Der Start in die Elektromobilität läuft für die Kölner Ford-Werke holprig. Am Donnerstag verschob der Autobauer den für Anfang des kommenden Jahres geplanten Marktstart des Explorer genannten ersten Modells.
Kölner E-AutoFord verschiebt Marktstart des Explorers – Kurzarbeit könnte drohen
Voller Tatendrang sind die Ford-Mitarbeitenden aus den Werksferien gekommen. Am 1. August sollte die Zukunft des Werks beginnen. Die letzten Fiestas, die über viele Jahre für Arbeit im Werk gesorgt hatten, waren noch vor dem Urlaub gebaut worden. E-Autos sollten vom Band laufen. Doch so bald wie erhofft geschieht das nicht. In zwei Versammlungen wurden die Mitarbeitenden von Früh- und Spätschicht am Donnerstag darüber informiert, dass das erste E-Auto aus Kölner Produktion sechs Monate später auf den Markt kommt als geplant. Kunden können den Wagen also erst im Sommer des kommenden Jahres kaufen.
Kölner E-Auto-Werk war im Juni feierlich eingeweiht worden
Ford verweist auf Anfrage in einem Statement auf die kommende europäische Norm für Elektrofahrzeuge (UN Regulation 100.3/ ECE-R 100.3). Die regelt Anforderungen an die Batterien, etwa durch den Brandschutz. Offenbar plant Ford also die Verwendung anderer Batterien als bislang geplant. Die neue Norm steht laut Ford im Einklang mit der internen Philosophie, „unseren Kunden weltweit qualitativ hochwertige und sichere Fahrzeuge zu liefern“, heißt es. Offenbar ist die Entscheidung für den späteren Marktstart in den USA gefallen. Möglicherweise strebt man dort auch danach, möglichst viele gleiche Komponenten einzusetzen. Zentrale Komponenten des Antriebsstrangs des Explorers sollten dagegen von VW kommen. Da muss dann wohl zumindest an einer Stelle umkonstruiert werden.
Zwei Milliarden Dollar werden in Köln investiert
Der neue Ära für das Werk bricht damit später an. Die hatte niemand anderes als Fords Nr 1, William Clay (Bill) Jr. ausgerufen, als er Mitte Juni das Kölner Electric Vehicle Center feierlich eingeweiht hatte. „Die Eröffnung des Ford Cologne EV Center markiert den Beginn einer neuen Generation von sauberen Produktionsverfahren und Elektrofahrzeugen in Europa“, erklärte Bill Ford, Executive Chair Ford Motor Company und Urenkel des Firmengründers Henry Ford damals.
Einige Prototypen konnte damals Bundeskanzler Olaf Scholz, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Ehrengäste schon bestaunen. Sie waren gebaut worden, um die Abläufe im Werk sowie die neue Produktionslinie zu testen.
Plattform für das Auto kommt von VW
2021 hatte Ford den Zuschlag für den Bau der ersten E-Autos von Ford in Europa erhalten. Zwei Milliarden Dollar (rund 1,8 Milliarden Euro) investiert Ford in das Kölner Werk. Es war die größte Investition in der Unternehmensgeschichte des Kölner Ford-Werks. Im März dieses Jahres stellte Ford das Fahrzeug vor, das die neue Zeit einläuten sollte: Der Explorer. Den Namen stellte die US-Mutter. Das war durchaus Programm. Denn Ford will amerikanischer werden, setzt dabei auch auf Autos in Geländewagenoptik. Konzipiert wurde der Wagen aber im Ford-Entwicklungszentrum in Köln-Merkenich. Und von den Abmessungen ist der Wagen durchaus für europäische Straßen geeignet : 4,47 Meter lang ist der Wagen, 1,87 Meter breit ohne Außenspiegel, mit 2,06. Er ist damit kürzer als der Kuga.
Der Wagen steht auf einer Plattform von VW, die der Wolfburger Konzern etwa für den iD 3 und iD 4 nutzt. 1,2 Millionen dieser Plattformen kann Ford in sechs Jahren nutzen. Auf ihr steht auch ein zweites Auto, das später auf den Markt kommt, ebenfalls in Geländewagenoptik, aber etwas sportlicher, wie es bei der Ankündigung hieß.
Kurzarbeit steht im Raum
Rechnerisch sind das 200.000 Autos pro Jahr. Weil bei Anlauf der Fertigung weniger Autos gebaut werden, dürften in der Spitze pro Jahr 250.000 Fahrzeuge gebaut werden. Genug, um Vollbeschäftigung im Werk zu sichern. Zunächst muss es aber darum gehen, wie die rund 3500 Mitarbeitenden in der Fertigung in den nächsten Monaten beschäftigt werden. Gespräche mit der Arbeitnehmervertretung würden jetzt aufgenommen, heißt es bei Ford. „Wir sondieren die Lage, besprechen offene Fragen mit der Geschäftsleitung“, so Betriebsratschef Benjamin Gruschka auf Anfrage. Das würde die nächsten Tage und Wochen gemacht. Eine Möglichkeit, um die gerade für die E-Mobilität fit gemachten Mitarbeitenden bei der Stange zu halten wäre Kurzarbeit.
Ford muss auch die Gespräche mit dem Handel suchen. Nicht nur dem Autobauer fehlt der Umsatz der Autos, die zu Preisen ab 45.000 Euro verkauft werden sollten. Auch die Ford-Händler leiden. Mitten im Hochlauf der E-Mobilität fehlt Ford und seinen Händlern ein Auto, um daran teilhaben zu können. Im Angebot ist nur der teurere Mustang, Mach-E als reines E-Auto. Und die Verkäufe der Plug-In-Hybride wie etwa der Ford Kuga gehen zurück, so der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach.