Die Kölner Handwerks-Kammer steht aktuell vor großen Herausforderungen. Im Gespräch mit der Rundschau nennt deren Chef Hans-Peter Wollseifer die Lage „angespannt“.
Kölner Handwerkskammer-Chef„Wir müssen mehr Handwerk wagen“
„Mich erreichen keine Hilferufe mehr, sondern regelrechte Notrufe.“ Präsident Hans Peter Wollseifer zeichnete bei der Herbst-Vollversammlung der Handwerkskammer (HWK) zu Köln ein angespanntes Bild der Lage der Betriebe im Kammerbezirk. Energiekrise und Ukraine-Krieg hätten auch für das regionale Handwerk spürbare Folgen. Neun von zehn Handwerksbetrieben im Kammerbezirk würden von gestiegenen Energiekosten seit Jahresbeginn berichten, die gar nicht oder nur teilweise an die Kundschaft weitergegeben werden könnten. Zudem sei eine deutliche Kaufzurückhaltung spürbar.
Wollseifer betonte in seinem Bericht, dass die Entlastungspläne der Politik mit Strom- und Gaspreisbremse in die richtige Richtung gingen. „Energieintensive Betriebe benötigen jedoch dringend weitere Unterstützungsmaßnahmen.“
Werbung für Bildungswende
Erneut machte sich Wollseifer für eine Bildungswende stark: „Wir müssen weg von der Vorstellung, dass ein Studium der einzig wahre Weg in eine erfolgreiche und beruflich wie privat beglückende Zukunft ist.“ Die großen Zukunftsprojekte Klimaschutz, Energie- und Mobilitätswende seien ohne qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker nicht realisierbar: „Wir müssen mehr Handwerk wagen.“
Hans Peter Wollseifer wird am 31. Dezember dieses Jahres nach drei Amtszeiten, insgesamt neun Jahren, das Amt als Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks in Berlin niederlegen. Sein Amt als Präsident der Handwerkskammer zu Köln will er aber weiter wahrnehmen und damit seinen Blick auf das Handwerk in der Region schärfen. Denn hier gelte es jetzt die problematischen Entwicklungen im Kammerbezirk anzugehen. „Wir sind bereit, uns engagiert einzubringen in Wirtschaft, Gesellschaft und auch in unseren Kommunen. Nur eines werden wir nicht akzeptieren: Dass durch andauernde kommunale oder politische Eingriffe die Strukturen und Geschäftsmodelle unserer Betriebe vor Ort stark beeinträchtigt oder gar zerstört werden“, versprach Wollseifer.
HWK-Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin verwies in seinem Bericht auf das Ausbildungsengagement der Betriebe im Kammerbezirk. Im letzten Jahr seien 4650 Ausbildungsverträge neu geschlossen worden – ein Plus von 2,4 Prozent. „Das sind Nachwuchskräfte, die im Handwerk in naher Zukunft dringend als Fachkräfte gebraucht werden“, erklärte Duin.
Gastrednerin Katja Dörner, grüne Oberbürgermeisterin von Bonn, betonte die Rolle des Handwerks als wesentlicher Innovationsmotor. „Der Klimaplan der Stadt Bonn geht davon aus, dass wir auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035 viele hundert zusätzliche Handwerkerinnen und Handwerker für diese Zukunftsaufgaben brauchen.“ Dörners Botschaft: Handwerk habe zweifellos immer noch goldenen Boden.