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Prozess in WipperfürthCorona-Leugnerin verlässt vor Urteil wutentbrannt das Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Amtsgericht Wipperfürth

Das Amtsgericht in Wipperfürth 

Wipperfürth/Lindlar – Mitten während der Hauptverhandlung hat eine Angeklagte aus Lindlar das Amtsgericht in Wipperfürth verlassen. Die 56-Jährige knallte ein Buch mit dem Titel „Corona und andere Verbrechen“ auf den Richtertisch und forderte den Vorsitzenden auf, ihre Verhandlungsfähigkeit durch einen Arzt attestieren zu lassen. Dann verschwand sie.

Weil die Vernehmung der Frau zu diesem Zeitpunkt bereits gelaufen war, entschied das Gericht, den Prozess ohne die Angeklagte fortzusetzen. Bereits im Januar hätte die Hauptverhandlung stattfinden sollen, damals erschien die Frau jedoch nicht. Diesmal beendete das Strafgericht die Angelegenheit mit einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro.

Lindlarerin landet wegen Video von Corona-Demo vor Gericht

Im jüngsten Termin hatte die Frau vor ihrem Abgang mehrfach erklärt, nicht verhandlungsfähig zu sein. Der Vorsitzende Richter konterte, wer ellenlange Abhandlungen für das Internet verfasse, werde auch einer mündlichen Verhandlung „von überschaubarer Dauer“ folgen können.

Der Online-Auftritt der Lindlarerin war auch der Grund für die öffentliche Anklage durch die Staatsanwaltschaft – genauer: Der Account bei einer Videoplattform, den die Ermittler der 56-Jährigen zuordnen. Über ihn lud die Frau laut Anklage am 10. Mai 2020 einen 30-minütigen Zusammenschnitt hoch, der den Titel „Gelöschte Videos: heftige Szenen & Polizeigewalt / Corona Demo Grundgesetz“ trug und in der Folgezeit rund 123.000 Mal angeklickt wurde.

Im Vorspann ist die Lindlarerin zu sehen, die zunächst kritisiert, dass der „öffentlich-rechtliche Rundfunk“ nicht über „die zahlreichen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen weltweit“ berichte, und sodann Belege für „Ausschreitungen“ bei diesen Demonstrationen ankündigt.

Mehrere Polizisten stellen Strafanzeige

Eine der folgenden Szenen wurde der Anklageschrift zufolge am 11. April 2020 auf dem Stuttgarter Schlossplatz gedreht. Zu sehen sind Polizisten, die Menschen Platzverweise erteilen. Die wiederum hätten sich trotz Verbots durch die Stadt Stuttgart am genannten Tag unter dem Motto „Wir bestehen auf die ersten 20 Artikel unserer Verfassung“ auf dem Schlossplatz versammeln wollen, so die Staatsanwaltschaft.

Insgesamt sechs Beamte nenne der Kameramann beim Namen und filme gleichzeitig deren Gesichter. Dies verletze die Polizisten in ihrem Recht am eigenen Bild, es handele sich um ein strafbares öffentliches Zurschaustellen ohne Einwilligung der Beamten, so die Anklage. Die Polizisten hatten Strafanträge gestellt. Das Angebot der Staatsanwaltschaft Köln, das Verfahren gegen Zahlung von 1500 Euro einzustellen, lehnte die Lindlarerin ab. Deshalb kam es nun zum Prozess in Wipperfürth.

Dort wollte die Frau zunächst mit dem Gericht über die damalige Situation in Stuttgart diskutieren, was der Vorsitzende aber zügig unterband. „Hier geht es nur um das Hochladen des Videos. Wir beurteilen nicht, ob das Handeln der dortigen Polizei rund um die Demo in Ordnung war“, betonte der Strafrichter.

Frau für Flugblattaktion „Corona fake news nein danke“ verantwortlich

Die Angeklagte bestätigte, das Video hochgeladen zu haben. Allerdings werte sie den Fall anders als die Anklage. Ihrer Meinung nach handle es sich um Aufnahmen, an denen ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse bestehe und die Beamten somit auch ohne Einwilligung gezeigt werden durften.

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Dieser Sicht folgte das Amtsgericht nicht. Vor allem weil keinerlei Polizeigewalt erkennbar sei, sondern die Beamten bei routinemäßiger Arbeit gefilmt wurden, gehörten die Aufnahmen nicht in den Bereich der Zeitgeschichte, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem seien die Gesichter der Polizisten nicht nur „Beiwerk“, sondern stünden im Fokus. Als das Gericht sein Urteil vortrug, war die nicht vorbestrafte Lindlarerin längst nicht mehr im Saal. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Im November 2020 hatte die gleiche Frau in Lindlar mit einer Flugblattaktion für Aufmerksamkeit gesorgt, die unter anderem die Überschrift „Corona fake news nein danke“ trugen. Die Aktion kam damals auch im Lindlarer Gemeinderat zur Sprache.