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Darf Gewerkschaft Tarifverträge schließen?Bahn legt GDL neues Angebot vor – Lokführer-Streik droht noch

Lesezeit 5 Minuten
Das DB-Logo an einem ICE im Erfurter Hauptbahnhof während des bundesweiten Warnstreiks bei der Deutschen Bahn.

Die Lokführergewerkschaft GDL plant nächste Woche einen Streik bei der Deutschen Bahn.

Bis zu fünf Tage lang könnten ab kommender Woche Züge still stehen. Die Bahn hat der GDL aber ein neues Angebot unterbreitet – alle Infos.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hält weiter an ihren Streik-Drohungen fest. Im Tarif-Streit mit der Deutschen Bahn (DB) kann es bereits ab Montag, 8. Januar, zu Streiks mit Zugausfällen und -verspätungen im Bahn-Verkehr kommen. Ein GDL-Sprecher bekräftigte am Dienstag (2. Januar) den drohenden Arbeitskampf gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, er betonte aber auch, dass es noch kein konkretes Streik-Datum gibt.

Die Bahn hat sich ihrerseits am Freitag, 5. Januar, auf die Lokführer zu bewegt. Zuvor hatte das Verkehrsunternehmen allerdings eine Klage gegen die GDL eingereicht. Darin zweifelt die Bahn an, dass die Gewerkschaft überhaupt Tarifverträge abschließen darf.

Ein Überblick zum Tarif-Streit, der Bahn-Klage und was Bahn-Reisende wissen sollten.

Streik im Bahnverkehr: GDL droht mit bis zu fünf Tagen Stillstand auf Schienen

Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn kam es bereits zu mehreren Warnstreiks der Lokführer-Gewerkschaft, etwa Anfang Dezember, die auch in Köln und Region im Bahnverkehr spürbar waren. Weil eine Einigung mit dem größten deutschen Verkehrsunternehmen noch immer nicht erzielt wurde, hatten die GDL-Mitglieder in einer Urabstimmung für weitere und auch intensivere Streiks gestimmt. 97 Prozent der GDL-Mitglieder sprachen sich für eine Ausweitung des Arbeitskampfs aus.

Auch GDL-Chef Claus Weselsky hatte betont, dass es nun im neuen Jahr zu „intensiveren“ Streiks kommen kann und höchstwahrscheinlich auch wird. Weselsky schaltete auch zur Urabstimmung in den Angriffsmodus: „Sie fahren das Eisenbahnsystem an die Wand, gönnen sich trotz erwiesener Unfähigkeit satte Boni und haben im gleichen Atemzug die Stirn, den Beschäftigten die dringend nötigen Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen und weitere erforderliche Veränderungen vorzuenthalten“, wird Weselsky in einem Statement zur Streik-Urabstimmung zitiert.

„Über neue Streiks werden wir in angemessenem zeitlichen Rahmen informieren“, kommentierte der GDL-Sprecher die Lage nun am Dienstag. Als ausgemachtes Datum, ab wann Streiks möglich sind und sich Bahn-Reisende darauf einstellen sollten, gilt der Montag, 8. Januar. Die neuen intensiveren Streiks können laut GDL bis zu fünf Tage andauern. Ein konkretes Streikdatum und die Dauer des Arbeitskampfes sind noch offen.

Deutsche Bahn bietet GDL mehr flexible Arbeitszeitmodelle an

Wie am Freitag, 5. Januar, bekannt wurde, hat sich die Bahn wohl auf eine die Lokführer zubewegt und bietet bei einem Kernstreitpunkt neue Modelle an. Die GDL fordert kürzere Arbeitszeiten für Schichtarbeitende von bis zu 35 Stunden pro Woche.

Laut Bahn-Personalvorstand Martin Seiler will die Bahn nun flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten: „Wir wollen jetzt über zusätzliche Wahlmodelle für Schichtarbeiter verhandeln“, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). „Die können dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten - oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria.“

Martin Seiler, DB-Personalvorstand, gibt vor der Verhandlungsrunde zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ein Statement ab. (Archivbild)

Martin Seiler, DB-Personalvorstand, gibt vor der Verhandlungsrunde zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ein Statement ab. (Archivbild)

Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheidet, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen. „Das ist heute schon so, wenn sich die Mitarbeitenden für zusätzlichen Urlaub entscheiden“, sagte Seiler. Bislang hatte die Bahn kürzere Arbeitszeiten auch aufgrund von Personalmangel zurückgewiesen, der ohnehin schon zu Verspätungen und Ausfällen im Zugverkehr geführt hatte.

Leiharbeitsfirma: Deutsche Bahn geht gerichtlich gegen GDL vor

Mitten im laufenden Tarifstreit mit der GDL geht die Deutsche Bahn nun auch juristisch gegen die Lokführer-Gewerkschaft vor: Wie am Dienstag, 2. Januar, bekannt wurde, hat die DB rechtliche Schritte eingeleitet. Im Fokus steht dabei die von GDL-Mitgliedern gegründete Genossenschaft Fair Train, die wohl als eine Art Leiharbeitsfirma fungiert. Die GDL hatte diese im September ins Leben gerufen, heuert Lokführerinnen und Lokführer an und will diese „im gesamten Bundesgebiet“ an „namhafte Kunden“ vermitteln.

Mit Fair Train soll die GDL einen Tarifvertrag erstellt haben. Die Bahn wittert dabei „personelle Verflechtungen und schwere Interessenkonflikte“, heißt es gegenüber „Bild“, die am Dienstag von dem Rechtsstreit zuerst berichtet hatte. Laut Bahn trete die GDL sowohl als Arbeitgeber als auch Gewerkschaft auf.

Tarifstreit: Gericht will über Bahn-Antrag gegen GDL entscheiden

Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger teilte die GDL am Mittwoch, 3. Januar, mit, dass es kein Statement der Gewerkschaft zum rechtlichen Vorgehen der Bahn geben wird: „Zu der Klage äußern wir uns nicht, da sie uns weder vorliegt noch wir ihren konkreten Inhalt kennen“, so ein GDL-Sprecher.

Das Hessische Landesarbeitsgericht bestätigte am Mittwoch, dass es über die Frage entscheiden will, ob die Lokführergewerkschaft überhaupt Tarifverträge abschließen darf. Es bestätigte den Eingang der entsprechenden Unterlagen. Das Landesarbeitsgericht nannte zunächst keinen Zeitraum oder Termin für eine öffentliche Verhandlung. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass es sich nicht um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz handele. Hier wird in der Regel eine einstweilige Verfügung angestrebt, die auch einen Streik unterbinden könnte, wie ihn die GDL nach dem 7. Januar plant.

Deutsche Bahn und Lokführer-Gewerkschaft streiten über Arbeitszeit

Als wesentlicher Streitpunkt mit der Deutschen Bahn gilt eine GDL-Forderung nach kürzerer Arbeitszeit. Ob sich die Lokführer-Gewerkschaft auf das neue Angebot der Bahn einlässt und das Verkehrsunternehmen den drohenden Streik abgewendet hat, ist am Freitag (5. Januar) noch unklar.

Die Forderungen der GDL in Kürze:

  1. 555 Euro allgemeine Entgelterhöhung sowie eine entsprechend deutliche Entgelterhöhung für Azubis und Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent
  2. Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung
  3. Steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro, unabhängig ob Teilzeit- oder Vollzeitarbeitnehmer
  4. Fünf Prozent Arbeitgeberanteil für die betriebliche Altersvorsorge
  5. Einführung der Fünf-Schichten-Woche für Arbeitnehmer im Schichtdienst

GDL-Chef Weselsky spielte in der Vergangenheit den Ball der Deutschen Bahn zu, er betonte mehrfach, dass ein Streik immer abgewendet werden könne. Doch in den Verhandlungen seit Anfang November ist es bislang nicht zu einer Einigung zwischen GDL und DB gekommen. Nach zwei Gesprächsrunden wurden die Tarifverhandlungen für zunächst gescheitert erklärt.

Bei vorigen Tarifrunden waren mehrtägige Streiks keine Seltenheit. Der bisher längste GDL-Streik bei der Bahn fand mit 127 Stunden (5 Tage plus 7 Stunden) im Personenverkehr und 138 Streikstunden (5 Tage plus 18 Stunden) im Güterverkehr im Mai 2015 statt. 2021 streikte die GDL für etwa fünf Tage. (mit dpa/afp)