Berlin – Wer sein Geld in Kryptowährungen wie Bitcoins oder Ether investiert hat, braucht derzeit gute Nerven. Denn die Furcht vor einer stärkeren Regulierung hat den Markt zeitweise einbrechen lassen. Die Kursverluste bewegten sich bei den wichtigsten Währungen deutlich im zweistelligen Prozentbereich. Selbst für den schwankungsanfälligen Kryptomarkt sind das außergewöhnlich hohe Verluste.
Die nach Marktanteil mit Abstand wichtigste Digitalwährung Bitcoin sackte auf der Handelsplattform Bitstamp zeitweilig um etwa 25 Prozent auf 30066 US-Dollar ab. Es war das niedrigste Niveau seit Ende Januar. Das Rekordhoch wurde Mitte April mit knapp 65000 Dollar erreicht. Die zweitgrößte Digitalwährung Ether geriet sogar noch stärker unter Druck. Sie fiel zeitweise um bis zu 40 Prozent bis auf knapp 2000 Dollar.
Was war der Grund für den Krypto-Kursrutsch?
Auslöser war eine Mitteilung der chinesischen Notenbank, wonach Digitalwährungen nicht für Zahlungszwecke verwendet werden dürfen, da es sich nicht um echte Währungen handele. Auch sei es Finanz- und Zahlungsdienstleistern nicht gestattet, Produkte oder Dienstleistungen in Digitalwährungen auszuzeichnen. Die Mitteilung der chinesischen Notenbank traf auf einen ohnehin schon angeschlagenen Markt. Zuvor hatte Tesla-Chef Elon Musk mit Äußerungen für erhebliche Verunsicherung gesorgt.
Wie riskant sind die Krypto-Investments?
Aus Sicht von Stiftung Warentest sind Kryptowährungen hoch spekulativ und riskant. In der Tat ist gerade der Bitcoin-Kurs extrem anfällig für öffentliche Äußerungen und Zuspruch durch bekannte Persönlichkeiten. Bereits vermeintlich unbedeutende Ereignisse können zu großen Preissprüngen führen – sowohl nach unten, als auch nach oben.
Wie sehr, stellt Tesla-Chef Musk regelmäßig unter Beweis. Der Amerikaner hatte Ende Februar erst einen Kursanstieg ausgelöst mit der Aussage, dass Tesla Bitcoin als Zahlungsmittel nutze und in diese investiert habe. Dann kam die Kehrtwende: Mit seiner plötzlichen Abkehr vom Bitcoin als Zahlungsmittel sowie nicht dementierte Spekulationen über Bitcoin-Verkäufe des Elektroautobauers schickte er die Kurse auf Talfahrt. Den jüngsten Absturz stoppte er nun erneut mit einem einzigen Tweet. Musk setzte einen Tweet mit mehreren Emojis ab. Der Begriff „Diamond Hands“ bezeichnet im Börsen-Slang jemanden, der an seinem Investment bis zum bitteren Ende festhalten wird. Der Tweet wird als Commitment zum Halten der Bitcoin-Anteile verstanden.
„Eine Spekulation auf Bitcoin und Co. gleicht einem Gang ins Spielcasino. Setzen Sie nur Geld ein, das Sie nicht benötigen. Sie können alles verlieren“, urteilt die Stiftung Warentest. Monika Gehde-Trapp, Expertin für Risikomanagement an der Universität Hohenheim, hat untersucht, wie sich die Volatilität − also die Wertschwankung − im Depot mit Investments in Bitcoin verändert. Ihr Ansatz: Ist der Bitcoin in einem diversifizierten Portfolio so etwas wie ein sicherer Hafen – ähnlich wie Gold? Die ernüchternde Antwort: Nein, ist er nicht. Im Gegenteil. In Modellrechnungen zeigte Gehde-Trapp mit ihrem Team, dass ein Investment in Bitcoin die Volatilität im Depot sogar erhöht. Bei einem Bitcoin-Anteil von zehn Prozent im ansonsten reinen Dax-Portfolio stieg das Verlustmaß bereits um fünf Prozent. Bei einem Bitcoin-Anteil von 20 Prozent erhöhte es sich sogar um weitere 15 Prozent.
Was ist mit langfristigem Vermögensaufbau?
Dafür ist der Bitcoin derzeit noch riskant, finden viele Anlageexperten. „Dafür sind einfach die Schwankungen zu groß“, sagt Frank Wieser von PMP Vermögensmanagement. „In ein paar Jahren können digitale Währungen allerdings ein (kleiner) Teil der Vermögensbildung werden. Noch ist es dafür zu früh.“ Aus Sicht von Hartmut Walz, Verhaltensökonom an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein, sollten Anleger vorsichtig bleiben. „Die ,Lindy-Regel‘ ist eine wertvolle Orientierung für derartige Marktsituationen“, sagt Walz. Kernaussage der Regel: Je länger Systeme und Organisationen bereits existieren, desto höher ist die Überlebenswahrscheinlichkeit. Im Vergleich zu Gold heißt das: Das Edelmetall existiert Tausende Jahre als Zahlungsmittel. Ob das bei Kryptowährungen auch so sein wird, ist ungewiss. „Es kann zum Beispiel jederzeit sein, dass hier die Regulierung zuschlägt.“
Sollen Anleger vielleicht gerade jetzt investieren?
Fakt ist: Viele Anleger, vor allem junge und unerfahrene, dürften im Zuge des Kursrutsches abgesprungen sein. Doch ob die aktuelle Entwicklung tatsächlich das Ende der Krypto-Hausse ist, weiß niemand genau. Es ist zumindest aber das Ende der jüngsten Spekulationsspitze, die Mitte Dezember begann. Das Börsenmagazin „Der Aktionär“ erwartet für die kommenden Tage und Wochen eine erhöhte Volatilität bei Bitcoin und Co. Für Langfrist-Anleger bedeute die aktuelle Kursschwäche eine Chance, heißt es weiter. Vor dem Einstieg sollten sie allerdings eine Bodenbildung abwarten. Doch auch dann bleibt die Anlage risikoreich.