Der Aufbruch in die E-Mobilität in Europa verläuft für Ford holpriger als gedacht. Kurz nach dem Produktionsanlauf der beiden E-Autos meldet das Unternehmen Kurzarbeit an.
Ford-WerkeKurzarbeit ist eine Hiobsbotschaft für das Kölner Werk
Explorer und Capri sind die Hoffnungsträger von Ford. Der neue Capri sollte an die Ford-Ikone, die 1968 auf den deutschen Markt kam, erinnern. Die darauffolgenden Jahre waren nicht nur ruhmreiche Zeiten für Ford im Motorsport. Damals war auch Fords Marktanteil in Deutschland zweistellig, und das Unternehmen beschäftigte jenseits der 50 000 Mitarbeitenden.
Als E-Autos sollten Capri und vor allem der etwas früher gestartete neue Explorer Lust am Abenteuer (Adventurous Spirit) verkörpern, für die die Marke Ford stehen will, die in Europa jetzt amerikanischer auftritt. Vor allem aber sollten sie die Beschäftigung im Kölner Werk sichern. Eine ursprünglich ins Auge gefasste Jahresfertigung von 200 000 E-Autos hätten fast Vollbeschäftigung bedeutet, wie sich der Betriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka nach der Vorstellung der E-Autopläne von Ford gefreut hatte.
Kölner E-Autos sind zum Erfolg verdammt
Die E-Autos Explorer und Capri müssen erfolgreich sein. Es sind die einzigen Modelle, die in Köln gebaut werden. Ein Zurück zu den Verbrennern ist nicht denkbar nach dem Umbau und den Milliardeninvestitionen. Außerdem wäre auch kein Verbrenner für Köln in Sicht, den Ford in Europa anbieten könnte. Werke gibt es schließlich noch im spanischen Valencia und im rumänischen Craiova, wenn die Focus-Fertigung Ende November 2025 in Saarlouis ausgelaufen ist.
Am Dienstag gab es allerdings einen herben Dämpfer. Bei Ford in Köln wird in der Fahrzeugfertigung bis zum Jahresende kurz gearbeitet. Ab Montag ruht die Arbeit für eine Woche, in der darauffolgenden Woche werden Autos gebaut. In dem Rhythmus geht es dann weiter bis zu den Weihnachtsferien. So fallen insgesamt drei Produktionswochen aus, hieß es im Umfeld des Unternehmens.
Ein Traumstart sieht anders aus
Das ist alles andere als ein Traumstart für die E-Mobilität in Köln. Erst seit Juli wird der Explorer gefertigt, seit September auch der Capri. Gebaut werden seit dem Hochlauf der Produktion im Zwei-Schicht-Betrieb 630 Fahrzeuge pro Tag. Offenbar verkaufen die sich nicht so wie erhofft.
„Wir können bestätigen, dass Ford bei der Bundesagentur für Arbeit aufgrund der sich rasant verschlechternden Marktbedingungen für Elektrofahrzeuge Kurzarbeit beantragen wird“, heißt es in einem Statement von Ford. Ford beobachte kontinuierlich die Marktentwicklung. Die deutlich niedriger als erwartete Nachfrage nach Elektrofahrzeugen speziell in Deutschland erfordere eine temporäre Anpassung der Produktionsvolumina im Kölner Electric Vehicle Center, hieß es weiter.
Ford nutzt Plattform von VW
Dabei ist Ford schon spät dran mit der Elektromobilität (siehe Interview). Lange war der in den USA gefertigte Mustang Mach E das einzige Angebot auf dem europäischen Markt. Um aufzuholen, kauft Ford bis zu 1,2 Millionen E-Auto-Plattformen von VW, auf denen die Wolfsburger die Modelle iD 3 bis iD 7 stellen sowie weitere Fahrzeuge von Konzernmarken. Zwei Milliarden Dollar investierte Ford in das Kölner Werk, das zu Europas Electric Vehicle Center wurde. Eine neue Lackiererei, eine neue Halle für die Batteriemontage und nicht zuletzt neue Transportsysteme für die schwereren E-Autos bekam das Werk unter anderem spendiert.
Eingeweiht wurde es im Juni 2023 in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz und Fords Nr. 1, William Clay Ford, der Urenkel des Firmengründers. Im August trat Ford dann voll auf die Bremse und verschob die Fertigung und den Marktstart, weil das Auto eine neue Batterie bekommen sollte. Dabei rollten die VW-Modelle auf gleicher Plattform ohne Probleme auf die Straßen, angeschoben durch die damals noch bestehende E-Auto-Förderung. Ford baute dagegen in Köln fast ein Jahr kein Auto, nachdem die Fertigung des Fiestas eingestellt worden war. Die Mitarbeitenden trainierten oder blieben gleich ganz zu Hause, was das Unternehmen Unsummen gekostet haben dürfte.
Marktstart in Zeichen der Nachfrageschwäche
Jetzt, da der Autobauer endlich Fahrzeuge anbieten kann, gibt es eine Nachfrageschwäche, die letztlich durch das plötzliche Ende der E-Auto-Förderung in Deutschland ausgelöst wurde. Die Zahl der neu zugelassenen batterie-elektrischen Autos sank im Oktober hier um 4,9 Prozent auf 35 491. In der EU sowie Island, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich legte die Zahl der neu zugelassenen E-Autos im September – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – um 13,9 Prozent zu.
In den ersten neun Monaten des Jahres gibt es Westeuropa allerdings ein Minus bei den E-Autos von 2,6 Prozent. Hauptverantwortlich ist der deutsche Markt mit einem Minus von 28,6 Prozent. Deutlich weniger E-Autos wurden aber auch in Schweden oder der Schweiz zugelassen. In Norwegen, wo E-Autos dank Förderung überaus erfolgreich verkauft wurden, gab es nur noch ein kleines Plus. In Frankreich, Italien und Spanien, neben Deutschland die größten Automärkte in der EU mit einem einstelligen Plus und Großbritannien mit einem Wachstum von 13,8 Prozent konnten den Einbruch in Deutschland nicht kompensieren.
Forderung nach E-Auto-Prämie
Ford-Betriebsratschef Benjamin Gruschka forderte eine Neuauflage der Förderung zur Unterstützung des Hochlaufs der E-Mobilität.„Kanzler Olaf Scholz hat weitere Unterstützung durch eine Förderung der Elektrofahrzeuge für die Branche in Aussicht gestellt. Daran muss er sich halten“, so Gruschka. Auch die Diskussionen um einen langsameren Umstieg von den Verbrennern zu den E-Autos habe die Kunden verunsichert. Das Ergebnis: „Die Kunden halten sich beim Kauf von E-Autos und von Verbrennern zurück“, so Gruschka.
Ähnlich hatte sich der frühere Ford-Werke-Chef Gunnar Herrmann, der 2021 in den Aufsichtsrat gewechselt war und jetzt Vorstandsvorsitzender der Arbeitgeber Köln ist, im Gespräch mit der Rundschau geäußert. „Wir haben die E-Mobilität kaputtgeredet“, hatte Herrmann vor zwei Wochen gesagt. Hielten die Debatte an, könnte auch die Zwei-Milliarden-Investition von Ford verpuffen. Auch er hatte für eine Förderung der E-Mobilität plädiert. Und nicht nur das: „Wir brauchen dringend massive Investitionen in die Lade- und die Netzinfrastruktur. Da geht es um Milliarden“, so Herrmann. Und das Geld müsse verlässlich fließen, bis das Ziel der Anschubförderung erreicht sei.
Weniger Autos pro Tag im kommenden Jahr
Bei Ford in Köln arbeiten jetzt insgesamt gut 2000 Mitarbeitende kurz. Ford stockt das Kurzarbeitergeld auf. Kurzarbeiter erhalten gesetzlich 60 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts, lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent. Ford legt jeweils 20 Prozent drauf. Ob es auch im kommenden Jahr Kurzarbeit gibt, ist noch nicht sicher. Die Tagesbaurate wird aber auf 480 Autos gesenkt. Auch die werden im Zwei-Schicht-Betrieb gefertigt.