Emmanuel Macron bleibt dabei: Die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine will er nicht ausschließen – und nennt nun Szenarien dafür.
„Napoleons Fehler wiederholen“Macron nennt Gründe für Bodentruppen – und Moskau schäumt vor Wut
Trotz Kritik hält Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron daran fest, einen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht auszuschließen. „Wenn die Russen die Frontlinien durchbrechen sollten, wenn es eine ukrainische Bitte gäbe – was heute nicht der Fall ist -, dann sollten wir uns die Frage berechtigterweise stellen“, sagte Macron in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview des „Economist“. Dies aber von vornherein auszuschließen, bedeute, keine Lehren aus den vergangenen beiden Kriegsjahren zu ziehen. Einen solchen Einsatz grundsätzlich auszuschließen sei vor allem mit Blick auf die Abschreckung Russlands falsch.
„Wie ich schon gesagt habe, schließe ich nichts aus, weil wir jemandem gegenüberstehen, der nichts ausschließt“, sagte Macron – offensichtlich mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin. „Wir waren zweifelsohne zu zögerlich, als wir die Grenzen unseres Handels gegenüber jemandem formuliert haben, der keine mehr hat und der der Angreifer ist.“ Macron betonte, es gehe auch darum, nicht alles aufzudecken, was man tun werde oder nicht. Sonst schwächten sich die westlichen Staaten nur selbst.
Macrons Botschaft an Wladimir Putin: „Ich schließe nichts aus“
In Moskau folgte prompt eine Reaktion auf Macrons erneuten Vorstoß. „Der Westen ist nicht an der Ukraine als Staat interessiert. Er braucht sie als Sprungbrett und Vorwand, um Russland zu schwächen, seine Ressourcen zu stehlen und es dann in Stücke zu teilen“, polterte der russische Abgeordnete Michail Scheremet gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Ria. „Für sie wird nichts klappen. Macrons Idee ist zum Scheitern verurteilt. Russland ist technologisch und moralisch bereit, jeden Angreifer abzuwehren, egal welche Sprache er spricht“, fügte das Mitglied des russischen Sicherheitsausschusses an.
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Auch aus der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim kamen schrille Worte. „Macron kann es offenbar kaum erwarten, Napoleons Hauptfehler zu wiederholen, indem er Truppen an die Grenzen Russlands schickt“, zitierte Ria den Sprecher des von Russland eingesetzten „Krimparlaments“, Efim Fiks. „Wenn er sich zu diesem Schritt entschließt, erwartet ihn das gleiche unrühmliche und beschämende Schicksal. Das französische Volk wird ihm neue Soldatenfriedhöfe nicht verzeihen.“
Schrille Reaktion: „Macron kann es offenbar kaum erwarten, Napoleons Fehler zu wiederholen“
Macron hatte zuerst Ende Februar einen Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte daraufhin einer Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine eine Absage erteilt. Die unterschiedlichen Strategien der beiden europäischen Staatsführer wurden offensichtlich.
Macron machte nun erneut klar, weshalb er die strategische Ambiguität für notwendig hält: „Wenn Russland in der Ukraine gewinnt, haben wir keine Sicherheit mehr in Europa.“ Wer könne garantieren, dass Russland dort Halt mache, fragte er. „Welche Sicherheit gäbe es für andere Nachbarländer, Moldawien, Rumänien, Polen, Litauen und so viele andere?“ Er schloss: „Wir sollten nichts ausschließen, weil unser Ziel ist, dass Russland nie in der Ukraine gewinnt.“
Der Kurs des französischen Präsidenten bleibt jedoch auch im Westen nicht ohne Kritik. „Macron wäre ein größerer europäischer Staatsmann, wenn er seinen richtigen Einsichten für die Zukunft Taten im Hier und Jetzt folgen ließe“, schrieb der Sicherheitsexperte Carlo Masala von der Bundeswehr Universität. „So bleibt es aber oftmals nur heiße Luft.“ Bereits nach Macrons erstem Bodentruppen-Vorstoß war Kritik laut geworden, dass Frankreich dann auch das Ausmaß seiner Hilfslieferungen an die Ukraine vergrößern müsse.
Kritik an Emmanuel Macron: „So bleibt es nur heiße Luft“
Seit mehr als zwei Jahren führt Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wegen stockender Munitions- und Waffenlieferungen, aber auch zunehmend wegen fehlender Soldaten sind die Verteidiger dabei im vergangenen Halbjahr stark in die Defensive geraten.
Nach dem Verlust der zur Festung ausgebauten Kleinstadt Awdijiwka nahe der schon seit 2014 von prorussischen Kräften kontrollierten Gebietshauptstadt Donezk ist die Front in Bewegung gekommen. Ging es bis dahin um Geländegewinne von wenigen Hundert Metern, haben die russischen Truppen seitdem mehrere andere Ortschaften besetzt. Zuletzt gab es bei Otscheretyne einen Durchbruch durch ukrainische Verteidigungslinien. (mit dpa)