Die älteste Motorenfabrik der Welt feierte am Freitag seinen Geburtstag in Köln-Mülheim. Das war aber nicht die Wiege der Firma. Ein Blick in die Geschichte und die Innovationen.
„Deutschland braucht mehr Deutz“Kölner Motorenbauer feiert sein 160-Jahr-Jubiläum – Wüst mit dabei
„Es gibt nicht viele Unternehmen, die mehr als eineinhalb Jahrhunderte überstanden haben“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bei Festakt zum 160. Geburtstag der Deutz AG am Freitag in Köln. Das gelinge nur mit Innovationsgeist und Offenheit für Neues. Der Motorenbauer erbringe seit 160 Jahren Pionierleistungen. Zugleich stehe Deutz exemplarisch für das nach wie vor große unternehmerische Potenzial des Landes. „Deutschland braucht mehr Deutz“, sagte Wüst.
Gefeiert wurde auf einem ehemaligen Deutz-Gelände im Stadtteil Mülheim. Die Wiege von Deutz stand aber in der Servasgasse in der Kölner Altstadt. Nicolaus August Otto studiert den Leuchtgas-Verbrennungsmotor des Franzosen Etienne Lenoir. In diesen Zweitakter wird Gas eingelassen und unverdichtet gezündet. Im zweiten Takt wird das verbrannte Gasgemisch ausgestoßen. Otto experimentiert, sieht, welche Auswirkungen ein verdichtetes Gas-Luft-Gemisch hat und startet Versuche mit einem Viertaktmotor eigener Konstruktion. Die heftigen Zündungen zerlegen den Motor aber nach kurzer Laufzeit in Trümmer.
1863 baut Otto seine erste „atmosphärische Gaskraftmaschine“ beziehungsweise einen Flugkolbenmotor. Hier treibt eine Zahnstange ein Schwungrad. Leuchtgas wird von unten in den stehenden Zylinder eingeleitet und gezündet. Dadurch fliegt der Kolben – bei entkoppelter Zahnstange – nach oben. Beim Sinken des Kolbens wegen des höheren Drucks der umgebenden Luft (Atmosphäre) und auch des Gewichts des Kolbens wird der Freilauf beendet und die Zahnstange treibt das Schwungrad. Das vermeidet das Wirken starker Kräfte auf den Mechanismus. „Köln und nicht Stuttgart oder Detroit waren die Keimzelle der Automobilentwicklung der Welt“, sagte Deutz-Chef Sebastian C. Schulte.
Die Erfindung war genial. Aber Otto geht das Geld aus. Die Rettung kommt durch Eugen Langen, ein Ingenieur aus der Zuckerindustrie, der in die Idee investiert und unternehmerische Erfahrung beisteuert. Am 31. März gründen Otto und Langen die N.A. Otto & Cie, die Keimzelle von Deutz. 1877 wird der Viertakter, also ansaugen, verdichten, verbrennen und ausschieben, als Patent geschützt. Bezeichnet wird der auch heute noch als Ottomotor. Im selben Jahr startet die Serienfertigung. Technischer Direktor der 1872 gegründeten Gasmotorenfabrik Deutz AG wird Gottlieb Daimler, Leiter der Motorenkonstruktion Wilhelm Maybach.
Bekannte Namen arbeiten für Deutz
Zunächst brauchen die Motoren noch eine Zündflamme, bis Otto 1884 seine elektrische Niederspannungs-Magnetzündung präsentiert. Die ist nicht patentierte. Robert Bosch baut sie nach und legt so den Grundstein für das heutige Großunternehmen. Und noch an einen weiteren großen Namen der Automobilgeschichte erinnerte Schulte: Ettore Bugatti. Deutz wollte ins Pkw-Geschäft einsteigen und nahm Bugatti 1907 unter Vertrag, der ein fertiges Konzept mitbrachte. Eine Episode. Die Fertigung ist unwirtschaftlich und wird 1910 eingestellt.
Deutz, das mit seinen Motoren auch für die frühe Beleuchtung des Doms sorgt, tanzt auf vielen Hochzeiten. Anfang des 20. Jahrhunderts startet eine eigene Schlepper-Fertigung, Deutz baut Lokomotiven, wird durch die Übernahme von Magirus einer der größten Hersteller von Nutzfahrzeugen in Deutschland. Große Erfolge. Aber auch die Beschäftigung von Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg spart Schulte nicht aus.
Verbrenner wird für Nutzfahrzeuge weiter gebraucht
Der Neustart nach dem Krieg erfolgt mit 50 Mitarbeitenden. Mitte des 20. Jahrhunderts sind es 32 000. Für die gibt es Werkswohnungen oder günstige Kredite. Das schafft Bindung. „Ich treffe Mitarbeitende, die schon in der dritten Generation bei Deutz arbeiten“, so Schulte. Der Zusammenhalt sei hoch. Auf den Motorenbau konzentriert, beschäftigt Deutz heute 5122 Mitarbeitende. „Deutz hält die Welt in Bewegung“, so Schulte. Dabei werde der Verbrennungsmotor bei Nutzfahrzeugen weiter gebraucht. Bei einem elektrischen Mähdrescher würde die Batterie allein 15 Tonnen wiegen. Nutzfahrzeuge ohne Verbrenner sind für ihn so bald nicht denkbar. Der Motor werde aber in Richtung Klimafreundlichkeit weiterentwickelt.
Köln sei stolz auf Deutz, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Das Unternehmen schaffe seit 160 Jahren wertvolle Arbeitskräfte und trage zu Fortschritt und Wohlstand bei.