Der Gesetzentwurf ist der Versuch, von allem etwas unterzubringen: etwas mehr Legalisierung, etwas mehr Prävention.
Kommentar zur Cannabis-FreigabeDie Pläne der Regierung sind realitätsfremd
Es gibt viele Gründe, die bisherige Drogenpolitik in Frage zu stellen. Es ist nicht gelungen, den Konsum in den Griff zu bekommen, Jugendliche ausreichend zu schützen und Kriminalität zu unterbinden. Die Frage ist nur, ob sich dies mit der begrenzten Freigabe von Cannabis – wie heute vom Kabinett gebilligt – ändert.
Der Gesetzentwurf ist der Versuch, von allem etwas unterzubringen: etwas mehr Legalisierung, etwas mehr Prävention. Und das Ganze mit einem gewaltigen Überbau an Auflagen. Am Ende ein Konstrukt, das den Stempel „realitätsfremd“ verdient.
Denn wer glaubt im Ernst, dass ein 18-jähriger gewissenhaft darauf achtet, sich die 30 Gramm Marihuana, die er im Monat maximal konsumieren darf, genau einzuteilen? Mehr darf er legal eigentlich auch gar nicht bekommen – aber wer soll denn das und alle anderen Auflagen überhaupt kontrollieren?
Das dürfte am Ende Jugendschutz auf dem Papier sein. Und von einer Entlastung von Justiz und Polizei, wie sie die Befürworter des Gesetzes verheißen, wird wohl kaum die Rede sein. Und zudem: Niemand weiß, wie sich die legale Verfügbarkeit der Droge auf das Konsumverhalten Jugendlicher auswirkt. Die vom Gesundheitsministerium dazu befragten Experten jedenfalls haben vor erhöhtem Gebrauch gewarnt.
Es ist keine Frage, dass in der Drogenpolitik neue Ansätze notwendig sind, auch Schritte in Richtung Legalisierung müssen nicht verkehrt sein, wenn die Auflagen tatsächlich wirksam überwacht werden können und der Jugendschutz gesichert ist. Aber das Gesetz, das jetzt zur Abstimmung kommen soll, ist eher das, was die CDU-Politikerin Silvia Breher ein „kurioses Drogen-Experiment“ nennt.