Nach den Aussagen Bidens geht Harris wenige Tage vor der Wahl auf Abstand zum US-Präsidenten. Könnte sein Fauxpas am Ende sogar den Wahlsieg kosten?
Bidens BärendienstScheidender US-Präsident wird zur Belastung für Harris im Wahlkampf
Joe Biden ist für seine rhetorischen Fehltritte berüchtigt - wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich der 81-jährige Präsident einen weiteren Fauxpas geleistet, indem er die Anhänger Donald Trumps anscheinend als „Müll“ bezeichnete. Der Kampagne seiner Vizepräsidentin Kamala Harris hat er damit einen Bärendienst erwiesen. Das Trump-Lager schlachtete die Äußerungen des scheidenden Amtsinhabers sofort genüsslich aus.
Dabei war der Rechtspopulist eigentlich in der Defensive, nachdem ein Comedian auf seiner New Yorker Kundgebung Puerto Rico als „Insel aus Müll“ verhöhnt hatte. Die Empörung in der Latino-Gemeinde war groß. Dann kam Biden und nahm in einem Gespräch mit der Organisation VotoLatino Bezug auf die rassistische Entgleisung: „Der einzige Müll, den ich da draußen sehe, sind seine Unterstützer.“
Das Weiße Haus versuchte umgehend, die Wahlkampfbombe aus der Welt zu schaffen, und erklärte, der Präsident habe sich ausschließlich auf die „hasserfüllte Rhetorik“ des Comedian bezogen - keinesfalls auf Trumps Anhänger.
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Biden bezeichnet Unterstützer Trumps als „Müll“
Aber da hatte der Bumerang-Effekt schon eingesetzt: „Schrecklich, schrecklich - schrecklich, so eine Sache zu sagen“, sagte Trump. Der Ex-Präsident verglich die Äußerung mit dem berüchtigten Kommentar von Hillary Clinton, die bei der Wahl 2016 gegen ihn verloren hatte. Clinton hatte damals gesagt, die Hälfte der Unterstützer Trumps seien „deplorables“ (Beklagenswerte). „Müll ist schlimmer, denke ich, oder?“, sagte Trump.
Clintons Äußerung ist im demokratischen Lager in schlechter Erinnerung - es galt als einer der großen Fehler ihrer Kampagne, der damals zur Niederlage gegen Trump beigetragen hatte.
Harris sah sich am Mittwoch gezwungen, deutlich auf Distanz zu Biden zu gehen. Sie lehne „jede Kritik an Menschen ab, die darauf beruht, wen sie wählen“, sagte sie.
Parallelen zu berüchtigtem Kommentar von Clinton 2016
Der Wirbel um Bidens Äußerung kam für Harris sehr ungelegen - hatte sie sich doch noch am Vorabend auf einer Kundgebung in Washington als künftige Präsidentin aller US-Bürger präsentiert, die das Land einen und die Zerwürfnisse der Vergangenheit überwinden wolle.
Der Politikwissenschaftler John Hansen von der Universität Chicago schließt nicht aus, dass der Biden-Fehltritt Stimmen kosten wird. „Es ist derart eng, dass alles von Bedeutung sein kann“, sagte er.
Harris geht auf Distanz zu Biden
Biden, der Trump vor vier Jahren geschlagen hatte, wollte ursprünglich selbst noch einmal gegen den Republikaner antreten. Nach einem desaströsen Auftritt im TV-Duell gegen Trump und zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen hatte er Ende Juli schließlich seine Kandidatur aufgegeben, Harris war für ihn ins Rennen eingestiegen.
Anfang der Woche berichteten US-Medien, das Harris-Team gehe angesichts der Risiken mehr und mehr auf Abstand zu Biden. Die Idee, mehr gemeinsame Auftritte zu absolvieren, sei freundlich abgelehnt worden. Bis die Wahl vorüber ist, solle Harris gemeinsame Auftritte mit Biden vermeiden, sagte der Politikwissenschaftler Larry Sabato von der Universität Virginia. „Biden ist ziemlich unpopulär und außerdem eingerostet und nicht in Form.“ (afp)