Ob bei einer Erkältung oder nach einer durchzechten Nacht - Kopfschmerzen sind eine Plage. Mit Aspirin gibt es aber seit 125 Jahren ein Allzweckmittel dagegen. Ein Erfolg für Hersteller Bayer, der noch heute davon zehrt.
Leverkusener KonzernSeit 125 Jahren vertreibt Aspirin den Schmerz
Für Kopfschmerzen kann es viele Gründe geben. Sie können im Zusammenhang einer Erkrankung auftreten, durch Schlafmangel oder Stress bedingt sein oder einfach die Auswirkungen des notorischen „letzten Glases“ vom Vorabend. Doch warum auch immer, für die Betroffenen können Kopfschmerzen zur Qual werden und den Alltag einschränken.
Obwohl es viele altbewährte und natürliche Hausmittel gibt, greifen doch viele Menschen dann fast routinemäßig zu Schmerzmitteln. Fast 23 Millionen Deutsche nutzen sie laut einer Studie der Techniker Krankenkasse mindestens einmal pro Woche; für knapp zwei Millionen Menschen gehören sie sogar zum täglichen Gebrauch.
Oft heißt das Mittel der Wahl dabei Acetylsalicylsäure. Der Wirkstoff, kurz ASS, wird gegen Fieber, Schmerzen und Entzündungen sowie zur Prävention von Herzinfarkten eingesetzt, hat aber auch blutverdünnende Eigenschaften. Viele verschiedene Hersteller nutzen ihn. Die wohl bekannteste Verwendung findet sich aber in Pharmaprodukten der Marke Aspirin. Unter diesem Namen wurde ASS vor nunmehr 125 Jahren vom Chemiekonzern Bayer auf den Markt gebracht.
Ursprünglich hatte das Leverkusener Unternehmen geplant, sich den Wirkstoff Acetylsalicylsäure selbst als Markennamen patentieren zu lassen. Dieses Vorhaben scheiterte zwar. Doch das Patent auf Aspirin wurde akzeptiert: Dabei steht „A“ für Acetyl, „spir“ als Abkürzung für den lateinischen Namen des Gewächses Echtes Mädchensüß, Spiraea ulmaria, gefolgt von der für Arzneimittel gängigen Schlussformel „in“. Am 6. März 1899 wurde der Name beim kaiserlichen Patentamt in Berlin eingetragen – danach wurde Aspirin zum meistverkauften Schmerzmittel der Welt.
Zwei Chemiker stritten um die Urheberschaft
Um die Urheberschaft des Wirkstoffes entspinnt sich indes eine tragische Kontroverse. Als Erfinder gilt offiziell der Pharmazeut Felix Hoffmann (1868-1946), der seit 1894 als Chemiker bei der „Farbenfabrik vorm. Friedr. Bayer & Co“ – so der frühere Name des Unternehmens – im damals noch eigenständigen Wuppertaler Stadtteil Elberfeld eingestellt war. Als solchem gelang ihm erstmals die Synthese von ASS in Reinform.
Später wurde diese Urheberschaft aber bestritten – von Arthur Eichengrün, zu dieser Zeit ebenfalls Chemiker im Unternehmen und Hoffmanns Kollege. In einem Brief, den der jüdischstämmige Eichengrün 1944 aus dem Konzentrationslager Theresienstadt an die I.G. Farben in Frankfurt schickte, gab er an, den Plan für die Synthese selbst erstellt zu haben. Hoffmann habe lediglich Anweisungen ausgeführt.
Diesen Vorwurf erhob Eichengrün nach dem Krieg erneut, jedoch blieb der Bayer-Konzern seither bei seiner Version mit Hoffmann als Urheber. Der schottische Historiker Walter Sneader forschte in den 1990er-Jahren über den Ursprung von Aspirin. Er resümierte, die Urheberschaft Eichengrüns sei wahrscheinlicher; nur seine jüdische Herkunft habe die Anerkennung verhindert.
Die Marke Aspirin wurde für Bayer in der Folgezeit jedenfalls zum Welterfolg. Auch in den USA und Großbritannien konnte der Name patentiert und das Mittel verkauft werden. Heute sind unterschiedliche Versionen von Aspirin auf dem Markt, auch die Darreichungsform ist verschieden – ob Tabletten oder Pulver. Obwohl es inzwischen viele Hersteller gibt, die ASS nutzen, setzte sich Aspirin doch gleichsam vom Marken- zum Gattungsnamen für eine ganze Reihe von schmerzhemmenden Medikamenten durch. Zu den Konkurrenten von Bayer auf diesem Feld gehört Ratiopharm, das Paracetamol und Ibuprofen verkauft.
Trotz weltweiter Verbreitung liegt die größte Produktionsstätte für Aspirin weiterhin in Deutschland – in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt. Rund drei Milliarden Tabletten werden dort jährlich produziert. Für Bayer ist das Geschäft mit Aspirin noch immer wichtig, der Konzern führt weiter Forschungen zu dem Präparat durch. Wie viel Umsatz er mit den unterschiedlichen Aspirin-Produkten erzielt, ist zwar nicht bekannt, da deren Verkäufe in der Bilanz der Leverkusener nur teilweise aufschlüsselt werden. Es dürfte aber mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr sein. Damit ist Aspirin zudem die drittstärkste Marke des Konzerns im Pharma-Bereich.
Es wundert daher nicht, dass die Verknüpfung von Bayer und Aspirin in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin sehr stark ist – nicht zuletzt durch das auf die Tabletten gestanzte Bayer-Kreuz. Für den Chemie-Riesen ist das ein willkommener Image-Gewinn – taucht der Firmenname in der internationalen Berichterstattung zuletzt doch hauptsächlich in Gerichtsverfahren um den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat auf. (kna/mit dpa)