Durch die Übernahme von Vividion und gemeinsame Experimente mit Thermo Fisher Scientific erhofft sich Bayer Fortschritte in der onkologischen Forschung, wobei das Prostatakrebsmedikament Nubeqa besonderen Fokus hat.
Leverkusener KonzernBayer hofft auf mögliche neue Blockbuster
Zusammen mit der Nachricht, dass der Erfolgskurs des Prostatakrebsmedikamentes Nubeqa anhalte, gab Bayer beim diesjährigen Pharma Media Day Einblick in die aktuellen Pharmaprojekte des Konzerns. Nubeqa ist ein möglicher Hoffnungsträger für das Unternehmen. Dem Nachrichtendienst Reuters zufolge ist der Umsatz des Medikamentes 2023 auf 869 Millionen Euro gestiegen, ein Jahr zuvor lag er noch bei 466 Millionen Euro. Ohne weitere Zahlen zu nennen, stuft Bayer in einer aktuellen Mitteilung Nubeqa als „das wichtigste Produkt des Unternehmens“ im Onkologiebereich ein, noch in diesem Jahr könne Blockbuster-Status – also ein Umsatz von einer Milliarde Euro – erreicht werden.
Forschung auf vier Feldern – auch Seltene Erkrankungen
Eine erhebliche Sparte im Bayer-Portfolio macht die Frauengesundheit aus. Hier sei man weiterhin engagiert, erstrecke aber die frühe Forschung auf jene Bereiche, wo hoher medizinischer Bedarf bestehe, so Sprecher Oliver Renner auf Anfrage der Rundschau. Das Hauptinvestment liege im Bereich der Zelltherapie. Besonderer Fokus soll künftig vier Forschungsfeldern gelten: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Onkologie, Immunologie sowie dem Feld von Neurologie und Seltenen Erkrankungen. Trotz naturgemäß kleinerer Patientenzahlen sei das ein wichtiger, aber auch lohnender Sektor, so Renner: „Am Anfang steht immer ein Krankheitsbild und das Ziel, Beschwerdefreiheit herzustellen. Wenn man damit Erfolg hat, folgt das Wirtschaftliche.“
Eine der Seltenen Erkrankungen ist Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie, die durch Eiweißablagerungen etwa Organschädigungen und Herzinsuffizienz hervorrufen kann. Wie Bayer mitteilt, erwarb das Unternehmen Anfang März die europäischen Vermarktungsrechte für Acoramidis, ein Mittel zur Behandlung ebendieser Krankheit, zu dem nun ein Antrag auf Marktzulassung vorliege.
Bislang war insbesondere Pfizer auf dem Bereich der Transthyretin-Amyloidose aktiv. Klinische Studien, in denen das Pfizer-Präparat Tafamidis und Acoramidis verglichen wurden, gibt es Bayer zufolge nicht.
Hoffnung für Hunderte Millionen Betroffene könnte ein anderes Präparat bringen, dessen Zulassung Bayer in Reichweite sieht: Elinzanetant, ein Wirkstoff zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Bayer zufolge werde es bis 2030 voraussichtlich 1,2 Milliarden menopausale Frauen geben, jährlich kämen weitere 47 Millionen neu hinzu. Mehr als ein Drittel aller Frauen berichte noch Jahre nach der Menopause von starken Schmerzen, für die es bislang aber keine Behandlung gebe. An sie richtet sich EIinzanetant. Es sei in der späten Phase der klinischen Entwicklung, die Markteinführung werde 2025 erwartet. „Wir wollen die Wissenschaft voranbringen und die Behandlungsmöglichkeiten für Frauen in allen Lebensphasen erweitern“, so Dr. Cecilia Caetano, Leiterin Global Medical Affairs Women's Health bei Bayer.
Gen- und Zelltherapien könnten die Onkologie revolutionieren
Eine Stärkung der onkologischen Forschung verspricht sich der Konzern von der Übernahme des biopharmazeutischen Unternehmens Vividion und von einer Kooperation mit Thermo Fisher Scientific. Zu Vividion gehört eine Plattform für Chemoproteomik – das sind Techniken zur Identifizierung und Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Proteinen und kleinen Molekülen. Sie sollen dabei helfen, gezielt jene Zellen, Zellbestandteile und Eiweißmoleküle zu identifizieren, mit denen ein Medikament interagieren muss, um krankheitsverursachende Funktionen auszuschalten. Das Ziel ist Bayer zufolge, auf diese Weise wirksame Krebstherapien zu entwickeln, die zugleich sanfter und besser verträglich seien.
Von „neuen, potenziell revolutionären Behandlungsansätzen, die letztlich Krankheiten mit einer einzigen Behandlung stoppen oder umkehren könnten“, spricht man bei Bayer im Zusammenhang mit Zell- und Gentherapien. Seit 2020 investierte der Konzern in deren Entwicklung 3,5 Milliarden Euro.