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Teures WeihnachtsessenStrafanzeige gegen Spitze der Handwerkskammer Köln

Lesezeit 5 Minuten
Zentrale der Handwerkskammer zu Köln

Zentrale der Handwerkskammer zu Köln in der Kölner Innenstadt.

5176 Euro hat ein Jahresabschlussessen im Dezember 2023 der Handwerkskammer Köln gekostet. Teilgenommen haben 29 Personen - die Spitze der Kammer, die teils von ihren Partnerinnen begleitet wurden.

Nach einem Weihnachtsessen der Spitze der Handelskammer zu Köln ist am Donnerstag Strafanzeige gestellt worden. Der Schriftsatz, der der Rundschau vorliegt, ging vom Bund für freie Kammern (BffK) an die Staatsanwaltschaft Köln. Auch fordert der BffK, der Kammern kritisch gegenübersteht, den Rücktritt von Präsident Hans Peter Wollseifer. Die Staatsanwaltschaft konnte den Eingang der Anzeige am Montag noch nicht bestätigen.

In dem Schreiben äußert der BffK den Verdacht der Untreue, der Vorteilsgewährung und der Vorteilsannahme gegen Wollseifer, die im Dezember 2023 verantwortliche Geschäftsführung und den Vorstand, der aus insgesamt 12 Mitgliedern besteht. Für Wollseifer und die weitere Spitze der Kammer gilt die Unschuldsvermutung.

29 Personen nahmen am Essen teil

Es geht um ein Essen am 15. Dezember 2023 in Räumlichkeiten des Kölner Zoos, an dem laut der Anzeige der Vorstand der Kammer sowie teils deren Partnerinnen, ehemalige Ehrenamtler sowie Teile der Geschäftsleitung teilgenommen haben. Ausweislich der Rechnung, die der Rundschau vorliegt, waren das 29 Personen. Über 5176 Euro hat dieses Essen gekostet. Für Raummiete, Material und Dekoration wurden 2235 Euro in Rechnung gestellt, für das Essen, Getränke und Personal fielen 2941 Euro an.

Die Handwerkskammer bestätigte auf Anfrage das Essen und die dafür angefallenen Kosten. „Das Treffen diente dem Austausch innerhalb des Ehrenamtes und der besseren Vernetzung von Ehren- und Hauptamt. Außerdem soll damit der erhebliche private Zeitaufwand wertgeschätzt werden, den die Vorstandsmitglieder bei ihrem ehrenamtlichen Einsatz mit Unterstützung ihrer Partner für die Handwerkskammer investieren“, so die Kammer am Freitag in einer Stellungnahme.

Künftige Essen der Kammer sollen billiger sein

Besonders üppig getafelt wurde dabei nicht unbedingt. Handwerkskammern werden allerdings aus Beiträgen der Mitgliedsfirmen finanziert, mit denen sparsam umzugehen sei, heißt es in der Anzeige. Auch müssten die Kammern das Geld für die ihnen zugewiesen Aufgaben verwenden. Ganz wohl ist offenbar auch der Kammer nicht bei den Kosten. „Der Vorstand hat schon vor einiger Zeit entschieden, diese Location künftig nicht mehr zu wählen und sich künftig für das Jahresabschlusstreffen preiswerter zu orientieren“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Im Übrigen hätten in den letzten drei Jahren zuvor keine Jahresabschlussveranstaltungen des Vorstands stattgefunden.

„Die Kammern sind Selbstverwaltungskörperschaft und außerhalb rechtlicher Vorgaben für ihr Handeln selbst verantwortlich“, heißt es etwa in einer Stellungnahme des NRW-Wirtschaftsministeriums, der Rechtsaufsicht der Kammern im Bundesland. Dazu gibt es in den Kammern etwa Compliance-Regeln. Die der Handwerkskammer Köln regeln auch den Umgang mit Geschenken und Einladungen.

Kammer hat Regeln für Einladungen

Laut einem am 12. Juni 2023 von der Vollversammlung der Handwerkskammer zu Köln verabschiedeten Verhaltenskodes für Vorstand und Geschäftsführung, der auf der Homepage der Kammer veröffentlicht ist, „gelten Einladungen und Bewirtungen im Wert von bis zu 100 Euro pro Person als angemessen.“ Lägen die zu ermittelnden Werte im Einzelfall darüber, heißt es weiter, so entscheide der Hauptgeschäftsführer unter Hinzuziehung des Beauftragten für gute Betriebsführung für das Hauptamt über die Zulässigkeit. „Die Ehrenamtsträger entscheiden für sich jeweils in eigener Verantwortung, können aber die Beratung des Beauftragten für gute Betriebsführung selbständig und unabhängig in Anspruch nehmen.“

„Dabei geht es um die Vermeidung von Bestechungen und die Beeinflussung dienstlicher Entscheidungen“, erläuterte die Kammer auf Anfrage. „Damit sind erkennbar aber keine eigenen, internen Veranstaltungen gemeint“, heißt es da weiter. Denn dabei gebe es keine Zuwendungen von externer Seite und keine Beeinflussung dienstlicher Entscheidungen von außen. Außerdem könnten Hauptgeschäftsführer und Ehrenamt nach diesem Verhaltenskodex im Einzelfall die Wertgrenze überschreiten.

Ausgaben von fast 180 Euro pro Person

Die Strafanzeige lag der Kammer nach eigenen Angaben noch nicht vor. Über das Statement hinaus wollte sie sich nicht äußern. Aus der Zeit gefallen wirkt ein derartiges Essen aber schon. In den 80er Jahren hätte sich wohl kaum jemand darüber gewundert, heiß es im Kammerumfeld. Seitdem seien die Compliance-Regeln aber strenger geworden. Ausgegeben wurden fast 180 Euro pro Person, für die Amtsträger der Kammer und auch für deren Partnerinnen.

Compliance spielt für die Kammer auch in einer anderen Angelegenheit eine Rolle und führen dazu, dass die Rechnungsprüfung der Kammer neu aufgestellt wird. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses ist nämlich ein Geschäftspartner von Kammerpräsident Hans Peter Wollseifer. Dies sieht das NRW-Wirtschaftsministerium (MWIKE) unter Compliance-Gesichtspunkten als problematisch an, wie es auf Anfrage am Mittwoch mitteilte.

Neuer Vorsitzender für Ausschuss für Rechnungsprüfung

„Das MWIKE als Rechtsaufsicht hat nach einer anonymen Anzeige dazu das Gespräch mit Verantwortlichen der Kammer gesucht. Es wurde vereinbart, dass der jetzige Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses an keiner Rechnungsprüfung mehr teilnimmt und bei nächster Gelegenheit ein neuer Vorsitz gewählt wird“, teilte das Ministerium mit. Auf Anfrage hatte Wollseifer, der seit 2010 Präsident der Handwerkskammer zu Köln ist, in einer Mail von Donnerstag mitgeteilt, dass er mit dem Rechnungsprüfer Eigentümer einer Sprachfördergrundschule in Elsdorf sei, die sie im Jahr 2003 mit insgesamt sechs Handwerksmeistern von der Stadt Elsdorf erworben hätten. Der Rechnungsprüfer sei im Mai 2005 in den Prüfungsausschuss gewählt worden und später zum Vorsitzenden gewählt geworden. Wollseifer betont, dass es nie Beanstandungen, weder von Kammerseite noch vom Ministerium, gegeben habe. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses genieße das Vertrauen der Vollversammlung.


Der Rechtsstreit

Der BffK kritisiert auch einen teuren Rechtsstreit der Kammer mit dem ehemaligen Hauptgeschäftsführer Ortwin Weltrich und dem Geschäftsführer Peter Panzer. Dabei ging es um interne Abrechnungen einer Tochtergesellschaft der Kammer für Entwicklungszusammenarbeit. Die Kammer verlangte einen Schadenersatz von 736 000 Euro nebst Zinsen und war damit Ende Dezember 2023 auch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln gescheitert. Einen Schaden für die Handwerkskammer vermochten OLG wie zuvor Landgericht nicht zu erkennen. Und auch ein Verschulden der Manager, die vor fünf Jahren mit Aufhebungsverträgen aus der Kammer ausgeschieden waren, sahen die Gerichte nicht.

Nach einer Aufstellung aus dem Mai, die der Rundschau vorliegt, sollen im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit sind Kosten von 303.857 Euro angefallen sein unter anderem für ein Gutachten, Gerichts- und Anwaltskosten, Beratungskosten zu einem Aufhebungsvertrag oder zu einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Der BffK nennt das in einer Pressemitteilung vom Donnerstag Verschwendung.

Die Angelegenheit beschäftigt die Justiz aber weiter. In einem Schreiben an die Vollversammlung hatten Wollseifer und die Vizepräsidenten das Urteil kritisiert und Vorwürfe gegen Weltrich erhoben. Das führte wohl zu einer Strafanzeige wegen Beleidigung, übler Nachrede sowie Verleumdung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.