Noch ist ein großer bürokratischer Aufwand nötig, um zu Hause sein eigenes kleines Kraftwerk zu errichten. Doch das soll nach dem Willen der EU bald deutlich einfacher werden.
EU will Bürokratie abbauenSolaranlage am Balkon sollen Normalität werden
In Balkonien boomt der Klimaschutz. Dabei geht der Trend nicht nur hin zu wilden Pflanzen oder insektenfreundlichen Sonnenblumen, sondern auch zum eigenen Kraftwerk. Die Deutschen packen sich zunehmend Mini-Solaranlagen ins Outdoor-Wohnzimmer. Nun soll die EU dabei helfen, dass sich die Entwicklung in ganz Europa verbreitet. Aber vor allem soll der „bürokratische Schnickschnack“, der mit den kleinen Solargeräten daherkommt, wegfallen, wie der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss sagt. „Der Anschluss muss so einfach sein wie der eines Kühlschranks.“ Ohne Gebühren, Netzentgelte oder Steuern.
Leichter Energie teilen
Als Reaktion auf die Energiekrise arbeitet die EU derzeit an einem Update des europäischen Strommarkts. Mit neuen Maßnahmen will die Gemeinschaft den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen und die Strompreise für die Konsumenten senken. Das Prinzip des sogenannten „Energy Sharings“, nach dem einzelne Bürger ihren eigenen grünen Strom produzieren, speichern und teilen, soll fest etabliert werden, um so die „Energiewende von unten“ voranzutreiben.
Die Grünen fordern, die bürokratischen Hürden dafür abzubauen, sodass beispielsweise das sogenannte „Plug and Play“ bei Balkon-Kraftwerken auf einfache Weise möglich wird. Mitte Juli soll der Bericht vom zuständigen Industrieausschuss im EU-Parlament angenommen werden. Nach der Sommerpause beginnen dann die Verhandlungen zwischen dem Abgeordnetenhaus und den 27 Mitgliedstaaten. „Wir wollen, dass die Idee europäisch verankert wird, sodass auch Mieterinnen und Mieter, die sich die hohen Strompreise nicht leisten können, das Recht auf die Installation einer solchen Anlage und damit eine günstige Grundversorgung bekommen“, sagt Bloss.
Vermieter können Balkon-Anlage schon jetzt nicht mehr verbieten
Vorneweg: Deutschland unterstützt das Mini-Kraftwerk für den Privathaushalt. Tatsächlich können in der Bundesrepublik Vermieter oder Miteigentümer eine Installation schon jetzt nicht mehr verbieten, anders als in Polen, Kroatien, Slowenien oder Ungarn, wo es untersagt ist, einfach ins Netz einzuspeisen oder aber die Hausbesitzer das letzte Wort bei der Entscheidung haben. Die deutsche Bundesregierung kündigte im Mai einen Gesetzentwurf an, laut dem der Weg für den Betrieb über haushaltsübliche „Schutzkontakt-Stecker“ frei gemacht werden soll. Darüber hinaus sollen künftig bis zu 800 Watt Leistung erlaubt sein, die Anmeldung will die Ampel ebenfalls einfacher gestalten. So müssten sich die Verbraucher lediglich registrieren anstatt eine Genehmigung vom Netzanbieter einzuholen.
Die EU könnte aber noch weiter gehen. So sollen laut Entwurf die Stromversorger nur den Nettokonsum in Rechnung stellen können. Das heißt: Wenn Verbraucher ihren Fernseher laufen oder das Licht an haben, kommt der Strom aus dem Stecker-Solargerät, das entweder im Garten steht oder am Fenster hängt. Sind sie nicht zu Hause oder verbrauchen wenig Energie, wird der Strom ins Netz eingespeist, der Zähler dreht sich dementsprechend rückwärts.
Verbraucher könnten buchstäblich beim Geldsparen zuschauen. Es sollten mehr Leute profitieren als jene Menschen, die ein Haus besitzen oder die für eine Solaranlage benötigte Fläche zur Verfügung haben, sagt Bloss. „Die Bürger müssen die treibende Kraft der Energiewende werden.“