- Der Sänger James Blunt spielt am 17. März in der Kölner Lanxess-Arena, um dort sein sechstes Album „Once Upon a Mind” vorzustellen.
- Ein Gespräch über die konservierende Wirkung von Alkohol, Gefühle von Einsamkeit und Isolation und den Klimawandel.
James Blunt, Sie werden auch nicht wirklich älter. Was ist das Geheimnis?
Alkohol. Was denn sonst?
(lacht)
Zum Einreiben oder zum Trinken?
Zum Einreiben? Bitte. Nein, ich trinke ihn. Alkohol konserviert. Überhaupt führe ich kein gesundes Leben. Aber ein glückliches. Wenn ich in Deutschland bin, gibt es Bratwurst mit Fritten, alles andere wäre doch dumm.
Und trotzdem konnten Sie sich noch in die Klamotten quetschen, in denen Sie im Jahr 2004 im Video zu „You're Beautiful“ von der Klippe gesprungen sind und die Sie jetzt für den Clip zu „Cold“ wieder herausgeholt haben. Wo war das Zeug in der Zwischenzeit?
Im Schrank. Die Sachen hingen im Kleiderschrank meines Hauses, das ich mir von dem „You're Beautiful“-Geld gekauft habe, auf Ibiza. Sie passten glücklicherweise noch.
Damals waren Sie ganz neu im Geschäft. Jetzt sagen Sie, dass neue Album „Once Upon A Mind“ sei eine Rückkehr zu den Anfängen.
Bei manchem, was mir seither widerfahren ist, fühlte ich mich wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See. Sobald du Erfolg hast und ein Publikum, gerätst du in dieses Rattenrennen. Du willst nicht, dass es aufhört, und du hast den Druck, immer wieder etwas anzubieten, von dem du denkst, dass die Leute es mögen werden. Ich habe über die Jahre coole, oft unterhaltsame Songs gemacht, aber nicht hinter allen konnte ich persönlich bedingungslos stehen. Das ist auf „Once Upon A Mind“ anders. Diese Platte habe ich, wie „Back To Bedlam“, meine allererste, nicht für ein Publikum geschrieben. Sondern ausschließlich für mich selbst und die Menschen, die mir am nächsten stehen.
Als da sind?
Meine Frau, unsere beiden kleinen Jungs und mein Vater, der sehr krank ist. Ich war in den vergangenen Jahren sehr viel auf Tournee und hatte oft das Gefühl, meine Liebsten zurückzulassen. Dazu kamen Isolation und Einsamkeit – diese Emotionen waren mir früher völlig fremd.
„Cold“ und auch „Champions“ klingen wie zerknirschte Liebeslieder an Ihre Frau. Wie schwer hat sie es mit Ihnen?
Einfach ist es sicher nicht. Auch, wenn ich von meinen Reisen heimkomme, kann ich nicht sofort auf Familienmodus umschalten, ich mute ihr sicher eine Menge zu. Und es ist auch hart, jemanden mit zwei kleinen Kindern ständig alleinzulassen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir ein fantastisches Team sind. Wenn wir zusammenhalten, kann uns nichts passieren.
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Sie sagen, „Once Upon A Mind“ sei Ihr ehrlichstes Album seit dem Debüt. Warum war jetzt die richtige Zeit, daran anzuknüpfen?
Weil mein Vater jetzt dabei ist zu sterben. Weil ich früher keine Kinder hatte. Weil ich früher darüber schrieb, betrunken und high in einem Nachtclub zu feiern. Das war alles ein großer Spaß, ich liebte diesen Abschnitt meines Lebens. Aber diese Musik jetzt, die musste ich so schreiben, ich hatte gar keine andere Wahl. Und wer weiß, vielleicht erreiche ich gerade mit solchen persönlichen Liedern mehr Menschen als mit den Party-Songs. Weil ich ja nicht der einzige Mensch auf der Welt bin mit kranken, alten Eltern oder kleinen Kindern. Ich bin nicht allein.
„Monsters“, das Lied über den Vater, ist sehr zu Herzen gehend.
Ich sage in diesem Text Sachen, die ich so nie mit ihm besprochen habe. Normalerweise führten wir solche sehr persönlichen Unterhaltungen nicht. Ich habe auch sehr lange gezögert, ihm den Song vorzuspielen. Ich war nervös. Irgendwann tat ich es doch. Er meinte nur „So ist es, Junge“.
Wie war es früher mit Ihren Eltern?
Als Familie haben wir stets zusammengehalten. Meine Eltern schickten mich aufs Internat, als ich sieben war, zu der Zeit lebten sie in Soest in Westfalen, ich kam nur in den Ferien heim. Der Möhnesee, an dem wir wohnten, war der beste Ort, den ein Kind sich wünschen kann. Im Winter habe ich auf dem See Eishockey gespielt, im Sommer bin ich geschwommen.
Das Album und das Kölner Konzert
James Blunt: „Once Upon A Mind“, 2019, Warner, 14,99 Euro
Konzert in Köln, 17. März, Lanxess Arena
Was haben Sie von Ihrem Vater übernommen?
Sowohl er als auch meine Mutter haben eine positive, zupackende Art, sie gehen die Dinge an, anstatt ewig zu lavieren. Diese Art habe ich auch. Ich bin ganz klar der Typ, der sagt „Wir schaffen das“. Ich bin ein Optimist.
In „The Greatest“ singen Sie, es frustriere Sie zu sehen, in was für eine Welt Sie Ihre Kinder hineingebracht haben.
Die Botschaft an die Jungs ist eindeutig: Handelt einmal besser und klüger als die Generation eurer Eltern, zu der ich auch zähle. Ich fürchte, wir haben es echt versaut. In der Welt herrscht ein Mangel an Mitmenschlichkeit und Freundlichkeit, dafür ein Übermaß an Selbstsucht und Gier, das uns irgendwann zerstören wird. Ich hoffe, dass unsere Kinder uns retten.