WhatsApp-Nutzer aufgepasst: Ein Kettenbrief, der derzeit auf dem Messenger kursiert, könnte eine Abmahnung zur Folge haben. Herumgeschickt wird ein Bild mit einer brennenden Kerze, und dazu folgende Nachricht (mit Original-Tippfehlern): „Bitte ersetze dein Profilbild durch diese Kerze der Hoffnung für 24 Std. Lass uns ein Zeichen aus Solidarität der krebskranken Menschen setzen. Nimm dir nur eine Minute Zeit & danke Gott dass du Gesund bist! Schicke die Kerzen an alle deine Freunde weiter, von denen du denkst, sie haben ein Herz. Morgen sehen wir, wie viele Kerzen wir anzünden konnten…“
Kerzenbild ist urheberrechtlich geschützt
„Wer dieser Aufforderung nachkommt und das Kerzenbild als Profilbild nutzt, setzt sich der Gefahr einer Abmahnung aus, denn das Bild ist urheberrechtlich geschützt“, warnt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke.
Der Absender des Kettenbriefs soll das Foto Gerüchten zufolge absichtlich verschickt haben, um hinterher über eine bildrechtliche Abmahnung von unzähligen WhatsApp-Nutzern Schadenersatz zu fordern. „Ob dieses Gerücht stimmt, wissen wir nicht. Fest steht, dass jedes Bild urheberrechtlich geschützt ist - und die Gefahr einer Abmahnung bei der Nutzung eines fremden Bildes grundsätzlich besteht“, so Rechtsanwalt Solmecke.
Kinder und Jugendliche als beliebte Opfer
Nicht wenige Nutzer sind zu Recht empört. Gerade Kinder und Jugendliche sind bei Kettenbriefen nicht unbedingt misstrauisch und machen entsprechend mit. Die Frage, die sich unweigerlich stellt, ist, ob die Abmahnungen - gesetzt den Fall sie wurden bewusst „inszeniert“ -, überhaupt rechtmäßig sind und ob die Nutzer im Falle einer Abmahnung am Ende tatsächlich Schadensersatz zahlen müssen.
Abmahnung durch Absender rechtsmissbräuchlich
„Diese Abmahnungen sind, wenn sie hinterher vom Absender verschickt werden, unter jedem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich“, sagt Solmecke. Wer als Urheber ein Bild in Kettenbriefen zum Weiterverbreiten verschicke, erteile dadurch eine Lizenz für die Nutzung des Bildes zum beschriebenen Zweck.
Sollte der ursprüngliche Kettenbrief-Absender das Bild selbst urheberrechtswidrig genutzt haben, hat der eigentliche Urheber jedoch das Recht die urheberrechtswidrige Nutzung seines Bildes abzumahnen. Allerdings wäre hier zweifelhaft, ob durch das Einsetzen des Kerzenbildes als Profilbild überhaupt eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des Urheberrechts besteht.
Wer Fotos seines Stars auf die Pinnwand stellt, ohne dafür die Erlaubnis zu besitzen, kann abgemahnt werden – vom Fotografen, vom Management des Stars und vom Star selbst.
Besonders beliebt auf Facebook ist das Veröffentlichen lustiger Fun-Bilder. Aber auch sie stammen von einem Fotografen, der die Bildrechte hält. Eine Abmahnung kann hier wegen der Verwendung des Bildes erfolgen, zusätzlich aber auch, weil der Name des Fotografen nicht genannt wurde.
Wer ein YouTube-Video in die eigene Seite einbindet, haftet für die Inhalte. Verletzt das Video Rechte, kann der Facebook-Anwender ebenfalls belangt werden. Bei Musikstücken können auch GEMA-Gebühren fällig werden.
Aufnahmen von der eigenen Schülerband können ebenfalls kritisch sein, wenn bekannte Stücke nachgespielt werden und damit eigentlich Lizenzgebühren für die Komponisten, die Interpreten und die Plattenfirma anfallen würden.
Es herrscht immer noch das Recht am eigenen Bild vor. Wer demnach ungefragt Menschen fotografiert und diese Bilder auf Facebook veröffentlicht, kann auf Unterlassung abgemahnt werden.
Viele Facebook-Anwender veröffentlichen gern weise, lustige oder zeitgenössische Zitate berühmter Personen, posten Gedichte oder kleben Songtexte auf die Pinnwand. Auch hier gilt: Solange die Urheber nicht schon 70 Jahre lang tot sind, gibt es ein Urheberrecht, das an dieser Stelle greift. Auch bei diesen Veröffentlichungen kann es also zu hohen Geldforderungen kommen.
Immer wieder gilt es als chic, das eigene Facebook-Profilfoto auszutauschen – etwa gegen eine Comicfigur oder das Bild eines Promis. Die Verwendung geschützter Bilder kann hier umgehend eine Abmahnlawine auslösen. Dabei ist es völlig egal, wie groß das Bild eigentlich ist.
Schließlich ist das Profilbild bei WhatsApp nur für diejenigen sichtbar, die die entsprechende Mobilfunknummer kennen. Hier kommt es für eine Bewertung des Falles auf die Größe dieses Personenkreises an. Auch beim Teilen eines Bildes auf Facebook kann man ab einem großen Freundeskreis von einer „öffentlichen Zugänglichmachung“ ausgehen.
Vor Übernahme fremder Bilder die Rechte klären
Wer von vornherein Ärger vermeiden möchte, sollte sich immer bewusst machen, dass Bilder grundsätzlich urheberrechtlich geschützt sind. Eine Nutzung des Bildes ist nur mit Einwilligung des Urhebers rechtmäßig. „Auf der sicheren Seite ist immer derjenige, der selbst seine Profilbilder oder Ähnliches anfertigt oder eine entsprechende Lizenz für die Nutzung erwirbt“, erklärt der Anwalt.
Die unbedachte Verwendung fremder Fotos hat häufig teure rechtliche Konsequenzen. Klar ist aber auch, dass WhatsApp-User für den Urheber nur schwer zurückverfolgt werden können. Dieser müsste schon tausende Telefonnummern durchtesten, um die entsprechenden Urheberrechtsverletzungen ausfindig zu machen. „Profi-Abmahner“ werden sich daher wohl eher weiterhin auf Facebook konzentrieren. (gs)