der Familie der Stachelmakrelen, frische Krustentiere, keine gefrorene Ware. Wenn der Hobby-Angler sie aus den Kühltresoren holt und verarbeitet, behandelt er die Produkte mit größtem Respekt.  Nicht allein Nigiri, Sushimi und Hosomaki - auch Spezialitäten für Vegetarier ebenso wie für Freunde des Premium-Wagyu-Rindfleischs stehen auf der regelmäßig wechselnden Speisekarte. Gerichte à la Carte und mehrere Menüs - sie versprechen eine „kulinarische Heimatreise“ made by Kengo und Sous-Chef Peter Lodge.

Japanische Sushi-Tradition und europäische Haut Cuisine

In der Küche ist der Reiskocher ständig in Betrieb. Rohes, Gebratenes, Gedünstetes und Gekochtes vereinen japanische Tradition und europäische Haute Cuisine - ein klarer Stil mit überraschenden Kombinationen von der Inside Out Roll (siehe Rezept) über die geröstete Blumenkohlsuppe mit Jakobsmuschel im Engelshaar-Kataifi bis zum Heilbutt mit Lotuswurzelchip und Blutorangen-Béarnaise, von Kimchi-Kohlrabi bis zum Hometown-Hamachi mit Sesam, Schnittlauch, Wasabi.  Mittags stehen Lunch-Menüs zwischen 35 und 65 Euro zur Wahl, am Abend das große Programm: Das Omakase-Menü mit fünf Gängen kostet 109 Euro, sechs Gänge 137, die Weinbegleitung dazu 65 oder 79 Euro pro Person. Auch Sake und Tee fehlen nicht.

Der richtige Schnitt ist alles: Dafür braucht Meister Kengo seine scharf geschliffenen Messer.

Der richtige Schnitt ist alles: Dafür braucht Meister Kengo seine scharf geschliffenen Messer.

Bis zur Eröffnung des eigenen Restaurants war es ein weiter Weg durch Spitzenküchen rund um den Globus. „Angefangen habe ich in Itoshima“, sagt der 42-Jährige und zeigt auf dem Handy Fotos von der Stadt bei Fukuoka, den Stränden, Felsküsten und Naturschutzgebieten. Nach dem Marketingstudium jobbte er dort in einem Fastfood-Sushilokal, entwickelte großen Spaß und Ehrgeiz, mehr zu erfahren und kreativer zu arbeiten. So trieb ihn sein Wissensdurst nach Kanada, Australien, Neuseeland. Dort riet ihm der damalige Küchenchef mehr über das Fine Dining in Europa zu lernen - eine neue Geschmackswelt.

Mit seiner Frau Michiko, die den Service im ITO leitet, entschied er sich für den Umzug 2014 nach Düsseldorf und kochte neben Yoshizumi Nagaya  in dessen Sternrestaurant. Im „Nagaya“ lernte er auch Torben Schuster kennen. Beide wechselten 2017 ins Pulheimer Sternrestaurant Gut Lärchenhof, wo Schuster mittlerweile Küchenchef ist. Sie verbindet nicht nur eine Freundschaft, sondern auch eine enge Zusammenarbeit; komplettiert wird der Spitzenverbund mit dem Sternrestaurant La Societé im Kölner Quartier Lateng.

Fürs Sushi nur Fisch aus nachhaltigen Fangmethoden

Kengo ist in Köln angekommen und knüpft von hier aus internationale Netzwerke zu renommierten Fachlieferanten und Fischern. Er legt größten Wert auf Ressourcen schonende Fangmethoden und erhält fangfrische Produkte unter anderem aus Irland, Frankreich, Spanien. Regelmäßig chattet er mit Martin Backhausen, dem Inhaber von „Seefisch&Meer“ aus Untereschbach, der die Ware von Fischern in Vlissingen (Niederlande) vor Ort fotografiert und Kengo anbietet. „Martin kennt alle Fischer persönlich“, versichert der Topkoch. Den Thunfisch beziehe er ausschließlich von der Familie Balfego aus Spanien; ihr Blue Fin Tuna werde nachhaltig und „in enger Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde für Fischfang ICCAT“ im Atlantik gefischt.

Wasabi, eine Paste aus grünem Meerrettich, wird zum Sushi gereicht.

Wasabi, eine Paste aus grünem Meerrettich, wird zum Sushi gereicht.

An den Ruhetagen Sonntag und Montag bleibt Zeit für die Familie. „Zen, Entspannung, habe ich besonders beim Töpfern. Ich lerne das im Urlaub bei meinem Schwager in Japan“, erzählt der junge Vater und zeigt selbstgefertigte Essstäbchen-Ablagen mit ozeanblauer Glasur. Sie ergänzen das schlichte Keramikgeschirr auf den Tischen im mit Holz, viel Schwarz und Grafiken von Meerestieren gestalteten Restaurant - ohne Nippon-Nippes.

Kengo Nishimi spricht zwar noch lieber Englisch als Deutsch, aber er fühlt sich in seiner neuen Heimat sehr wohl, auch wenn der Pazifik weit entfernt ist. Zuhause werde vorwiegend japanisch gekocht, auswärts gern mal Pasta oder Pizza gegessen und dazu ein Kölsch getrunken - „lieber als Alt!“, versichert der Ex-Düsseldorfer lächelnd und zeigt stolz Fotos von seinen in Köln geborenen Töchtern Irone (1) und Aiko (3): „Echt kölsch Mädche!“

ITO
Antwerpener Str. 15, 50672 KölnTelefon 0221/3557327