Im spanischen Mammutprozess wartete eine handfeste Überraschung: 34 Angeklagte haben ihre Schuld gegen eine Strafreduzierung eingestanden. Damit gerät der mutmaßliche Chef der Hells Angels auf Mallorca in Not.
Wende im Hells-Angels-ProzessWie die Strategie Hanebuths ins Wanken gerät
Überraschung im spanischen Mammutprozess gegen die Rockergruppe Hells Angels, der zahlreiche Verbrechen auf der Urlaubsinsel Mallorca vorgeworfen werden: 34 der insgesamt 49 Angeklagten gestanden vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid die ihnen vorgeworfenen Taten und erhielten dafür von der Staatsanwaltschaft einen erheblichen Strafnachlass zugesichert. Die meisten Angeklagten stammen aus Deutschland.
Die Hells Angels werden beschuldigt, in den Jahren 2009 bis 2013 auf der spanischen Ferieninsel eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, um dort mit Drogenhandel und Prostitution und weitere illegale Geschäfte zu machen. Zentrum der kriminellen Aktivitäten soll die Ferienhochburg an der Playa de Palma gewesen sein.
Hanebuth gilt als Cheff der mallorquinischen Hells Angels
Der mutmaßliche Chef der Hells Angels auf Mallorca, Frank Hanebuth, lehnte hingegen eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft ab. Hanebuth will einen Freispruch erreichen. Seine spanische Anwältin, Ana Madera, gibt sich überzeugt, dass die von der Staatsanwaltschaft präsentierten Beweise nicht für eine Verurteilung Hanebuths reichen.
Dem 58-Jährigen werden Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Drohungen und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Ihm drohen 13 Jahre Haft. Bei der Durchsuchung seines millionenschweren Anwesens auf Mallorca, wo er in den Jahren 2012 und 2013 lebte, sollen mehrere Schusswaffen gefunden worden sein.
Im Ermittlungsbericht heißt es zu Hanebuth: „Er kontrollierte eine große Anzahl von Männern, die seinen Befehlen gehorchten.“ Bei der Durchsuchung seiner Finca, die im Juli 2013 von spanischen und deutschen Polizisten gestürmt worden war, stellten die Beamten angeblich auch eine Hells-Angels-Lederweste mit der Aufschrift „Präsident“ sicher. Das überraschende Schuldeingeständnis vieler Mitangeklagter könnte die Strategie Hanebuths erschweren. Insgesamt verständigten sich 34 der 49 Angeklagten mit der Staatsanwaltschaft, die allen Beschuldigten einen erheblichen Strafrabatt im Falle eines Geständnisses angeboten hatte. Ursprünglich hatten die Staatsanwälte zusammengerechnet nahezu 300 Jahre Gefängnis für die Hells Angels gefordert.
Die Ankläger boten die Deals wohl vor allem an, um das sehr komplexe Mammutverfahren abzukürzen und zu vereinfachen. Das Ermittlungsverfahrens, das nach der Festnahme von Hanebuth und 26 weiteren mutmaßlichen „Hells Angels“ in Gang gekommen war, dauert bereits rund zehn Jahre – eine lange Verfahrensdauer, die auch in Justizkreisen bereits als unverhältnismäßig bezeichnet wurde.
Unter den Geständigen ist übrigens auch Khalil Y., einer der mutmaßlichen Stellvertreter Hanebuths, für den die Staatsanwaltschaft ursprünglich 38 Jahre Gefängnis gefordert hatte. Y. einigte sich nun mit den Staatsanwälten auf eine 12-jährige Gefängnisstrafe.
Doch auch diese muss nicht unbedingt angetreten werden: Alle ausgehandelten Haftstrafen können zudem, so die Vereinbarung zwischen Anwälten und Anklägern, in hohe Geldstrafen umgewandelt werden. (ze)