Glyphosat-KlagenBayer hofft auf den Zehn-Milliarden-Deal
Leverkusen – Der Druck auf Bayer steigt: Über 42.000 Kranke in den USA haben den Konzern wegen des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup verklagt. Und die Anleger wollen endlich Taten sehen. Am 28. April kommen sie zur Hauptversammlung zusammen.
Und wenn Vorstandschef Werner Baumann kein ähnliches Debakel erleben will wie vor einem Jahr, als die Aktionäre ihm die Entlastung verweigerten, muss er ihnen etwas bieten. So erwägt Bayer nun laut „Handelsblatt“, den Vertrieb von Roundup einzuschränken. So könnte der Verkauf an Privatanwender, die das Mittel in ihren Gärten anwenden, gestoppt werden.
Mediator zeigt sich optimistisch
Seit Tagen wird spekuliert, der Konzern stehe kurz vor einer Einigung mit den Klägern. Der als Mediator gerufene Staranwalt Ken Feinberg hatte sich zuversichtlich geäußert, dass eine Einigung binnen Wochen möglich sei.
Laut Branchenkreisen gilt eine Vergleichssumme von zehn Milliarden Dollar als wahrscheinlich. „Falls Bayer am Ende zehn Milliarden Dollar zahlen muss, wie am Kapitalmarkt spekuliert wird, würde der Konzern noch glimpflich davonkommen. In der Spitze waren Analysten von bis zu 25 Milliarden Dollar Entschädigung ausgegangen“, sagte Ingo Speich, Manager für Corporate Governance, beim Fondsverwalter Deka, der rund 1,5 Prozent an dem Leverkusener Chemiekonzern hält.
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Speich setzt ebenfalls auf eine rasche Lösung: „Die Glyphosat-Klagen sind das größte Problem von Bayer. Es ist zu begrüßen, wenn nun eine rechtliche Einigung näher rückt.“
Die Herausforderung sei dabei, eine rechtliche Regelung für künftige Klagen zu finden: „Bayer wird den Verkauf von Glyphosat ja nicht vollständig einstellen“, sagte Speich unserer Redaktion.
Glyphosat ist Monsantos Kassenschlager
In der Tat: Das Mittel ist der Kassenschlager von Monsanto, und das seit Jahrzehnten. Allerdings gerät das Mittel politisch immer stärker unter Druck.
In der EU ist es bis 2023 zugelassen. Es ist offen, ob die Zulassung verlängert wird. In Deutschland soll es ab 2024 vom Markt verschwinden.
Zugleich geht Fondsmanager Speich davon aus, dass die Hauptversammlung in diesem Jahr glimpflicher für Vorstand und Aufsichtsrat abläuft: „Seit der Hauptversammlung 2019 hat Bayer viel getan: die Agrar-Expertise im Aufsichtsrat ausgebaut, sich rechtlich verstärkt und sich auf eine Mediation eingelassen“, so Speich.
Was sagen die großen Stimmrechtsberater?
Am Ende wird es aber darauf ankommen, wie die großen Stimmrechtsberater wie Glass Lewis und ISS die Sache sehen. Nach ihren Empfehlungen richten sich viele Fonds und Anleger.
Die Fondsgesellschaft Union Investment warnt vor überstürzten Aktionen mit Blick auf die Hauptversammlung: „Es sollte klar sein, dass das Bayer-Management die Zeit hat, eine Einigung auch erst nach der Hauptversammlung abzuschließen, wir möchten keinen Druck aufbauen, alles bis zur Hauptversammlung zu regeln“, sagte Fondsmanager Markus Manns. „Wir bevorzugen ein gutes Settlement gegenüber einem schnellen Settlement.“
Bayer sieht sich in den USA über 42.000 Klägern gegenüber. Sie werfen der Bayer-Tochter Monsanto vor, nicht ausreichend vor den Risiken von Glyphosat gewarnt zu haben und machen das Mittel für ihre Krebserkrankungen verantwortlich. Bayer weist den Verdacht stets zurück und betont, das Mittel sei bei sachgerechter Anwendung sicher.
Die Aussicht auf eine vergleichsweise günstige Einigung hat die Aktie in den vergangenen Wochen angetrieben. Am Donnerstag verlor sie etwas wieder auf 73,50 Euro. Womöglich sind die Anleger enttäuscht, dass der Knoten noch nicht durchschlagen ist.