AboAbonnieren

Leverkusener KonzernSo viele Stellen hat Bayer seit Jahresbeginn gestrichen

Lesezeit 4 Minuten
Das Bayer-Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen.

Das Bayer-Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen.

Bayers Geschäftszahlen zeigen Licht und Schatten: Starke Umsatzzahlen treffen auf belastende rechtliche Konflikte. Der Konzernumbau schreitet indessen weiter voran.

Im Tagesgeschäft von Bayer gibt es Licht und Schatten. Der Leverkusener Agrarchemie- und Pharmakonzern kommt allerdings beim Konzernumbau voran, wie Unternehmenschef Bill Anderson bei der Vorlage des Zahlenwerks für das zweite Quartal darlegte. Seit Jahresbeginn wurden 3200 Stellen gestrichen, davon 1700 im zweiten Quartal. Anderson sieht auch Fortschritte bei der Entwicklung von neuen Medikamenten oder von Saatgut. „Wir sehen ein Unternehmen, das ganz auf die Bewältigung der größten Herausforderungen und gleichzeitig die Nutzung zukünftiger Chancen fokussiert ist“, beschreibt der seit einem Jahr amtierende Bayer-Chef die Aufgabe.

Das Geschäftsergebnis

Der Umsatz stieg im zweiten Quartal des laufenden Jahres bereinigt um Währungsschwankungen sowie Zu- und Verkäufe um 3,1 Prozent auf 11,14 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Ebitda) vor Sondereinflüssen verringerte sich um 16,5 Prozent auf 2,11 Milliarden, so Anderson. Umsatz und Ergebnis waren durch negative Währungseffekte belastet. Für den Ergebnisrückgang sorgte auch der geringere Absatz von margenstarken Produkten.

Unter dem Strich verbesserte sich das Konzernergebnis auf minus 34 Millionen nach minus 1,89 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Damals hatte Bayer wegen eines schleppenden Glyphosat-Geschäfts eine Milliardenabschreibung vorgenommen.

Im ersten Halbjahr erreichte der Umsatz 24,91 (Vorjahreszeitraum: 25.433) Milliarden, das operativer Ergebnis sank um 6,8 Prozent auf 6,52 Milliarden, das Konzernergebnis stieg auf 1,97 (0,29) Milliarden.

Die Sparten

Im Agrargeschäft (Crop Science) stieg der Umsatz im zweiten Quartal um 1,1 Prozent auf 4,98 Milliarden Euro. Gefragt waren laut Anderson Glyphosat-haltige Mittel oder Sojabohnensaatgut. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen sank um 27,7 Prozent auf 524 Millionen.

Der Umsatz mit rezeptpflichtigen Medikamenten (Pharmaceuticals) stieg um 4,5 Prozent auf 4,61 Milliarden. Besondere Zuwächse erzielten das neue Krebsmittel Nubeqa, das Nierenmittel Kerendia sowie das Augenmedikament Eylea. Der Blutgerinnungshemmer Xarelto bleibt zwar der größte Umsatzbringer in der Sparte, seine Erlöse fielen wegen wachsenden Konkurrenzdrucks durch Generika allerdings. Das Ebitda vor Sondereinflüssen sank wegen eines schlechteren Produktmix und negativen Währungseinflüssen um 4,1 Prozent auf 1,32 Milliarden.

Bei den rezeptfreien Mitteln (Consumer Health) legte der Umsatz um 5,3 Prozent auf 1,46 Milliarden zu. Besonders stark wuchs infolge einer verbesserten Liefersituation der Bereich Magen-Darm-Gesundheit. Dazu trug die Markteinführung des Produkts in den USA bei. Aufwendungen für diese Markteinführung dämpften aber das operative Ergebnis der Sparte. Es sank im zweiten Quartal um 6,3 Prozent auf 314 Millionen.

Die Rechtsrisiken

Weiter belastet wird Bayer von den Milliardenkosten für rechtliche Auseinandersetzungen, die sich der Konzern mit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto im Jahre 2018 ins Haus geholt hatte. Zum einen geht es den Glyphosat-haltigen Unkrautvernichter Roundup, den in den USA zahlreiche Kläger für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen. Anderson verwies auf eine für Bayer günstige Gerichtsentscheidung in Australien sowie auf eine eines US-Gerichts in Philadelphia. Außerdem setzt Bayer auf die Öffentlichkeit und dabei insbesondere auf die Landwirte. Der Konzern hofft auf Gesetzesänderungen. Auch das Thema PCB ist noch nicht erledigt. Noch neun Kommunen klagen wegen angeblicher Umweltschäden durch das Mittel. „Jeder Fall ist anders gelagert. Wenn wir uns aber vergleichen sollten, dann erwarten wir geringere Beträge“, so Anderson. Diese Rechtsstreitigkeiten belasten seit Jahren den Bayer-Kurs. Wegen der Kosten dafür und um Schulden abzubauen, hatte Bayer Anfang des Jahres angekündigt, für drei nur noch das gesetzlich geforderte Minimum an Dividende auszuschütten.

Der Umbau

Beim Konzernumbau kommt Bayer laut Anderson voran, sogar schneller als er erwartet habe. 900 Teams arbeiteten an den wichtigsten Aufgaben. Bei der neuen Management-Methode DSO entfallen Hierarchieebenen, die Teams bekommen mehr Entscheidungsspielraum. Dadurch entfallen auch Stellen, seit Jahresbeginn insgesamt 3200, vor allem in der Verwaltung. 1700 Stellen davon fielen im zweiten Quartal weg. Wie viele Deutschland entfallen, sagte Bayer nicht. Und auch nicht, wie viele Stellen noch wegfallen. Ende Juni hatte Bayer noch 96 567 Mitarbeitende. Für das laufende Jahr peilt Bayer dadurch nachhaltige Kosteneinsparungen von 500 Millionen an und zwei Milliarden im Jahr 2026.

Der Ausblick

Für das Gesamtjahr peilt Anderson weiterhin einen um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn von 10,2 bis 10,8 Milliarden an. Auf Basis konstanter Wechselkurs stehen 10,7 bis 11,3 Milliarden operatives Ergebnis im Plan. Beim angestrebten Umsatz und Ergebnis werde das Agrargeschäft wohl im unteren Bereich der Prognose landen, die Pharmasparte aber besser abschneiden.

Mittelfristig setzt Anderson auf neue Medikamente und Produkte der Agrarsparte. Im kommenden Jahr sollen etwa ein neues Mittel gegen Beschwerden in den Wechseljahren sowie ein Herzmittel, eingeführt werden, für das Bayer die exklusiven Vermarktungsrechte in Europa hat. Bei Medikamenten, die bereits auf dem Markt sind, sollen die Anwendungsgebiete erweitert werden. In der Agrarsparte wird die Markteinführung eines Kurzhalmmais fortgeführt. Der ist weniger anfällig bei Sturm.