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Kritik an irreführender WerbungKompostierbare Kaffeekapseln – ein Irrtum

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Auch „kompostierbare“ Kaffeekapseln gehören nicht in die Biotonne, sagen Entsorgungsunternehmen.

Berlin – 6,5 Gramm Kaffee, vier Gramm Verpackung – diese Rechnung macht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf, wenn es um die kleinen Kaffeekapseln geht, die in vielen Haushalten morgens in der Kaffeemaschine landen. In einer Zeit, in der Verbraucher zunehmend auf die Umweltbilanz ihrer Konsumgüter achten, ist das kein besonders grünes Image. Und doch wurden einer Berechnung der DHU zufolge zuletzt mehr als drei Milliarden Kapseln pro Jahr verbraucht. Da kommt einiges an Müll zusammen. Ein kleines Produkt mit unheimlich großem Verpackungsaufwand, fasst etwa Sascha Roth, Bereichsleiter Bioabfälle beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) zusammen.

In der Praxis werden die Kapseln einfach verbrannt

Um das grüne Gewissen der Verbraucher zu befriedigen, haben Unternehmen wie der JJ Darboven-Konzern zuletzt mit Kapseln aus „kompostierbarem“ Plastik geworben. Damit ist es bei der in Hamburg ansässigen Rösterei jedoch nach einer „Aufbrauchfrist“ ab dem 1. Juli vorbei. Das Unternehmen hat eine Unterlassungserklärung unterschrieben, wie die Verbraucherorganisation Foodwatch jüngst mitteilte. Mit „kompostierbar“ und „biologisch abbaubar“ darf Darboven für seine „Mövenpick Green Caps“ so nicht mehr werben.

Der Grund liegt nicht darin, dass sie nicht die Norm für (industrielle) Kompostierung erfüllen würden – das ist der Fall, betonte Darboven. Dennoch: In der Praxis werden die Kaffeekapseln weder kompostiert noch recycelt, sondern verbrannt. Nur sehr wenige Entsorger hätten ihre Anlagen so ausgerüstet, dass die angestrebte Kompostierung erfolgen könne, räumte Darboven ein.

Entsorger wehren sich gegen Kritik des Herstellers

Eine Kritik, die sich die Entsorgungswirtschaft so nicht gefallen lasse, wie BDE-Bereichsleiter Roth betont. „Es steht Darboven frei, einen Vertrag mit einem Entsorger zu schließen und die Sachen zurückzuführen.“ Und auch bei Remondis, einem der größten deutschen Unternehmen, wenn es unter anderem um die Sammlung und Verwertung von Stoffen geht, spielt man den Ball zurück zu den Kapsel-Herstellern. „Da es kein separates Sammelsystem für Bioplastik und Kaffeekapseln in Deutschland gibt, lohnt sich auch bis auf Weiteres keine Investition in eine entsprechende Anlage“, teilte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage mit.

Remondis gehört zu den 95 Prozent der abfallverarbeitenden Unternehmen in Deutschland, die einer Umfrage der Deutschen Umwelthilfe zufolge kein „kompostierbares“ Plastik verwerten können. „Plastik bleibt zunächst einmal Plastik, auch wenn es zu großen Anteilen aus biogenen Stoffen hergestellt wurde“, so der Remondis-Sprecher.

Bioplastik hat es durchaus in sich

Das Resultat: Bioplastik macht in der Kompostieranlage Probleme. Auch die Bioabfallverordnung in Deutschland verbietet ausdrücklich die Entsorgung unter anderem von „kompostierbaren“ Kaffekapseln in der braunen Tonne. Eine Novelle, die am kommenden Freitag im Bundesrat auf der Tagesordnung steht, soll dies noch einmal klarstellen. Nicht nur hinsichtlich der Kapsel-Thematik, sondern mit Blick auf Verpackungen aus Bioplastik insgesamt.

Kapseln aus Aluminium

Ein Blick in die Niederlande zeigt, dass es in Sachen Wiederverwertung und Recycling auch anders gehen kann. Dort betreibt Remondis für Nestlé eine Verwertungsanlage für Nespresso-Kapseln. Dabei setzt Nestlé nicht auf Kapseln aus Bioplastik, sondern Aluminium. Der Kaffeesatz werde zu Geraniendünger verarbeitet, während das Aluminium der Kapseln zurück in den Kreislauf geführt werde, erklärt der Remondis-Sprecher. Verbraucher könnten die Kapseln unter anderem portofrei an die Verwertungsanlage schicken. Plastik, wie es andere Hersteller verwenden würden, würde allerdings gegebenenfalls eine andere Sortiertechnik und damit zusätzlich Investitionen erfordern.

Die Gründe sind einfach: Biokunststoff ist zwar theoretisch kompostierbar, allerdings dauert der Verrottungsprozess wesentlich länger, erklärt BDE-Experte Sascha Roth. Auch wenn es sich um Bioplastik handele, am Ende würden Störstoffe bleiben, die gegebenenfalls händisch aussortiert werden müssten. Wenn sie denn aussortiert würden. Das mindere die Reinheit und Qualität, ergänzt der Remondis-Sprecher. „Deshalb raten wir dringend vom Kauf und der Verwendung von angeblich kompostierbaren Bioplastikbeuteln und anderen Gegenständen aus diesem Material ab. Falls solche Materialien dennoch verwendet werden, gehören sie in die graue Restmülltonne und auch nicht in den Gelben Sack.“

Sascha Roth sieht noch eine weitere Gefahr: die Verwechselung. „Auf den ersten Blick erkennt man nicht, ob es sich um Bioplastik handelt oder nicht. Dieser Stoff in der Biotonne kann die Fehlwurfquote weiter erhöhen“, warnt BDE-Bereichsleiter Roth.