AboAbonnieren

Steigender LeitzinsWas die Zinswende für Sparer und Anleger bedeutet

Lesezeit 4 Minuten

Symbolbild

Frankfurt – Sparer können sich freuen. Die vorige Woche angekündigte Zinswende der Europäischen Zentralbank wollen die Geschäftsbanken auch bei den Einlagezinsen umsetzen – zum Teil haben sie schon reagiert. Auch die Negativzinsen dürften bald Geschichte sein. So hat sich seit Beginn des zweiten Quartals der Zins auf Festgeld mit zwei Jahren bei deutschen Banken verdoppelt, hat das Vergleichsportal Verivox ermittelt.

Das Aus für Negativzinsen ist wahrscheinlich

Das gilt zumindest für die „Marktspitze“: Dort steht aktuell die Creditplus Bank in Stuttgart, die ein Prozent Zinsen für diesen Zeitraum verspricht – so viel wurde seit Juni 2020 nicht mehr gezahlt. Anfang April lagen die Spitzenzinsen bei 0,41 Prozent. „Allmählich kommt die Zinswende auch bei den Sparern an“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH, die fortlaufend die Tages- und Festgeldzinsen von etwa 800 Banken und Sparkassen beobachtet.

Geld im Ausland anlegen kann sich lohnen

Wer sein Geld im Ausland anlegt, kann dafür sogar schon bis zu 1,6 Prozent Zinsen erhalten. Das gilt für die litauische PayRay Bank oder die kroatische Bank Kovanica. Solange Kunden nicht mehr als 100.000 Euro bei einer dieser Banken anlegen, sind ihre Einlagen laut den Bestimmungen der EU geschützt. Und selbst wenn der Einlagensicherungstopf des jeweiligen Landes nicht groß genug ist, gehen die Anleger nicht leer aus. Sie werden dann aus dem jeweiligen Staatshaushalt entschädigt.

Breite Streuung der Anlage ist ratsam

Wer Sorge hat, dass das Land nicht stabil genug ist, sollte sich am besten breit absichern, rät Verivox – also vorsorglich darauf achten, Banken aus wirtschaftsstarken Ländern mit hoher Bonität auszuwählen. Hier biete die französische Younited Credit aktuell mit 1,55 Prozent die höchsten Zinsen. PayRay (1,217 Prozent) und Younited Credit (1,100 Prozent) stehen auch beim Festgeldvergleich der Finanzberatung Max Herbst (fmh) an der Spitze bei Festgeld für zwölf Monate. Zwischen beiden liegt die schwedische Klarna mit 1,210 Prozent.

Allerdings sollte man bei der Anlage in Festgeld bedenken, dass man zwar nominal Zinsen erhält, unter dem Strich jedoch immer noch Geld verliert. Denn real liegen die Festgeldzinsen bei einer aktuellen Inflationsrate von knapp acht Prozent deutlich im Minus. Das gilt auch für Festgelder mit fünf Jahren Laufzeit, die bis zu zwei Prozent Zinsen bringen. Sich so lange festzulegen sei ohnehin nicht ratsam, meint Maier von Verivox. „Gerade im derzeit äußerst dynamischen Zinsumfeld sollten Sparer flexibel bleiben“, rät er.

Leitzinsen werden um 25 Basispunkte erhöht

Bewegung kommt auch in die Negativzinsen, von den Banken verschämt „Verwahrentgelte“ genannt. Sie wurden bei den meisten Instituten für Einlagen von mehr als 50.000 Euro erhoben und lagen zuletzt bei -0,5 Prozent. So hat die ING zum 1. Juli mitgeteilt, den Freibetrag auf 50.0000 Euro zu erhöhen – also noch bevor die EZB den ersten Zinsschritt unternimmt.

Deren Präsidentin Christine Lagarde hatte vor zwei Wochen angekündigt, im Juli die Leitzinsen um 25 Basispunkte zu erhöhen. Diesem Schritt soll ein weiterer im September folgen, dann sollen die Zinsen vielleicht sogar um 50 Basispunkte steigen. „Damit wären Negativzinsen Geschichte“, so Ulf Krauss, Rentenexperte der Helaba. Aktuell verlangt die EZB 0,5 Prozent Entgelt von den Banken, die bei ihr über Nacht Geld parken.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auch Deutsche Bank, Postbank, Commerzbank und Haspa haben – wie zahlreiche weitere große Banken – bereits angekündigt, mit Ausstieg der EZB aus den Negativzinsen diese auch für ihre Kunden nicht mehr zu berechnen. Bei der Deutschen Bank und der Postbank soll das zum 1. Oktober umgesetzt werden. Inzwischen hat auch die Sparda-Bank West erklärt, von Juli an vollständig von Minuszinsen abzusehen.

Die Banken scheinen wieder daran interessiert zu sein, frisches Geld einzuwerben. Dieses Geschäft war für die Geldhäuser wegen der Negativzinsen nicht mehr attraktiv. Zuletzt erhoben laut Vergleichsportal Verivox 448 Banken Negativzinsen für Privatkunden. 24 Banken verlangen nach diesen Angaben Gebühren für das Tagesgeldkonto, das üblicherweise kostenlos ist: „So entsteht ein faktischer Negativzins“, heißt es bei Verivox.