Interview mit Alexander Wüerst„Die Sparkassen-Idee hat mich fasziniert“
- Alexander Wüerst kam von 40 Jahren als Auszubildender zur Kreissparkasse Köln – Seit 15 Jahren leitet er das Institut
- Über Berufswünsche und anstehende Aufgaben bei der Kreissparkasse sprach Ralf Arenz mit Alexander Wüerst
Herr Wüerst, Sie feiern nicht nur Geburtstag, sondern auch ihr Berufsjubiläum. Sie sind seit 40 Jahren bei der Kreissparkasse. Gibt es da eine Ehrung?Das Jubiläum wird wohl in einer der Sitzungen des Verwaltungsrates gewürdigt und mit einer Urkunde begleitet. Ein größeres Zusammentreffen kann es schon wegen der Corona-Pandemie nicht geben. Wir begehen jedoch ohnehin in der Kreissparkasse Ehrungen eher bescheiden.
Ihr Vorgänger, Hans-Peter Krämer, war nicht nur 40 Jahre bei der Sparkasse. Er war auch wie Sie 15 Jahre Vorstandschef. Diese Werte übertreffen Sie. Ist jemand in der Sparkassen-Organisation länger im Amt als Sie?
Bei aktuell 371 Sparkassen bin ich davon überzeugt, dass ich nicht die meisten Dienstjahre als Vorstandsvorsitzender aufweise. Sicherlich zähle ich jedoch mit 15 Jahren zur kleinen Spitzengruppe.
Zur Person
Alexander Wüerst wurde 1961 in Nienburg geboren. Mitglied des Vorstands wurde 2002, Vorstandsvorsitzender 2006. Seit 2008 ist er außerdem Landesobmann der rheinischen Sparkassen und seit 2018 stellvertretender Bundesobmann. (raz)
Wollten Sie eigentlich schon als Kind zur Sparkasse?
Nein, die Liebe zum Beruf ist tatsächlich während der Ausbildung entstanden. Ich wusste nach der Schule nicht genau, welchen Beruf ich ergreifen sollte. Ich hatte überlegt, Betriebswirtschaft zu studieren. Mein Vater hat mir zunächst zu einer kaufmännischen Ausbildung geraten. Damals waren viele Betriebswirte auf dem Arbeitsmarkt, so dass ich hierüber eine Zusatzqualifikation erwerben konnte. Schließlich hatte ich zwei Ausbildungsplätze zur Auswahl: einen bei der Dresdner Bank und einen bei der Kreissparkasse Köln. Zum Glück, (so Wüerst augenzwinkernd) habe ich mich für die Sparkasse entschieden. Die dahinter steckende Idee hat mich fasziniert. Ich habe anschließend auch nicht mehr an einer staatlichen Universität studiert, sondern an der Hochschule der S-Finanzgruppe mein Diplom erworben.
In Euro, Quelle. KSK Köln
Ihr Name ist öfter gefallen, wenn es um Positionen im Sparkassenbereich ging. Mussten Sie länger über das ein oder andere Angebot nachdenken?
Als Vorstandsvorsitzender einer großen Sparkasse kommen sie quasi automatisch ins Gespräch. Dennoch habe ich mich jeweils geehrt gefühlt, auch wenn ich letztlich nicht ernsthaft über einen Wechsel nachgedacht habe.Herr Krämer, der 2006 in den Ruhestand getreten ist, hatte keinen Computer und nach eigenen Worten das Institut mit dem Telefon gesteuert. Das haben Sie gleich geändert. Welche großen Veränderungen gibt es noch?
Die Kreissparkasse Köln ist nie in Aktionismus verfallen, sondern hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. So habe ich es auch versucht zu tun. Für Hans-Peter Krämer waren Filialen „sakrosankt“. Heute erledigen wir hingegen Bankgeschäfte mit dem Smartphone, kaufen damit Aktien oder schließen Kredite ab. Zwei Drittel unserer Kunden haben bereits ein Online-Konto. Die Filialen werden entsprechend nicht mehr wie früher für die alltäglichen Servicegeschäfte gebraucht und entwickeln sich verstärkt zu reinen Beratungseinrichtungen. Darauf müssen wir uns einstellen, auch in der Filialdichte. Die Digitalisierung und der Wettbewerb führen zu Veränderungen im Geschäftsauftritt der Sparkassen, ohne jedoch ihre Grundfeste in Frage zu stellen.
Was macht Sparkasse aus?
Zuvorderst unsere Regionalität und eine Sparkasse engagiert sich vor Ort. Dabei bietet sie alle Leistungen, die es in der Finanzwelt gibt. Wir erwirtschaften Gewinne, weil wir nur so das Eigenkapital im erforderlichen Maße stärken können. Gewinne sind für uns jedoch nicht Selbstzweck, die Region muss prosperieren und deshalb engagieren wir uns vor Ort beispielsweise im Regio Köln/Bonn e.V. oder auch über Stiftungen für Soziales, Bildung, Umwelt, Kultur oder den Sport. Und Sparkassen sind nah und persönlich für ihre Kunden da, auch im Zeitalter der Digitalisierung. Unser Ziel ist es jeweils das Beste aus der Digitalisierung herauszuholen und dies zur Kundenbindung einzusetzen. Das machen wir anders als Onlinebanken, Apple oder Google. So können die Kunden der Kreissparkasse Köln mit ihrem persönlichen Berater in der Filiale oder auch in unserer Medialen Beratung im Netz sprechen und der Berater kümmert sich dann.
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Was kann die Sparkassen gefährden?
Das Umfeld mit Negativzinsen ist eine große Herausforderung, auch von der EU werden die öffentlich-rechtlichen Institute in Deutschland gelegentlich in Frage gestellt. Jedoch können wir uns letztlich nur selbst gefährden, wenn wir moderne Strömungen nicht aufnehmen und uns den Themen nicht nachhaltig und zeitnah stellen.
Was war schlimmer: Finanzmarktkrise oder Corona-Pandemie?
Es waren schon bewegte Zeiten. Nicht lange nach meinem Amtsantritt erfolgte die Lehman-Pleite und im Zuge der Finanzmarktkrise auch die WestLB-Krise, die EU-Krise mit der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands und anschließend die Negativzinsen, die ich mir nie hätte vorstellen können. Dann folgte der der Brexit und jetzt die Pandemie. Die Besonderheit ist zur Normalität geworden. Die Pandemie wird uns jedoch sicherlich noch lange beschäftigen und auch zu dauerhaften Verhaltensänderungen führen. Insofern ja, die Pandemie ist schlimmer.
Pandemien könnten in Zukunft öfter ausbrechen. Ist das die nächste große Herausforderung oder erscheint anderes auf Ihrem Radar?
Covid-19 wird nicht das letzte Virus sein, das sich verbreitet. Wir müssen lernen damit umzugehen. Eine weitere große Herausforderung ist jedoch auch der Klimawandel. Nachhaltigkeit ist ein sehr bedeutendes Thema für unsere Gesellschaft und auch für die Unternehmen. Hier möchten wir als Sparkassen im Allgemeinen und die Kreissparkasse Köln im Besonderen ihren Beitrag leisten.
Herr Löw ist nach 15 Jahren im Amt des Bundestrainers überraschend zurückgetreten. Überraschen auch Sie uns?
(lacht) Nein. Wenn ich gesund bleibe, habe ich vor, weiter an der Spitze der Kreissparkasse Köln zu stehen. Über die Beendigung meiner Tätigkeit werde ich dann beizeiten mit den Gremien sprechen.
Was wollen Sie unbedingt noch erledigen?
Wir möchten in den nächsten Jahren die Symbiose aus Digitalisierung und persönlicher Beratung weiter stärken. Das Gespräch sowohl in der Filiale mit dem Berater, den der Kunde kennt, und das Gespräch mit ihm im Netz sollen selbstverständlich werden. Und natürlich möchte ich die Kreissparkasse Köln auf Erfolgskurs halten, damit sie im Markt für unsere Kunden sowie die Region weiter eine relevante Rolle spielen kann.
Was hätten Sie gerne anders gemacht?
Das ist fast eine philosophische Frage. Es gibt wohl keinen Menschen, der sagen kann, dass er alles richtig gemacht hat. Ich bin selbstkritisch. Unternehmerische Entscheidungen bedeuten Entscheidungen unter Unsicherheit. Da trifft man dann auch mal eine Entscheidung, welche sich im Nachhinein als nicht richtig erweist. Glücklicher Weise gab es davon bei mir nicht allzu viele, zumindest nicht bei wichtigen Entscheidungen.
Wie feiern Sie Ihren 60. Geburtstag?
Die Frage stimmt mich etwas melancholisch. Ich habe neben einer großen Familie auch einen großen Freundeskreis. Gerne würde ich gemeinsam mit allen feiern, jedoch ist eine solche Feier natürlich nicht möglich. Jetzt feiern wir im kleinsten Familienkreis. Eine größere Feier hoffe ich im Laufe der nächsten Monate nachholen zu können.