Überstunden, GehaltFehler im Arbeitsvertrag – welche Rechte habe ich?

Steht im Vertrag, dass Überstunden pauschal mit dem Festgehalt abgegolten sind, ist das unwirksam – man kann eine Bezahlung verlangen.
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Viele Arbeitsverträge sind fehlerhaft. Das nützt im Fall des Falles eher dem Arbeitnehmer. Denn die Gerichte behandeln auch Arbeitsvertragsklauseln regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), und die Verwendung von AGB unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben.
Keine Seite soll die andere mittels der vorformulierten Klauseln überrumpeln dürfen. Ist das „Kleingedruckte“ überraschend oder benachteiligt es einen Vertragspartner übermäßig, geht das zulasten des AGB-Verwenders. Solche Verstöße machen dabei regelmäßig den Vertrag unwirksam. Anstelle der jeweiligen AGB gilt dann das Gesetz – und damit meist arbeitnehmerfreundlichere Regelungen.
Sind Überstunden mit dem Gehalt abgegolten?
„Durch die gezahlte Bruttovergütung sind etwaig anfallende Überstunden abgegolten.“ So oder so ähnlich steht es in zahlreichen Verträgen. Auch bei übertariflicher und überdurchschnittlicher Bezahlung hat das später vor Gericht keinen Bestand. Allenfalls sehr gut verdienende Mitarbeiter müssen sich daran festhalten lassen.
Entscheidend dafür ist laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung – im Jahr 2015 also von monatlich 5200 Euro brutto im Osten und 6050 Euro brutto im Westen. Wer weniger verdient, kann dagegen volle Entlohnung für geleistete Mehrarbeit verlangen (BAG, Az.: 5 AZR 406/10, 5 AZR 765/10).
Bestand haben solche Überstundenklauseln nur, wenn sie klar und ausdrücklich regeln, wie viel an Mehrarbeit die festgelegte Bezahlung mitvergütet (BAG, Az.: 5 AZR 331/11). Selbstverständlich darf sich danach aber auch kein sittenwidriger Lohn ergeben.
Bei welchem Fehlverhalten droht eine Vertragsstrafe?
Wettbewerbsverbot missachtet, Unternehmensgeheimnisse Außenstehenden unbefugt ausgeplaudert oder Anlass für eine außerordentliche Kündigung geliefert? Für solches und weiteres Fehlverhalten sehen Arbeitsverträge mitunter Vertragsstrafen vor. Die Vertragsstrafe bezeichnet eine dem Vertragspartner fest zugesagte Geldsumme für den Fall, dass der Versprechende seine vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt.
Aufgrund ihrer erheblichen Nachteile dürfen entsprechende Strafklauseln aber nicht erst bei genauerem Hinsehen auffallen. Außerdem müssen sie nachvollziehbar und verständlich sein und die Strafe genau bezeichnen. Auch sollten sie einen Betrag von einer Bruttomonatsvergütung besser nicht übersteigen (Az.: 8 AZR 717/07).
Muss man Fortbildungskosten erstatten?
Investieren Arbeitgeber in die Entwicklung ihrer Arbeitnehmer, wollen sie natürlich langfristig davon profitieren. Jedoch kann kein Arbeitnehmer zum Verbleib im Betrieb gezwungen werden. Geht ein Mitarbeiter doch, soll er aber in einigen Fällen die finanziellen Vorteile seiner Fortbildung erstatten.
Arbeitgeber, die dafür Rückzahlungsklauseln verwenden, dürfen Beschäftigte allerdings nicht zu lange daran festhalten. Sonst droht statt einer Kürzung auf das erlaubte Maß, dass die Bestimmung komplett unwirksam wird. Ein betroffener Mitarbeiter muss dann nichts zurückzahlen, sofern ihm die Fortbildung überhaupt geldwerte Vorteile oder anderweitig nutzbare Kenntnisse brachte (Az.: 3 AZR 900/07).
Dabei gilt bei Freistellung zur Fortbildung und weiterlaufender Lohnzahlung Folgendes: Ein Festhalten von maximal sechs Monaten bei einer Fortbildungsdauer von einem Monat, ein Jahr Bindung bei höchstens zwei Monaten Fortbildung, entsprechend zwei Jahre bei einer Fortbildung von drei bis vier Monaten. Drei Jahre Verbleib dürfen es sein, wenn die Fortbildung zwischen einem halben und einem Jahr dauerte. Fünf Jahre lassen Gerichte allerhöchstens gelten bei einer Fortbildungsdauer von mehr als zwei Jahren (Az.: 3 AZR 621/08).
Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer nach Vertragsende?
Endet ein Arbeitsverhältnis, wollen Arbeitgeber aber auch Arbeitnehmer gerne einen Schlussstrich darunter ziehen. Klauseln, die spätere Ansprüche (zum Beispiel Ansprüche auf Urlaubsabgeltung oder auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) ausschließen, sollen Streit wegen offener Forderungen auf lange Sicht verhindern. Damit sie überhaupt wirksam werden, dürfen solche Ausschlussklauseln aber nicht zu einseitig ausfallen.
Obendrein darf eine solche Klausel nie alle Ansprüche ausschließen: Das gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch für Ansprüche auf Haftung bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit und Vorsatz sowie bei grobem Verschulden vor ihrer Verjährung. Gibt es keine entsprechende Klarstellung, geht die Ausschlussklausel baden (Az.: 8 AZR 280/12).
Dasselbe droht einer Klausel, die verlangt, Ansprüche in weniger als drei Monaten mitzuteilen. Hier sollte die entsprechende Frist zudem zu keiner Zeit bereits mit Ende des Beschäftigungsverhältnisses beginnen, sondern immer erst ab Fälligkeit des Anspruchs. Die Begründung: Ansprüche ließen sich sonst bei ihrer Kenntnis bereits nicht mehr durchsetzen.
Wenn Klauseln zunächst eine Anmeldung des Anspruchs und dann dessen gerichtliche Durchsetzung fordern, ist das hingegen zulässig. Bei solchen zweistufigen Bestimmungen sollte man jedoch erkennen können, dass die Einlegung einer Kündigungsschutzklage die Voraussetzungen dafür erfüllt (Az.: 5 AZR 253/09).
Was hat es mit der salvatorischen Klausel auf sich?
Viele Verträge, und nicht nur Arbeitsverträge, enden mit einer sogenannten salvatorischen Klausel. Sie soll dafür sorgen, dass sich teilweise unwirksame Inhalte nicht auf die Wirksamkeit des übrigen Vertrags durchschlagen. Das hört sich gut an. In Formulararbeitsverträgen bringt es aber wenig bis gar nichts. Denn deren Inhalt messen Gerichte ohnehin an den AGB-Regeln. Was wirksam ist, bleibt demnach bestehen. Nur was unwirksam ist, soll unwirksam sein. Am Ende sollen die Risiken unwirksamer Klauseln den AGB-Verwender treffen.
Daher bringen auch Bestimmungen, die eine unwirksame Klausel zumindest auf das gesetzlich maximal zulässige Maß kürzen wollen, nichts. Sollte sich eine Bestimmung als unwirksam erweisen, ist sie insgesamt unwirksam. Ein Zurechtstutzen verhindert das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Wie eingangs erwähnt, gilt dann das jeweils anzuwendende Gesetz. Hält eine Klausel nicht stand, bringen im Übrigen auch Vorschläge alternativ anzuwendender Paragrafen nichts.
Ein kritischer Blick in den Arbeitsvertrag lohnt sich daher allemal. Denn möglicherweise wirkt sich der eine oder andere Inhalt des Arbeitsvertrags nur scheinbar auf das Arbeitsverhältnis aus.
Christian Günther ist Assessor und Redakteur bei anwalt.de.