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Vom Hobby zum BerufKlaus Glaetzner ist einer der erfolgreichsten „Grillfluencer“

Lesezeit 4 Minuten

An der Kamera die Ehefrau: Klaus Glaetzner bei der Produktion eines neuen Grill-Videos.

Hohenwutzen – Routiniert hält Klaus Glaetzner ein großes Stück Tafelspitz in die Höhe. „Der geht auch lecker ohne Meerrettichsoße, dafür am Spieß, so wie es die Brasilianer traditionell tun“, sagt der 46-Jährige und schaut dabei in die Videokamera, die seine Frau Melanie bedient. „Lasst die Kohle gut durchglühen und legt frische Rosmarin-Zweige für das besondere Aroma in die Glut“, rät der Grillfluencer aus Brandenburg den Zuschauern.

Immerhin 440.000 Abonnenten folgen Glaetzner auf seinem Youtube-Kanal, den er wöchentlich mit drei neuen Videos bestückt. Der gelernte Großhandelskaufmann aus Hohenwutzen gilt damit als einer der deutschlandweit erfolgreichsten Grill-Spezialisten, bestätigt Oliver Sievers, Präsident der German Barbecue Association (GBA). „Klaus macht das wirklich gut, mit viel Leidenschaft, und die Follower lieben das, was er da tut“, schätzt er ein.

Glaetzner spricht in breitem Brandenburger Slang in die Kamera, so als seien die Follower seine besten Kumpels. Dabei nimmt er sich selbst nicht zu ernst, denn „Grillen soll Spaß machen“, so sein Credo.

Hobby zum Beruf gemacht

Vor sieben Jahren hatte der Familienvater ein erstes Grill-Video im Netz veröffentlicht – „Hähnchen auf Bierdose“, zubereitet auf einem Gasgrill. „Klar hoffte ich, damit Beachtung zu finden“, erzählt der Griller aus Leidenschaft, der damals noch bei einem Personaldienstleister arbeitete. Dass er so erfolgreich werden und 2016 seinen eigentlichen Beruf an den Nagel hängen konnte, hätte er jedoch selbst nicht erwartet.

„Fleiß und Glück“ hätten ihn so weit gebracht, glaubt Glaetzner, der auch Rezeptbücher schreibt. Sein neues Berufsleben sei harte Arbeit. „Die Videos müssen so aufgebaut sein, dass auch Grill-Einsteiger die Rezepte leicht nachbruzzeln können.“ Die Ideen dafür scheinen ihm nicht auszugehen. Immerhin 1300 „Klaus grillt“-Videos gibt es bereits. Glaetzner bereitet auf seinen inzwischen rund 20 unterschiedlichen Grills Gerichte zu, die der Laie niemals mit Rost oder Spieß in Verbindung gebracht hätte: Rouladen, Chinapfanne, Feuerfleischtorten oder auch Lasagne.

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Der Dutch Oven, ein dreibeiniger Topf aus Gusseisen, eigne sich für Schmorgerichte und Eintöpfe, der amerikanische Barbecue Smoker brauche Zeit und sei nichts für den „schnellen Hunger“, und ein Hybrid mit Gas- und Kohlebefeuerung mache sich bei Fleisch am Spieß bezahlt, erklärt der Youtuber, der selbst einen halbkugelförmigen Feuerplatten-Grill entwickelt hat. Natürlich gibt es bei Glaetzners auch den klassischen Holzkohlegrill – allerdings mit einem Durchmesser von 150 Zentimetern. „Mit dem kriegst du 100 Leute auf einmal satt.“

Auch vegetarische Gerichte kommen bei „Klaus grillt“ in Szene

Das Grillen sei kein Hexenwerk, aber eines der schönsten Hobbys überhaupt, sagt Fleischsommelier Stefan Ulbricht, Dozent im Bildungszentrum des Fleischerhandwerks in Augsburg. Dort werden Kurse zum „zertifizierten Grillmeister“ angeboten. „Sobald der Grill einen Deckel hat, funktioniert er wie der heimische Backofen – nur mit mehr Aromen“, erläutert Ulbricht. Glaetzner sei experimentierfreudig und habe dazu beigetragen, die Vielfältigkeit des Grillens öffentlich zu machen, lobt der Dozent.

Auch vegetarische Rezepte wie „Brennende Melone“ oder Avocado mit Salsa hat der Brandenburger Kultgriller auf seinem Youtube-Kanal bereits vorgestellt. „Die schaut sich allerdings keiner an“, sagt der Hohenwutzener, für den fleischlose Kost keine Option ist. Dem veganen Trend können sich die GBA nicht verschließen, meint dagegen Präsident Sievers. „Wir haben in diesem Jahr bereits erfolgreich eine vegane Grillmeisterschaft veranstaltet.“ Die reguläre Deutsche Grillmeisterschaft wird am 6. und 7. August in Fulda (Hessen) mit bis zu 50 Mannschaften ausgetragen.

Follower sind fast nur Männer

Glaetzner bleibt lieber Einzelkämpfer. Sein Tipp für ein gutes Bruzzel-Erlebnis: „Am Grill stehen bleiben, mit einem Einstichthermometer regelmäßig die Kerntemperatur kontrollieren und nicht alles zu genau nehmen – denn auch schlecht gegrillt schmeckt meistens besser als gut gekocht.“ 96 Prozent seiner Follower seien Männer. „Feuer, Technik und Geselligkeit – darauf stehen halt eher Männer“, glaubt er. Die Corona-Zeit habe das Interesse am Grillen noch verstärkt. Die Leute hätten nicht in den Urlaub fahren, aber sich zumindest draußen treffen können, so GBA-Präsident Sievers. „Also haben sie ihr Geld anderweitig investiert und das Grillen zum Volkssport gemacht.“ (dpa)