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EU vor VerlängerungGlyphosat-Streit erfährt eine Neuauflage

Lesezeit 3 Minuten
Behälter mit Roundup, ein glyphosathaltiges Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto, stehen in einem Regal in einem Geschäft.

Behälter mit Roundup, ein glyphosathaltiges Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto, stehen in einem Regal in einem Geschäft.

Umweltschützer plädieren für einen Verzicht auf das umstrittene Pestizid – die Wissenschaft ist sich aber uneins über die möglichen Schäden.

Für Martin Häusling ist die Sache klar: „Schluss mit der Brunnenvergiftung“. Glyphosat habe auf Feldern und Wiesen nichts zu suchen, sagt der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament und verweist auf eine von seiner Partei in Auftrag gegebenen Studie, die die Umweltorganisation „Pestizid-Aktions-Netzwerk“ (PAN) jetzt vorgelegt hat.

„Der derzeitige Einsatz von Glyphosat in Europa hat zu einer weit verbreiteten Verunreinigung der Umwelt geführt, wobei das Herbizid in menschlichem Urin, Hausstaub, Böden und Oberflächengewässern nachgewiesen wurde“, heißt es in der Bestandsaufnahme. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse deuteten darauf hin, „dass die in der Umwelt gefundenen Konzentrationen von Pestiziden, einschließlich Glyphosat, die Qualität unserer Wasserressourcen beeinträchtigen und die aquatischen Ökosysteme gefährden“.

Glyphosat: Genehmigung soll um 15 Jahre verlängert werden

Das Papier kommt im Vorfeld eines Vorschlags der EU-Kommission, die Genehmigung für die Verwendung von Glyphosat um 15 Jahre zu verlängern; er wird in den nächsten Wochen erwartet.

Bei der letzten Erlaubnis im Jahr 2018 wurde die Verwendung von Glyphosat wegen der verbreiteten Sicherheitsbedenken nur für fünf Jahre zugelassen. Ursprünglich hatte die Genehmigung für die Verwendung von Glyphosat Ende 2022 auslaufen sollen. Sie wurde aber verlängert, um ökotoxikologische Auswirkungen weiter zu erforschen.

Aktion in Wien: Umweltschützern ist der Einsatz des Glyphosat ein Dorn im Auge.

Aktion in Wien: Umweltschützern ist der Einsatz des Glyphosat ein Dorn im Auge.

Für die jetzt veröffentlichte Glyphosat-Studie hat PAN Europe Wasserproben aus zwölf verschiedenen EU-Ländern gesammelt, um die Menge des Pflanzenschutzmittels in Gewässern zu messen. In 17 von 23 Proben (74 %) sei der Stoff nachgewiesen worden.

Wissenschaft ist uneins

Die von Umweltschützern beschworene Einigkeit der Wissenschaft gibt es allerdings nicht. Eine Risikobewertung der Europäischen Lebensmittelaufsicht EFSA ist kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass einer weiteren Zulassung von Glyphosat nichts im Wege stehe. „Bei der Bewertung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt wurden keine kritischen Problembereiche festgestellt“, so das Fazit.

Auch die Europäische Chemikalienagentur ECHA sei demnach zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat die wissenschaftlichen Kriterien für eine Einstufung als krebserregender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoff nicht erfüllt.

Allerdings gebe es eine Reihe von Fragen, die man nicht habe abschließend klären können. Dies betrifft unter anderem etwaige Risiken für die Ernährung der Verbraucher. Auch Auswirkungen auf die Artenvielfalt hätten nicht abschließend bewertet werden können. Grünen-Agrarpolitiker Häusling hält die Einstufung von Glyphosat durch die EFSA als harmlos für „geradezu fahrlässig“.

Ob Deutschland trotz einer potenziellen neuen EU-Erlaubnis ein Verbot aussprechen könnte, ist derzeit Gegenstand einer Prüfung im Landwirtschaftsministerium. Die Verordnung zu Pflanzenschutzmitteln böte dazu immerhin die Möglichkeit. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgeschrieben, dass das umstrittene Pestizit bis Ende 2023 vom deutschen Markt genommen wird. Tatsächlich aber haben sich in den vergangenen Wochen erste Uneinigkeiten zwischen Grünen und FDP darüber angedeutet.