ImmobilienDas sagen Experten zur Frage, ob sich ein Hauskauf noch lohnt
Köln – Die Unsicherheit am Immobilienmarkt ist derzeit groß: Die Immobilienpreise bewegen sich seit geraumer Zeit auf hohem Niveau. Nun steigen auch noch die Zinsen, Energie- und Baupreise ebenfalls, Handwerker und Material sind teilweise schwer zu bekommen. Wer investieren will, fragt sich: Sollte man da jetzt noch ein Haus kaufen oder doch lieber warten? Wir haben drei Experten gefragt.
Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft:
„Der Blick zurück tut jetzt natürlich weh, weil ein Immobilienerwerb vor einem Dreivierteljahr aufgrund der günstigen Finanzierung erschwinglicher war als heute. Betroffene müssen aber langfristig denken: Wer ein Eigenheim kaufen möchte, sollte eine Perspektive von am besten zehn Jahren haben.
Für Verbraucher, die aktuell einen Hauskauf noch finanzieren können, lohnt sich der Erwerb immer noch, denn langfristig ist mit weiteren Wertsteigerungen bei Immobilien zu rechnen, gerade in den Großstädten. Ich würde es also keinem ausreden. Zumal das Problem beim Hauskauf ja ist: Je länger man wartet, umso kürzer ist die Zeit, in der man die Immobilie abbezahlen kann. Wer jetzt fünf Jahre wartet, bewirkt entsprechend eine monatlich deutlich höhere Tilgungslast.
Wohnungsbau
Die Baubranche fürchtet angesichts rasant steigender Kosten um den Wohnungsbau in Deutschland. „Die seit Monaten stark gestiegenen Baumaterial- und somit Baupreise haben schon viele gewerbliche und private Hausbauer veranlasst, von ihren Projekten zurückzutreten“, so der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes, Tim Oliver Müller. (dpa)
Und die Hoffnung, dass die Immobilienpreise bald sinken, teile ich nicht. Meiner Meinung nach werden sie nur dann fallen, wenn die Zinsen jetzt noch deutlicher steigen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass wir noch ein Zinsniveau von über vier oder fünf Prozent sehen werden. Sollte dies aber der Fall sein, haben Kaufinteressierte wiederum das Problem höherer Finanzierungskosten. Insofern lohnt sich das Warten nicht wirklich.“
Stefan Adam, Finanzexperte und Berater bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen:
„Keine Frage, die Gemengelage, mit der wir es gegenwärtig am Immobilienmarkt zu tun haben, ist für Kaufinteressierte schwierig: Die steigenden Baukosten und Zinsen lassen eine eigene Immobilie für viele in weite Ferne rücken, zumal auch die Immobilienpreise nach wie vor hoch sind. Die Preise für privates Wohneigentum werden meiner Meinung nach vorerst auf hohem Niveau bleiben, da es nach wie vor stark nachgefragt wird. Insofern ist die Strategie, abzuwarten, bis die Preise womöglich wieder fallen, in meinen Augen nicht empfehlenswert, zumal die Frage nach dem idealen Zeitpunkt eines Kaufes sowieso keiner seriös beantworten kann. Stattdessen kommt es bei der Überlegung „Hauskauf ja oder nein“ im Grunde immer wieder auf den gleichen Knackpunkt zurück: Kann ich mir so ein Projekt wirklich leisten?
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Hat man keinen soliden Finanzierungsplan, sollte man sich im Zweifelsfall gegen Eigentum entscheiden. Für diese Entscheidung können sich Betroffene einen fixen Zeitpunkt setzen: Man gibt sich zwei oder drei Jahre Zeit, und sollte bis dahin nicht das passende Objekt gefunden worden sein, wohnt man eben weiter zur Miete. Das ist ja kein Makel, entspricht nur eben nicht unbedingt der Wunschvorstellung von vielen. Wer es sich hingegen leisten kann, der kann kaufen. Dabei gilt die alte Regel: Neben den Kaufnebenkosten sollten mindestens 20 Prozent des Kaufpreises mit Eigenkapital gedeckt werden.“
Max Herbst, Gründer der FMH Finanzberatung:
„Wer sich bereits intensiv mit dem Immobilienkauf beschäftigt, sollte jetzt nicht einfach alles stoppen. Ich würde empfehlen, weiter zu suchen, zu vergleichen und zu verhandeln. Dies gilt auch für die Finanzierungsgespräche. Man weiß ja nicht, wann die Bauzinsen wieder billiger werden, und auch nicht, wie weit sie noch nach oben gehen. Es könnten auch bald fünf Prozent und mehr sein.
Umso besser ist es sogar, jetzt mögliche Preiszugeständnisse beim Objekt zu bekommen und eine möglichst flexible Finanzierung zu finden – bestehend aus einer Zinsbindung von 15 Jahren fest mit einer großzügig ausgelegten Option, die Tilgung zu verändern. Es kommen auch wieder andere Zeiten.
Wer allerdings davon ausgeht, dass die hohen Bauzinsen nur eine begrenzte Zeit auf diesem Niveau sein werden, könnte überrascht werden, denn die Inflation wird nicht so schnell auf zwei oder drei Prozent fallen. Hohe Inflation und Arbeitskräftemangel sind keine positiven Aussichten auf sinkende Zinsen und viele Neubauten.“