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Verkaufen oder aushalten?Was Experten Anlegern in der Coronakrise raten

Lesezeit 4 Minuten
Bulle und Bär

Die Corona-Krise hat die Börsen abstürzen lassen. 

  1. Die Coronakrise hat alles im Griff. Die Turbulenzen treffen Anleger, Sparkunden und Konsumenten gleichermaßen.
  2. In der Krise sieht das Depot plötzlich schmerzhaft leer aus.
  3. Doch Anlageexperten warnen davor, ausgerechnet jetzt zu verkaufen.
  4. Wir geben einen Überblick.

Berlin – Auch zu Beginn der neuen Woche ging der Corona-bedingte Ausverkauf an den Märkten weiter. Anleger, die vor einem Monat noch stolz auf ein Vermögen von 100 000 Euro in einem Dax-Fonds blicken konnten, finden dort jetzt weniger als 70 000 Euro. Mancher mag sich da überlegen, ob er nicht doch noch die Notbremse ziehen und verkaufen sollte, bevor die Kurse noch weiter fallen. Experten raten Privatinvestoren jedoch ganz klar zu Ruhe und Durchhaltevermögen: Es besteht die Gefahr, seine Aktien ausgerechnet in der Nähe des Tiefpunkts abzustoßen. „Gerade jetzt gilt es, die Emotionen auszuschalten und nach Plan zu arbeiten“, sagt Geldanlageexperte Yann Stoffel von der Stiftung Warentest. Einige Tipps:

Nicht in Panik geraten, denn Krisen gehören dazu

Eine kluge Anlagestrategie berücksichtigt, dass immer wieder Kurseinbrüche passieren. „Wir wissen, dass solche Krisen kommen können“, sagt Stoffel. Eine einfache, langfristige Strategie bleibe daher auch in Zeiten kräftig abstürzender Märkte gleich. Dazu gehöre es, gerade in Zeiten niedriger Kurse Aktien eher zu kaufen als zu verkaufen.

Leider halten sich nicht alle an solche alten Börsenweisheiten. „Privatanleger sind oft prozyklisch unterwegs“, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Chef-Anlagestratege der Commerzbank. Sie verkaufen also, wenn die Kurse fallen, und kaufen, wenn sie steigen. Der größte Fehler wäre jetzt also, seine Wertpapierbestände aufzulösen. Schließlich hätte der Anleger dann teuer gekauft und billig verkauft. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was einem Gewinn bringt.

Wer sich jedoch schon länger mit dem Thema Geldanlage beschäftigt, der hat schon eine Reihe von Krisen erfahren und überstanden. Der deutsche Aktienindex Dax hat als Folge einer geplatzten Blase rund um Technikaktien 2001 ein lokales Tief erlebt. Im Jahr 2009 war es die Finanzkrise um US-Immobilienkredite, die den Index nach unten gezogen hat.

Das Depot wetterfest machen

Die Experten von Finanztest raten beispielsweise zu einem ausgewogenen Depot mit 50 Prozent Aktien und 50 Prozent kursstabilen Geldanlagen wie Anleihen oder Tagesgeld. Wenn jetzt der Aktienanteil nach Wert sinkt, weil die Kurse fallen, dann sollten die Anleger ruhig nachjustieren – und von den sicheren Geldanlagen in Aktien umschichten. Es könne sich also ergeben, gerade jetzt nachzukaufen.

Gegen den Strom schwimmen

Die niedrigen Kurse lassen sich, ein stabiles Einkommen vorausgesetzt, also auch als Chance verstehen. „Da man den Tiefpunkt ohnehin nicht trifft, empfiehlt es sich, in mehreren Tranchen zu investieren“, sagt Commerzbank-Experte Schickentanz. Die verfügbare Summe ist also aufzuteilen; in gewissen Abständen kauft der Anleger dann von einem Teilbetrag neue Aktien nach. Analysten aller Institute sind sich derweil einig, dass das Tief an den Märkten noch mindestens so lange anhält wie die Pandemie-Krise selbst. „Ich glaube nicht, dass wir schon den Tiefpunkt gesehen haben“, sagt Schickentanz.

Junge Anleger: Einfach abwarten

Viel kommt auf den verbleibenden Anlagehorizont an. Wer jung ist über die kommenden 30 Jahre ein Finanzpolster für den Ruhestand aufbauen will, der kann solche Krise ruhig komplett ignorieren. Die klügste Strategie besteht ohnehin darin, das Sparen zu automatisieren und jeden Monat die gleiche Summe anzulegen. „Für den, der langfristigen Vermögensaufbau betreibt, ist der monatliche Sparplan die beste Wahl“, sagt Schickentanz. Die Anlageexperten verweisen darauf, dass Sparplananleger im Schnitt mehr Aktien zu günstigen Preisen kaufen. Denn wer jeden Monat in Euro die gleiche Summe anlegt, nimmt in Monaten mit niedrigen Kursen dann eine höhere Stückzahl ins Depot als in Monaten mit hohen Kursen.

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Ältere Anleger: „Zähne zusammenbeißen“

Wer am Ende seiner Sparphase ist, also beispielsweise auf die Rente oder einen Hauskauf zusteuert, der sollte „jetzt die Zähne zusammenbeißen und warten, bis die Kurse sich erholen“, sagt Stoffel. „Wer auf das Geld angewiesen ist, um seinen monatlichen Unterhalt zu bestreiten, wird jetzt unsicher“, sagt Stoffel. Jetzt seien besonders gute Nerven wichtig. Wer sein Geld in zwei Töpfen hat, einem mit sicheren Wertpapieren und einen mit Aktien, für den empfiehlt sich folgende Strategie: Solange die Krise anhält, erfolgen die Entnahmen nur aus dem sicheren Topf. Das gleicht den gesunkenen Aktienanteil tendenziell aus. Der Anleger vermeidet dadurch, die Verluste im Aktienanteil zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt zu realisieren.