EU-Parlament befasst sich mit irreführenden Informationen und Haltbarkeit von Produkten
GreenwashingEU-Parlament befasst sich mit irreführenden Informationen von Produkten
Die Werbung mag es dieser Tage besonders grün. Da wird die Kreuzfahrt durch die Karibik gerne als „klimaneutral“ angepriesen, Säfte sind nun „bienenfreundlich“ und Hähnchenbrustfilets „emissionsfrei“ und die faltenreduzierende Gesichtscreme soll Käufer durch den Zusatz „nachhaltig“ überzeugen.
Doch nicht überall, wo grün draufsteht, ist auch grün drin. So ergab eine Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020, dass mehr als die Hälfte der Umweltangaben auf dem europäischen Markt – EU-weit gibt es rund 230 verschiedene Label – „vage, irreführend oder sogar völlig haltlos“ sind. „Diese Illusionen sind klimaschädlich und werden von der Industrie teilweise schamlos ausgenutzt, um Verbrauchern Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen“, kritisierte der Europaparlamentarier René Repasi (SPD).
Richtlinie soll Greenwashing verbieten
Die EU will deshalb nun gegen diese Art von Beschönigungen vorgehen. Die Richtlinie, über die das Europäische Parlament heute abstimmt, soll Greenwashing verbieten und vor Manipulation schützen. Demnach würden allgemeine Aussagen wie „umweltfreundlich“, „natürlich“, „biologisch abbaubar“ oder „ökologisch“ verboten, wenn diese nicht mit detaillierten Belegen unterfüttert werden. Um die Produktinformation zu vereinfachen, sollten nur noch Nachhaltigkeitssiegel erlaubt sein, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von öffentlichen Behörden eingeführt wurden.
„Vergleichbare Produktetiketten schaffen Verbraucher-Vertrauen, wodurch die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten gestärkt wird“, sagte der EU-Parlamentarier Andreas Schwab (CDU). Unternehmen bräuchten EU-weit einheitliche Maßstäbe zur wissenschaftlichen Belegbarkeit von Nachhaltigkeits-Aussagen, „damit sie vom europäischen Binnenmarkt für nachhaltige Produkte profitieren können“, so der Christdemokrat. Ähnlich äußerte sich SPD-Mann Repasi. Es brauche mehr Rechtssicherheit für fair handelnde Unternehmen. „Diese Firmen wollen den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit gestalten und müssen vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden.“
Stimmt die Mehrheit in Straßburg wie erwartet für die Richtlinie, beginnen danach die Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem Rat der 27 Mitgliedstaaten über einen Kompromiss. Doch nicht nur die Grünfärberei haben die Volksvertreter im Blick. Die Vereinbarung enthält auch ein Verbot der sogenannten Obsoleszenz, also das vorsätzlich geplante frühe Altern von Produkten. Damit soll verhindert werden, dass Verbraucher eher als nötig zum Ersatzkauf gezwungen werden, weil die Ware schneller als vom Kunden angenommen Probleme aufweist. Es sei „überfällig“, so die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini, dem vorzeitigen Verschleiß von Produkten einen Riegel vorzuschieben.
„Praktiken, die dazu führen, dass Produkte schneller als nötig kaputt gehen, haben auf dem Binnenmarkt nichts zu suchen.“ Beobachter verweisen gerne auf das Beispiel des japanischen Konzerns Nintendo. So klagten Nutzer der Switch-Konsole weltweit schon vor mehr als zwei Jahren, dass sich die Spielfigur auch ohne Betätigung des Analog-Sticks bewege. Es handele sich um „frühzeitige Obsoleszenz“, hatten damals Verbraucherschützer gemahnt. Zwar hatte das Unternehmen die Fehler in der Produktion der Konsolen zugegeben, sich aber erst nach tausenden Beschwerden von Spielern, einer Warnung des Europäischen Verbraucherverbands BEUC und Kontakten mit der EU-Kommission bereit erklärt, die betroffenen „Nintendo Switch“-Controller kostenlos zu reparieren, auch über die gesetzliche Garantie hinaus.
Künftig soll auf Wunsch der EU die Praxis der Nichtbehebung eines bekannten Konstruktionsfehlers innerhalb einer angemessenen Zeitspanne untersagt sein.
Informationen zur Reparatur wird Pflicht
Außerdem will die Gemeinschaft die Vermarktung von Produkten ohne Informationen zur Reparatur verbieten. Händler würden so verpflichtet, die Waschmaschine oder den Toaster mit einem Reparaturindex zu versehen. „Verbraucher können sich für langlebige, reparierbare Produkte entscheiden, wenn sie schon beim Kauf wissen, wie lange Ersatzteile zu welchem Preis verfügbar sind oder ob sie Reparaturanleitungen und Werkzeuge bekommen können“, so Cavazzini. Das schone Ressourcen und Geldbeutel.