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Not bei BetriebenIm Handwerk ist der Energiebedarf oft besonders hoch

Lesezeit 3 Minuten

Ob Ofen oder Kühlhaus: Der Strom wird im Handwerk gebraucht.

Köln – „Ich habe heute meinen neuen Stromvertrag bekommen und musste mich erst einmal hinsetzen“, erzählt der Metzger Michael Mayer. Seit 1976 sitzt der Familienbetrieb „Mayer’s“ im Herzen von Köln. Mit dem alten Stromvertrag hat Mayer etwa 1000 Euro im Monat für Strom bezahlt. Jetzt sollen es 2600 Euro sein. „Ich habe drei Kühlhäuser und eine Fleischtheke. Die laufen 24/7, sonst verdirbt die Ware“, erklärt Mayer.

Seine einzige Möglichkeit das Geld wieder reinzubekommen, ist über die Preise. Die werden jetzt erhöht. Schon einmal musste er sie leicht anheben. Die Miete war erst vor vier Wochen gestiegen. Da hatten die Kunden größtenteils einsichtig reagiert. Wie es jetzt sein wird, weiß er nicht. „Ich hoffe, die Kunden haben Verständnis. Sonst gehen hier die Lichter aus“, so der 58-Jährige. Inzwischen geht ein Drittel seines Gesamtumsatzes nur für die Energiekosten drauf. Von dem Rest müssen dann noch die Miete, Löhne, der Einkauf, Lieferanten und Steuern bezahlt werden. Mayer erzählt, dass er überlegt hatte in zwei Jahren in Rente zu gehen. Nun ist seine Entscheidung gefallen. „Ich habe beschlossen dann ist Schluss für mich. Vor allem tut es mir aber Leid für jüngere Kollegen in der Branche. Es gibt ja kein Licht am Ende des Tunnels.“

Handelskammer Köln warnt vor zu hoher Belastung

Von Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer zu Köln, heißt es : „Fleischer, Bäcker, Brauer, Textilreiniger, Maschinenbau, Feinwerkmechanik und Galvaniseure: Besonders energieintensive Handwerksunternehmen plagen in der sich zuspitzenden Situation oft Existenzängste, darunter vielfach Familienbetriebe, Traditionsunternehmen, die in der Vergangenheit so manche Krise wegstecken konnten. Zudem belasten die erhöhten Spritpreise weitere Gewerke, wie etwa das Straßenbauer-Handwerk.“

Ein weiteres Problem stellt der Gas-Engpass dar. Nach Angaben des Zentralverbands des deutschen Handwerks nutzen vor allem die die Gewerke KFZ, Ausbau (Klempner, Fensterbau) und gewerblicher Bedarf (Metallbauer, Feinwerkmechaniker) Gas als Prozessenergie. Am meisten genutzt wird das Gas im Lebensmittel-Gewerk. Laut der Studie nutzen etwa 55 Prozent der handwerklichen Fleischereien Gas zur Warmwasserbereitung oder zum Betrieb von Koch- und Rauchanlagen. In den Brauereien werden die Sudhäuser damit betrieben. Den größten Anteil hat aber das Bäckerhandwerk, von denen 60 bis 70 Prozent mit Gasbacköfen arbeiten.

Viele denken ans Aufhören

„Die Preise haben sich teilweise verzehnfacht. Es gibt noch keinen der gesagt hat, er wird morgen zu machen, aber viele haben die Überlegung“, sagt Peter Ropertz, Geschäftsführer der Bäcker-Innung Köln/Rhei-Erft-Kreis generell zum Energiebedarf. „Das Interview mit Herrn Habeck hat bei uns für Kopfschütteln gesorgt.“ Der Wirtschaftsminister hatte in einer Talkshow über die Branche gesagt: „Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu produzieren“. Als Beispiel hatte er Blumenläden, Bioläden und Bäckereien genannt. Mit dieser Aussage sorgte er für Aufsehen, nicht nur bei der Opposition, sondern auch in der Branche selbst.

Die Situation sei sehr angespannt, so Ropertz. „Wir können nur hoffen, dass die Politik das Problem angeht und die Energiepreise wieder sinken.“ Er erzählt von einem Bäcker, der ihn erst die Tage angerufen hatte, mit dem gleichen Problem wie der Fleischer: „Sein Stromvertrag läuft am Ende des Jahres aus. Er hat zu mir gesagt: ,Ich weiß nicht, was ich dann machen soll.’ Da kann man schon von Existenzängsten sprechen.“

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Wollseifer ergänzt: „Es geht hier um die Menschen vor Ort, Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Inzwischen herrscht eine Dynamik, die ich so noch nicht erlebt habe. Jetzt ist die Zeit, in der die politischen Entscheider die Versorgungsengpässe angehen und auch den akut in Not geratenen Handwerksbetrieben dringend und direkt helfen müssen, um eine drohende Insolvenz-Welle abzuwenden.“