Deutsche BankKeine Standortgarantie für die Postbank in Bonn
- Ab Ende 2021 sollen Postbank-Beschäftigten an den Bundeskanzlerplatz ziehen.
- Doch nun gibt es Befürchtungen, dass die Büroflächen, die für rund 3000 Postbank-Beschäftigte vorgehalten werden, überdimensioniert sind.
- Nun steht der Umzug aus Kostengründen möglicherweise vor dem Aus.
Bonn – An einer von Bonns feinsten Adressen drehen sich derzeit noch die Baukräne, sieben Stück an der Zahl, mehr können Passanten vor dem Bauzaun vom künftigen „Neuen Kanzlerplatz“ nicht sehen. In der zwölf Meter tiefen Baugrube laufen die Betonagearbeiten für die Tiefgaragen, aber man kommt schnell voran: Erst am 14. Juni feierte der Projektentwickler Art-Invest Real Estate die Grundsteinlegung. Mit dabei: Vertreter der Postbank.
Der Grund für ihre Anwesenheit: Die Postbank ist der größte Mieter des dreiteiligen Gebäudekomplexes, der bis 2022 fertig werden soll. Ab Ende 2021 sollen die Beschäftigten von ihren neun Standorten in Bonn, die sich in der Kennedyallee und der Friedrich-Ebert-Allee konzentrieren, sukzessive an den Bundeskanzlerplatz ziehen.
Überdimensioniertes Büroflächen
Doch nun gibt es Befürchtungen, dass die Büroflächen, die für rund 3000 Postbank-Beschäftigte vorgehalten werden, überdimensioniert sind. Das Magazin „Der Spiegel“ berichtete am Freitag, der Umzug stehe aus Kostengründen vor dem Aus.
Beim Projektentwickler Art-Invest Real Estate stieß die Nachricht auf Verwunderung. Geschäftsführer Arne Hilbert erklärte auf Anfrage: „Uns liegen diesbezüglich keinerlei Informationen vor, sodass wir ungern darüber spekulieren möchten.“ Die Postbank habe einen „langfristigen Mietvertrag“ abgeschlossen. „Daher gehen wir zum jetzigen Zeitpunkt fest davon aus, dass die Postbank diesen auch erfüllen wird und die Räumlichkeiten am Neuen Kanzlerplatz beziehen wird“, teilte Hilbert mit.
Wechselbad der Gefühle für Mitarbeiter
Vertragsbrüchig wolle man natürlich nicht werden, ließ Christoph Blumenthal, Pressesprecher der Deutschen Bank in Frankfurt, wissen. Bindende Verträge müssten erfüllt werden. Inzwischen hat der Projektentwickler die Immobilie inklusive der Mietverträge an Union Investment verkauft, die Investmentgesellschaft der DZ Bank. Auf die Frage, ob die Deutsche Bank eine Ausstiegsklausel in den Vertrag eingebaut habe oder schon über alternative Mieter verhandele, erklärte ein Union-Investment-Sprecher am Freitag: „Wie Art-Invest Real Estate gehen auch wir davon aus, dass die abgeschlossenen Mietverträge eingehalten werden und die DB Privat- und Firmenkundenbank AG in die Gebäude einziehen wird.“
Laut Art-Invest sind etwa 80 Prozent der gut 60 000 Quadratmeter großen Nutzfläche in dem Büroquartier inzwischen vermietet. Zweiter großer Nutzer wird „Design Offices“ sein, ein Unternehmen, das selbst Büro- und Konferenzflächen für Dritte anbietet. Markanter Punkt in der Bonner Silhouette soll der 101 Meter hohe Hochhausturm mit seinen 28 Stockwerken werden.
Ein Wechselbad der Gefühle erleben die Mitarbeiter der Postbank seit ihrem Kauf durch die Deutsche Bank. Mit der Integration in die größte deutsche Bank im Mai 2018 bestehen sie nur noch als Marke „Postbank“. Unter dem früheren Postbank-Chef Frank Strauß war das Konzept „Bank in der Bank“ entwickelt worden, das aber mit dessen Weggang im Juli hinfällig wurde. Seit 1. August nun ist Deutsche-Bank-Privatkundenchef Manfred Knof auch für den Integrationsprozess zuständig. Sollte der als harter Sanierer bekannte Manager innerhalb von drei Wochen bereits den Stab über den Postbank-Standort Bonn gebrochen haben?
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„Ich kann keine Standortgarantien geben“, räumte Deutsche-Bank-Sprecher Blumenthal am Freitag ein. Allerdings beträfen die Standortüberprüfungen nicht nur Bonn, sondern sämtliche Immobilien der Bank, deutschland- und weltweit. Hinsichtlich der Bundesstadt gelte: „Bonn ist und bleibt ein starker Standort.“ Das habe auch damit zu tun, dass die Postbank eine „superstarke Marke“ sei, sagte Blumenthal.
Letztlich teilen die Postbank-Mitarbeiter das Schicksal aller Beschäftigten von Kreditinstituten: die Digitalisierung verändert ihre Arbeitsplätze in rasantem Tempo. „Als Branche fühlen wir uns ein bisschen wie die Steinkohlebranche in den 80er Jahren: Jeder Arbeitsplatz, der verloren geht, wird nicht wiederkommen“, berichtet ein Postbank-Mitarbeiter. Viele Prozesse werden automatisiert.
Vor diesem Hintergrund sind 28 Monate eine enorm lange Zeit: So lange etwa soll es noch dauern, bis die neuen Räume am „Neuen Kanzlerplatz“ bezogen werden. „Wir werden voraussichtlich mit viel weniger Leuten dahin ziehen, als wir noch im vorigen Jahr gedacht haben“, sagte dieser Mitarbeiter.
Sorgenkind Postbank
Die Postbank war lange Jahre Spielball der Deutschen Bank. Im September 2008 hatte die Deutsche Bank einen Einstieg bei der gelben Bank angekündigt, damals war auch die spanische Bank Santander an der Postbank interessiert. In verschiedenen Schritten übernahm die Deutsche Bank, damals noch unter ihrem Chef Josef Ackermann, knapp 30 Prozent der Anteile, bis zum November des Folgejahres hatte sie schon die Mehrheit erworben und baute ihren Anteilsbestand weiter aus, bis schließlich am 30. März 2012 der Abschluss eines Beherrschungs- und Abführungsvertrags zwischen der Deutsche Postbank AG und der Deutschen Bank, genauer: der DB Finanz-Holding GmbH abgeschlossen wurde.
Zunächst hatten sich Analysten noch verwundert gezeigt, warum die Deutsche Bank an der Postbank interessiert sein könnte, weil die beiden Häuser ganz unterschiedliche Kundengruppen mit unterschiedlichen Produkten bedienten – die eher einfachen Angebote gab es bei der Postbank, die meist vermögenderen Kunden der Deutschen Bank wünschten ein komplexeres Angebot– mit dementsprechend unterschiedlichen Produkten. Doch schon bald zeigte sich: Die Mutter in Frankfurt war vor allem an den Einlagen der Postbank interessiert, die ihr die Eigenkapitalunterlegung im eigenen Haus erleichtern sollte. Doch diese Hoffnung trog: denn im Umfeld niedriger Zinsen – die damals noch längst nicht das heutige Niveau erreicht hatten – sank das Ertragsniveau der Postbank. Zum anderen zeigte sich, dass die Deutsche Bank die Einlagen der Postbank nur noch zu zehn Prozent zur eigenen Finanzierung heranziehen durfte.
Das Spiel der Deutschen Bank ging also nicht auf. So stellte das Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Postbank im Frühjahr 2015 zum Verkauf – über einen Börsengang beziehunsgweise die Suche nach einem Käufer. Doch die Preisvorstellungen der Deutschen Bank waren zu hoch. Und so folgte vor zwei Jahren die Kehrtwende. Der Verkauf der gelben Bank wurde abgeblasen, die Bank entschied sich in einem weiteren Strategiewechsel unter inzwischen John Cryan, das Privat- und Firmenkundengeschäft auszubauen. Das geschah unter der Ägide von Christian Sewing. Zum 25. Mai 2018 wurde diese Verschmelzung dann endgültig vollzogen.
Diese Eingliederung der Postbank sei eine der größten Bankenfusionen der letzten Jahre, sagt Sewing gern. Zur Hauptversammlung im Mai berichtete er – da war er schon seit gut einem Jahr Vorstandschef der Deutschen Bank – von 900 Millionen Euro jährlichen Synergien, die diese Integration der beiden Banken zur „Privat- und Firmenkundenbank“ bringen soll: „Hier müssen wir noch schneller werden“, mahnte er damals.
Diese Umstrukturierung wird nun tatsächlich mit voller Kraft vorangetrieben. Das geht nicht ohne Stellenabbau: 750 Stellen sollen in den Zentralen von Deutscher Bank und Postbank bis Ende 2020 gestrichen werden. Einzelheiten dazu sind jedoch noch nicht bekannt