Metzgerei PorschIn Lindlar schließt einer der letzten Pferdemetzger des Rheinlands
Lindlar – An der Hauptstraße endet eine Ära. Seine Messer hat Metzgermeister Hans-Josef Porsch zum letzten Mal gewetzt. Zum Monatsende schließt er das Schlachthaus. „Früher schlachteten wir hier um die 160 Tiere pro Jahr“, erinnert sich Porsch beim letzten Rundgang durch die Halle.
Drei Jahrzehnte lang er hier gearbeitet, vor allem Rindern und Pferden das Fell über die Ohren gezogen. Die Viertel der beiden Pferde aus Loope – Porschs letzte Kundschaft – hängen aufgereiht im Kühlraum und werden zu Gulasch, Sauerbraten und Hundefutter.
Vorgeschriebener Umbau rentiert sich nicht
Das Schlachthaus schräg gegenüber dem alten Krankenhaus hat Geschichte. Porsch erinnert sich an sein erstes Lehrjahr in der damaligen Metzgerei Feldhoff im Engpass. 1960 wich der Chef wegen Umbauarbeiten bereits auf dieses Schlachthaus aus. Lange Jahre schwang Metzgermeister Rudi Leonarz hier das Fleischerbeil. Vermutlich diente der Bau schon im gesamten vorigen Jahrhundert als Schlachtstätte.
„Wir hatten schon Pferde hier, da brachte ein Viertel 140 Kilo auf die Waage“, staunt Porsch noch heute und zeigt auf den kleinen Kran. Scharfes Werkzeug, viel Wasser und der Aufzug mit etlichen Haken – mehr braucht der Metzger nicht. Fein zerlegt werden die Körper ohnehin woanders. Zuletzt schlachtete der 74-Jährige vor allem im Auftrag hiesiger Landwirte, die ihr Fleisch selbst vermarkten. Seinen Partyservice wird Porsch weiter betreiben.
Metzgerei Kötter schließt auch
Zum 1. November schließt Michael Kötter sein Geschäft in Hartegasse und geht in den Ruhestand. „Ich hätte mir gewünscht, den Laden nach und nach in jüngere Hände zu legen“, sagt Kötter im Gespräch mit unserer Zeitung.
Die Nachfolgersuche sei jedoch gescheitert. „Es ist schon schwierig, Personal für den Verkauf zu finden. In der Fleischproduktion will niemand arbeiten“, so Kötter. Der Übergang in den Ruhestand erfolge nun notgedrungen „abrupt von hundert auf null“. Nach der Sommerpause beginnen Anfang August für Michael Kötter und seine Mannschaft die letzten drei gemeinsamen Monate. (sfl)
Ginge es nach dem Lindlarer, wäre auch das historische Schlachthaus noch eine Weile genutzt worden. Die Behörden hätten ihn allerdings aufgefordert, in größerem Stil umzubauen, so Porsch. Unter anderem hätte er die fast 200 Jahre alten Fenster ersetzen und die Wände zusätzlich fliesen sollen. „Dabei steht in den Vorschriften nur, dass sie abwaschbar sein müssen. Und das sind sie. Aber Fliesen sehen natürlich schicker aus“, schüttelt Porsch den Kopf. „Das sind Investitionen, die ich mir nicht mehr antun werde“, sagt der Metzgermeister.
Einmal entkam dem Schlachter ein Rind und floh durch die Straßen Lindlars
Er kritisiert, dass sich die Vorschriften nur noch an den großen Fleischfabriken orientieren und nicht mehr an den ohnehin nur noch wenigen Metzgern vor Ort. Mit zweifelhaftem Resultat, wie Porsch findet. „Wenn du heute im Großmarkt 50 Kilo Fleisch kaufst, dann stammt das von mindestens drei Tieren. Brätst du dann daraus ein Gulasch, ist das erste Drittel gar, das zweite noch zäh und das dritte fällt auseinander.“
Der Lindlarer versichert, dass jedes Tier stets einzeln durch die Besitzer an die Hauptstraße gebracht wurde. „Mehrere Tiere bedeuten Stress und Stress fördert Adrenalin, das negativ auf die Fleischqualität durchschlägt.“
Ein einziges Tier schaffte es in 30 Jahren, Porschs Bolzenschuss-Gerät zu entkommen. Mit einem Schmunzeln erinnert der sich an das Rind, das sich losriss, durch den Ortskern jagte und nahe der Kirche sogar kurz eine Passantin auf die Hörner nahm. Weil überregional darüber berichtet wurde, fanden sich Tierschützer, die dem Vieh einen Lebensabend auf dem Gnadenhof spendierten.
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Mit dem Aus für das Lindlarer Schlachthaus müssen die Viehhalter aus der Umgebung nun eine Alternative finden, vor allem die Pferdebesitzer. Die nächsten geeigneten Schlachthöfe gebe es in Olpe oder Gießen, verrät Hans-Josef Porsch. Mit entsprechender Fahrtstrecke im voll besetzten Transporter. „Ob das dem so oft beschworenen Tierwohl dient, muss jeder für sich selbst beantworten.“