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Verlust von 2,94 MilliardenLeverkusener Konzern Bayer wird „jetzt nicht“ aufgespalten

Lesezeit 4 Minuten
Bayer

Das Bayer-Kreuz leuchtet in der Nacht am Konzernsitz in Leverkusen. 

Volle Konzentration auf eine Verbesserung der Geschäfte. Das soll das Geld für den nötigen schnellen Abbau der Schulden bringen. Einem Verkauf von Sparten erteilte Bayer-Chef Bill Anderson am Dienstag zunächst eine Absage. 

„Nicht jetzt!“ So lautet die Aussagen des Bayer-Chefs Bill Anderson in Bezug auf eine mögliche Aufspaltung des Konzerns. Zunächst will Bayer die schwierige Lage anders meistern und hat damit einiges zu tun. Der Leverkusener Agrochemie- und Pharmakonzern hat am Dienstag rote Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Der Umsatz sank bereinigt um Währungsschwankungen und Zu- und Verkäufe um 1,2 Prozent auf 47,63 Milliarden Euro. Unter dem Strich wies Bayer einen Verlust von 2,94 Milliarden aus. Wesentlich verantwortlich sind Wertminderungen in der Agrochemie-Sparte Crop Science. Der Free Cash Flow — die Summe der Mittel, die nach allen Ausgaben frei zur Verfügung stehen — sank im Vergleich zum Vorjahr um 57,9 Prozent auf 1,31 Milliarden, die Nettofinanzverschuldung stieg um 8,5 Prozent auf 34,5 Milliarden.

Umsatz bei Agrarchemie sinkt

Im Agrargeschäft gab es einen Umsatzrückgang von 3,7 Prozent auf 23,27 Milliarden. Grund war ein Preisrückgang bei Glyphosat-haltigen Produkten, für die es im Vorjahreszeitraum vergleichsweise hohe Preise gegeben hatte. Das Geschäft mit Saatgut für Mais oder Soja und Pilzmitteln legte allerdings zu. Das operative Ergebnis (Ebitda vor Sondereffekten) sank um 26,6 Prozent auf 5,04 Milliarden.

Beim Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten (Pharmaceuticals) gab es ein kleines Minus von 0,4 Prozent auf 18,08 Milliarden. Zulegen konnten das Krebsmittel Nubeqa, das Nierenmittel Kerendia sowie das Augenmittel Eylea, bei dem aber der Patentschutz ausläuft. Rückläufig war auch der Umsatz mit dem Gerinnungshemmer Xarelto, bei dem Bayer ebenfalls die Exklusivität verliert. Das operative Ergebnis sank in der Sparte um 11,6 Prozent auf 5,19 Milliarden. Bei den rezeptfreien Mitteln sank der Umsatz um 6,3 Prozent auf 6,03 Milliarden, das operative Ergebnis kletterte um 3,2 Prozent auf 1,41 Milliarden.

Glyphosat belastet den Konzern weiter

Bayers Aktienkurs liegt auf einem 20-Jahres-Tief. Auf Talfahrt ist das Papier seit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto, mit dem sich Bayer auch Glyphosat ins Haus holte. US-Kläger machen den Wirkstoff für ihre Krebserkrankung verantwortlich und verlangen Schadenersatz in Milliardenhöhe . „Glyphosat ist sicher“, bekräftigte dagegen Anderson einmal mehr. Elf der vergangenen 17 Verfahren hatte Bayer gewonnen, war aber auch zu einem Milliarden-Schadenersatz verurteilt worden. Bayer werde jedes negative Urteil angreifen, so der Manager weiter.

Ende Januar waren noch rund 54 000 Fälle offen, 2000 mehr als im Oktober. Rund 113 000 Fälle wurden demnach bereits verglichen oder erfüllen aus verschiedenen Gründen die Kriterien für einen Vergleich nicht. Die für die rechtlichen Auseinandersetzungen gebildeten Rückstellungen beliefen sich auf 6,3 Milliarden US-Dollar (5,7 Milliarden Euro). Bayer will das Thema Glyphosat anders angehen, sagte aber nicht wie. Man wolle der Gegenseite nicht die Strategie verraten, so Anderson.

Wichtige Pharmapatente laufen ab

Weiteres Problem sind die Patentabläufe in der Pharmasparte sowie ein hoher Schuldenstand, auch wegen der Summen, die für Rechtsstreitigkeiten aufgewendet werden. Entlastung soll etwa die Kürzung der Dividende auf das gesetzliche Mindestmaß von 11 Cent für das abgelaufene Jahr sowie auch für 2024 und für 2025. Insgesamt sollen die Schulden im laufenden Jahr um ein bis zwei Milliarden sinken.

Als viertes Problem nannte Anderson die Bürokratie. Er will bis Ende 2026 Hierarche-Ebenen abbauen und durch schlankere Teams mit Kostenverantwortung näher an die Kunden heranrücken und Produkte schneller auf den Markt bringen. Dass bedeutet auch erheblichen Stellenabbau, vor allem wohl in Deutschland, wo Bayer 22 000 Mitarbeitende hat. Wie viele genau sagte Anderson ein weiteres Mal nicht. Arbeitsdirektorin Heike Prinz nannte aber ein Beispiel aus dem Pharmageschäft in den USA, wo es 40 Prozent weniger Manager gebe und eine Führungskraft jetzt 15 bis 20 Mitarbeitende steuert statt bislang acht bis neun. Bayer habe 17 000 Manager, 30 Prozent davon hätten vier oder weniger Mitarbeitende.

Operatives Ergebnis sinkt wohl weiter

Bayer will die Probleme in den nächste 24 bis 36 Monaten in den Griff bekommen. Konzentration auf das operative Geschäft statt möglicher Aufspaltung. Beides gleichzeitig gehe nicht, so Anderson. Eine Trennung von den verschreibungsfreien Mitteln etwa wäre auch mit hohen Kosten und Steuereffekten verbunden. Zudem generiere die Sparte beständige Geldzuflüsse.

Bayer erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von 47 bis 49 Milliarden. Das Ebitda vor Sondereinflüssen soll zwischen 10,7 und 11,3 Milliarden liegen.