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Coworking statt KuhstallWipperfürther Projekt hofft auf EU-Förderung

Lesezeit 4 Minuten

Mit dem Laptop vor dem Stall. Noch ist der Arbeitsplatz auf dem Gut Kremershof improvisiert, doch das soll sich nach Willen von Rahel Kremershof, Mona Beckmanns, Lucas Danischund Thorsten Kremershof (von links) bald ändern.

Wipperfürth – Mitten im Grünen, auf Gut Kremershof in Heid, soll noch dieses Jahr ein Platz für „digitale Nomaden“ entstehen. So nennen sich Menschen, die ortsunabhängig arbeiten, ohne festen Schreibtisch, aber immer online. Coworking-Space nennt sich so ein Platz, der mobiles Arbeiten ermöglicht und einen Ort der Begegnung und Zusammenarbeit schaffen soll – zumindest, wenn es die Infektionslage wieder zulässt. In Großstädten ist dieses Modell schon weit verbreitet. Die Idee, ein solches Konzept auch auf einem Bauernhof umzusetzen, hatten nun Mona Beckmanns und Lucas Danisch.

Hofworking als Konzept

Die studierte Kommunikationsdesignerin und Sozialwissenschaftlerin und der Wirtschaftsingenieur sind beide in einem Netzwerk aktiv, das es sich zum Ziel gemacht hat, das Stadt- und Landleben miteinander zu verbinden. „Letztes Jahr sind wir durch Zufall auf eine Kleinanzeige der Familie Kremershof gestoßen“, erinnert sich Beckmanns. Darin war zu lesen, dass die Landwirte ihren Milchviehbetrieb in Heid gerne zurückfahren möchten und ihren Hof stattdessen durch kreative Ideen nachhaltiger und zukunftsfähiger gestalten möchten.

Mit dem Laptop zur Zucchini-Ernte

Bereits in der Vergangenheit arbeitete Beckmanns an ähnlichen Projekten mit. „Nach einigen Gesprächen mit den Hofbetreibern, bei denen wir gemeinsam Ideen sammelten und diskutierten, haben wir ein Konzept zum Hofworking erarbeitet“, erklärt die 30-Jährige. Geplant sind unter anderem sogenannte Tiny-Spaces – also kleine Räume. Dabei handelt es sich um Raumcontainer, die mit mobilem Internet und allem, was man zur Arbeit benötigt, zu mobilen und flexiblen Büros werden. Sie können überall auf dem Hofgelände platziert werden und bei Bedarf auch an andere Stellen im Umkreis gebracht werden.

Hofworking und Leader-Programm

Hofworking auf Gut Kremershof: Informationen zu dem Projekt finden Interessierte auf der Website des Hofs. Sobald es die Corona-Schutzmaßnahmen wieder zulassen, soll es jeden Samstag einen Mitmachtag geben.

Leader-Regionalbudget:

Anfang Februar startete die Bewerbungsphase für das neue Leader-Regionalbudget, an dem auch Projekte aus der Stadt Wipperfürth teilnehmen können. Das Ziel: Das Förderprogramm soll kleinere Maßnahmen der Regionalentwicklung, die eine Gesamtsumme von 20 000 Euro nicht überschreiten, mit einer Förderquote von 80 Prozent unterstützen. Weitere Informationen und die Bewerbungsunterlagen gibt es auf der Website.

Auch ein multifunktionales Gewächshaus soll es auf dem Kremershof zukünftig geben. „Sozusagen ein Wechselspiel zwischen Laptop-Arbeit und Zucchini-Ernte“, erklärt Beckmanns. Hier können beispielsweise Workshops und Seminare abgehalten werden.

Initiatoren hoffen auf Leader-Förderprogramm

Vor allem für Städter, die das Arbeiten mit einem Ausflug ins Grüne verbinden möchten, sei das Hofworking ein optimales Umfeld. Damit diese auch länger als einen Tag bleiben können, soll es einen „Bulli-Hafen“ geben, also einen Parkplatz für Campingfahrzeuge: „Es soll ein lebendiger Begegnungsort werden, an dem Menschen nach der Arbeit am Laptop ins Gespräch kommen und etwas über nachhaltige Landwirtschaft lernen.“

Bei der Finanzierung hoffen die Initiatoren auf die Förderung von „Leader Bergisches Wasserland“. Am 31. Januar endete dort die elfte und vorerst letzte Bewerbungsrunde des Europäischen Förderprogramms zur ländlichen Entwicklung für die acht Mitgliedskommunen Wipperfürth, Kürten, Burscheid, Radevormwald, Marienheide, Odenthal, Wermelskirchen und Hückeswagen.

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Das Hofworking ist eines von drei Projekten, das sich um Fördermittel beworben hat. Würden alle drei Bewerber gefördert, wäre das bereitstehende Budget von insgesamt 2,5 Mio Euro, mit dem seit 2014 Projekte in der Region unterstützt werden, vollständig ausgeschöpft. „Anhand einer Auswahlmatrix mit den Zielen unseres Vereins wird im März entschieden, welche Projekte gefördert werden“, erklärt Martin Deubel, Regionalmanager bei Leader Bergisches Wasserland.

Umbau des Hofs soll rund 75 000 Euro kosten

Zurzeit schätzen Beckmanns und Danisch die Kosten zur Umsetzung des Hofworking-Projekts auf rund 75 000 Euro. Bekommen sie eine Zusage von Leader, würde der Verein 65 Prozent der Kosten übernehmen. „Um unser Projekt aber auch langfristig finanzierbar, zukunftsfähig und nachhaltig zu machen, werden wir eine gemeinnützige Genossenschaft gründen“, erklärt Beckmanns.

Der Kremershof soll zu einer solidarischen Landwirtschaft (Solawi) werden. Das bedeutet, dass mehrere private Haushalte die Kosten für den Betrieb tragen und im Gegenzug einen Teil des Ernteertrags erhalten. „Wir freuen uns über jeden, der Teil unseres Projekts werden möchte“, so die 30-Jährige.