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Nicht alle Angebote sind gutWas man beim Tagesgeld beachten muss

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Geldscheine

Die Zinswende ist im vollen Gange. Einige Banken lassen ihre Sparer bereits teilhaben.

Zinsen ziehen wieder als Lockmittel, doch die Angebote unterscheiden sich teils deutlich. Wir geben einen Überblick.

Lange gingen Sparer leer aus, nun sind die Zinsen wieder da. Das aber gilt nicht für alle Bankkunden, denn nicht bei jedem Geldhaus wirft das Tagesgeld auch wieder etwas ab. Im Gegenteil: Die Zinsspanne zwischen den Banken ist mitunter signifikant.

Das beste Angebot bietet derzeit die Volkswagen Bank: Für das Tagesgeldkonto hat das Institut kürzlich die Zinsen für Neukunden von zuvor 2,25 Prozent auf nun 3,10 Prozent angehoben – mehr Zinsen gibt es derzeit nicht am Markt (Stand: 17.4.2023). Zuvor war bereits die Direktbank ING vorgeprescht: Seit Anfang April bekommen hier Neu- wie Bestandskunden unter bestimmten Bedingungen für sechs Monate 3 Prozent Zinsen. Auch das Tagesgeld der Advanzia Bank bietet Neukunden aktuell einen Sonderzins von 3 Prozent.

Bei anderen Banken sieht es für Sparer hingegen weiterhin mau aus. Einer Analyse des Vergleichsportals Verivox zufolge wiesen Mitte März von insgesamt 661 ausgewerteten Banken 282 einen Zinssatz von null Prozent auf das Tagesgeld aus. Hauptsächlich im regionalen Sektor, also bei Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken, steht der Nullzins an der Tagesordnung: Bei 121 von 269 ausgewerteten Sparkassen lag Mitte März der Zins im Nullbereich – ein Anteil von 45 Prozent. Bei Genossenschaftsbanken waren es sogar 48 Prozent. Im Schnitt zahlen demnach die genossenschaftlich organisierten Regionalbanken nur 0,13 Prozent Zinsen auf ihr Tagesgeldkonto. Sparkassenkunden erhalten laut Verivox durchschnittlich 0,15 Prozent.

Geringfügig mehr gibt es bei der Deutschen Bank, die binnen zwei Wochen zweimal ihre Konditionen beim Tagesgeld nach oben anpasst hat und neuerdings das Tagesgeld ihrer Neu- und Bestandskunden mit 0,6 Prozent verzinst – ebenso wie die Commerzbank.

Bestandskunden im Nachteil

„Keine Bank zahlt den Bestandskunden 3 Prozent Zinsen, das ist nur für Neukunden und für neue Geldanlagen der Bestandskunden“, sagt dazu Max Herbst von der Frankfurter FMH Finanzberatung. „Die Bestandskunden müssen sich in den meisten Fällen mit Zinsen von unter 1 Prozent begnügen und nur der Neukunde bekommt für bestimmte Beträge und Zeiträume einen besseren Zins.“

In seinen Augen ist deshalb etwa die Direktbank ING „nicht viel besser als die Sparkasse in der Kleinstadt“, die keine attraktive Verzinsung anbietet. Der Grund: Auch bei der ING gilt nach den sechs Monaten Aktionslaufzeit, in denen die 3 Prozent Zinsen gezahlt werden, wieder der geringe ING-Standardzins in Höhe von 0,6 Prozent pro Jahr. „Hier sollte man fair sein“, findet Herbst.

Davon abgesehen: „Mit den Billionen, die auf den Tagesgeld- und Girokonten liegen – insgesamt 1,85 Billionen Euro auf Sichteinlagen –, verdienen die Banken aktuell richtig Geld“, so der Experte weiter. Herbst spielt damit auf den Einlagenzins der Europäischen Zentralbanken (EZB) an, zu dem Banken überschüssiges Geld über Nacht bei der EZB anlegen können. Dieser liegt aktuell bei 3 Prozent, ist also positiv. Dadurch verdienen die Institute, die überschüssige Liquidität bei der EZB „parken“, Geld. „Was einige Banken nun machen ist, die Kunden mit guten Zinsen zu animieren, die Bank zu wechseln und das Geld zur ING und Co. zu transferieren“, erklärt Herbst.

Zinsen werden nur langsam steigen

„Wenn eine Bank dem Kunden 3 Prozent Zinsen bezahlt und die Bank keine andere Verwendung, etwa für Kreditvergabe hat, bekommt sie diese Kundengelder mit 3 Prozent Verzinsung von der EZB wieder.“ Außer Verwaltungskosten und Kosten für die Kundengewinnung entstünden dem Institut dabei keine Kosten. „Aber es hat zufriedene Neukunden gewonnen. Zugleich sind viele der Wechselkunden sauer auf die alte Hausbank, die diese Zinsdifferenz aus Zins an den Kunden und Zins von der EZB selber einstecken“, sagt Herbst.

Damit die eigenen Bestandskunden nicht ebenfalls abwandern, werde auch ihnen zumindest für neue Geldeinlagen mitunter höhere Zinsen bezahlt.

Diese Aktionen für Neu- und Bestandskunden kosten Herbst zufolge die Institute zwar auch Geld, dies allerdings im überschaubaren Volumen.

Umgekehrt wird den Banken durch den Wechsel ihrer Kunden zu Instituten mit höheren Zinsen noch nicht in einem so großen Volumen Geld entzogen, dass sie massiv darauf reagieren müssten, so Herbst. Dennoch werden sie ihre Zinsen künftig wohl weiter nach oben anpassen – allerdings in kleinen Schritten, schätzt der Experte. „Warum sollten sie auch auf Gewinne verzichten, wenn es so risikolos funktioniert?“

Zumal der Bankkunde in Deutschland seine Bankbeziehung traditionell ohnehin nur wechselt, wenn es unbedingt sein muss: „Die ,deutschen Bankkunden„ sind träge und jammern lieber, dass die Banken so geringe Zinsen zahlen“, sagt Herbst. „Man kann die Banken jetzt verteufeln, aber der Kunde könnte reagieren und beim Tagesgeldkonto-Wechselspiel mitmachen. Erst wenn sich wirklich was bewegt, werden sich auch die Hausbanken etwas bewegen. Das ist Marktwirtschaft.“