Nach Polen ist auch die Lage in Österreich dramatisch. Ein Feuerwehrmann starb im Hochwassergebiet – nun stößt ein Stausee an seine Grenzen.
Stausee kurz vor dem ÜberlaufenTeile Österreichs zu Katastrophengebiet erklärt – Hochwasser erreicht Wien
Wegen heftiger Unwetter ist in Österreich das gesamte Bundesland Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt worden. „In den nächsten Stunden werden bis zu 50 Millimeter weitere Niederschläge prognostiziert“, zitierte die österreichische Nachrichtenagentur APA den stellvertretenden Landeshauptmann Stephan Pernkopf am Sonntagmorgen. Wegen der anhaltenden Regenfälle „kommt es jetzt schon und wird es weiter zu massiven Überflutungen im ganzen Land kommen“, fügte Pernkopf hinzu.
Unwetter in Österreich: Ganz Niederösterreich zu Katastrophengebiet erklärt
Niederösterreich ist die am schlimmsten von den derzeitigen Unwettern betroffene Region des Alpenlandes. In dem Bundesland, das die Hauptstadt Wien umschließt, gab es in der Nacht fast 4500 Feuerwehreinsätze, zum Teil kam es zu Evakuierungen. Wie am Sonntagvormittag bekannt wurde, starb ein Feuerwehrmann bei Rettungsarbeiten im Hochwassergebiet, wie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bekanntgab.
Laut APA waren zahlreiche Ortschaften auf dem Landweg nicht mehr erreichbar. Zahlreiche Bild- und Videoaufnahmen, die das Hochwasser dokumentieren, kursierten am Sonntagmorgen in den sozialen Medien. Auch in der österreichischen Hauptstadt standen erste Häuser unter Wasser. Dort trat der Wienfluss über die Ufer.
Im Osten Österreichs wurde der Zugverkehr auf der Strecke zwischen Amstetten und St. Valentin unterbrochen, wie die staatliche Eisenbahngesellschaft ÖBB mitteilte. Mikl-Leitner sprach am Sonntagvormittag von einer „dramatischen Situation“. Es gebe noch keine Entwarnung.
Stausee in Österreich kurz vor dem Überlaufen
Am Stausee Ottenstein in Niederösterreich hat der Dauerregen den See bis zum Rand gefüllt. Das Wasser steigt jede Minute weiter, obwohl kontrollierte Wassermengen abgegeben werden, erklärte der Sprecher des Energieversorgers EVN, Stefan Zach. In ein bis zwei Stunden dürfte erstmals Wasser durch die Hochwasserklappen oben an der Staumauer fließen. Die Menge werde kontrolliert, betonte Zach.
„Es geht aber nichts unkontrolliert über Staumauer“, beruhigte Zach. „Wir können es steuern, dass nie mehr als 250 Kubikmeter pro Stunde abfließen.“ Diese Höchstmenge hatten die Behörden festgelegt, um größte Schäden weiter unten im Tal abzuwenden.
Bahnverbindung zwischen Wien und Deutschland gestört
Die Strecke ist Teil der Bahnverbindung zwischen Wien und Deutschland. In der österreichischen Hauptstadt wurden mehrere U-Bahn-Strecken in der Nähe des Wienflusses gesperrt, wie APA berichtete.
Derweil hat es bei Überschwemmungen in Polen ein erstes Todesopfer gegeben. „Wir haben den ersten bestätigten Tod durch Ertrinken hier, im Bezirk Klodzko“, sagte Regierungschef Donald Tusk, der dort an einer Sitzung des Einsatzstabs teilnahm. Mehr Details nannte er zunächst nicht. Tusk wiederholte seinen Appell an die Bevölkerung, die Evakuierungsaufrufe der Behörden ernst zu nehmen und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. „Die Situation ist an vielen Orten dramatisch.“
Erstes Todesopfer in Polen: „Situation ist an vielen Orten dramatisch“
Die niederschlesische Kleinstadt Klodzko mit 26.000 Einwohnern liegt hundert Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) an der Glatzer Neiße, einem Nebenfluss der Oder. Dort hat sich die Situation in der Nacht zugespitzt. Am Sonntagmorgen betrug der Wasserstand der Glatzer Neiße 6,65 Meter. Üblich sei ein durchschnittlicher Wasserstand von einem Meter, sagte ein Sprecher der örtlichen Feuerwehr der Deutschen Presse-Agentur.
Regierungschef Tusk sagte, im Bezirk Klodzko seien 1600 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Er rechne noch mit weiteren Evakuierungen. Hubschrauber der Luftwaffe seien unterwegs nach Breslau, zudem seien Rettungshubschrauber im Einsatz. In Teilen der überfluteten Gebiete sei die Stromversorgung unterbrochen, stellenweise gebe es Probleme mit Mobilfunk. Die Wasserwerke in Klodzko warnten, das Leitungswasser eigne sich nicht mehr zum Trinken und müsse abgekocht werden.
Unwetter in Osteuropa: Evakuierungen in der Region Oppeln
Auch andernorts verschlechterte sich die Situation. Die Behörden ordneten im Dorf Glucholazy in der Region Oppelneine zwangsweise Evakuierung aus allen bedrohten Ortsteilen an, weil der Fluss Biala Glucholaska über die Ufer getreten ist. Das Meteorologische Institut verbreitete auf X Bilder, auf denen zu sehen ist, dass große Teile des Ortes unter Wasser stehen.
Schwere Unwetter – Staudamm in Polen bricht
Am Sonntagmittag dann die nächste Hiobsbotschaft: Im niederschlesischen Stronie Slaskie brach ein Staudamm, das Wasser ströme jetzt den Fluss Biala Ladecka herunter und nehme Kurs auf das Gebiet der Glatzer Neiße, teilte das Meteorologische Institut auf X mit. Es sei eine ernste Bedrohung für die Orte entlang dieser Flüsse, hieß es. Die Polizei habe einen Rettungshubschrauber in die Gegend geschickt, um vom Wasser eingeschlossene Menschen in Sicherheit zu bringen. Auch Soldaten der Armee und des Heimatschutzes seien im Einsatz.
Wegen des verheerenden Unwetters sind in Tschechien am Sonntagmorgen (15.9.) mehr als 250.000 Haushalte ohne Strom. Das berichtete die Agentur CTK unter Berufung auf die Energieversorger. Am dramatischsten war die Lage demnach in der östlichen Region Mährisch-Schlesien an der Grenze zu Polen. Allein dort mussten mehr als 100.000 Haushalte ohne Elektrizität auskommen. Wegen der aufgeweichten Böden waren zahlreiche Bäume auf oberirdische Freileitungen und Hochspannungsleitungen gestürzt. Die Niederschläge sollten Vorhersagen zufolge bis einschließlich Montag andauern.
Der Sturm „Boris“ zieht derzeit über Mittel- und Osteuropa hinweg und hat Schäden und Überschwemmungen in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Polen und Rumänien verursacht. In Rumänien waren bereits am Samstag mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Auch in den deutschen Bundesländern Sachsen und Bayern stiegen die Pegel.
Hochwasser: Lage in Deutschland noch weitgehend entspannt
Unter anderem in Dresden laufen nach den Abrissarbeiten an der zum Teil eingestürzten Carolabrücke am Elbufer die Vorbereitungen auf das nahende Hochwasser. Wie Feuerwehrsprecher Michael Klahre am Morgen bestätigte, sind die zum Abriss benötigten Maschinen bereits aus dem Uferbereich heraus gefahren worden. Weitere Maßnahmen würden im Laufe des Vormittags besprochen werden, sobald der Hochwasserstab zusammengetreten sei, erklärte er weiter.
Der aktuelle Pegelstand der Elbe in Dresden hat gemäß den Erwartungen des Landeshochwasserzentrums am Morgen die 4-Meter-Marke überschritten. Diese liegt etwa 2 Meter über dem Normalstand. Damit ist die Alarmstufe 1 erreicht. Für den späteren Sonntag und den Montag wurden starke Regenfälle erwartet, weswegen die Pegel teilweise noch ansteigen sollten.
Sachsen: Höchste Elbe-Alarmstufe für Dienstag erwartet
Für den Elbepegel im ostsächsischen Schöna an der Grenze zu Tschechien wird laut aktuellen Prognosen für Dienstag das Erreichen der höchsten Alarmstufe 4 erwartet. Der entsprechende Pegelstand von 7,50 Metern soll dort gegen Dienstagmittag überschritten werden, wie aus Daten des Landeshochwasserzentrums (Stand: 12.45 Uhr) hervorgeht.
Bei Alarmstufe 4 besteht dem Landeshochwasserzentrum zufolge Gefahr für Leib und Leben. Es gibt Überschwemmungen größerer bebauter Gebiete, Deiche können überströmt werden oder brechen.
Durch den anhaltenden Dauerregen sind auch in Bayern bereits einzelne Straßen überschwemmt worden und vereinzelt auch Keller vollgelaufen. Aktuell sind besonders Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz betroffen, wie es der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete. Unter anderem gebe es an Donau und Isar erhöhte Pegelstände und Hochwasser.
In München geriet ein Rollstuhlfahrer in die Isar, die Feuerwehr konnte ihn dank schnellen Eingreifens retten. Er wollte nach seiner Aussage am Samstagabend das Hochwasser in der Nähe der St.-Emmeram-Brücke beobachten, wie die Feuerwehr mitteilte. Warum er vom Wasser erfasst und in den Fluss gezogen wurde, war zunächst unklar. Strömungsretter holten den 19-Jährigen demnach aus dem Wasser. Er blieb unverletzt.
Die Polizei in Niederbayern berichtete, dass sich das Unwettergeschehen aber weitestgehend im Rahmen hielt. In der Nacht gab es demnach nur wenige Einsätze wegen umgestürzten Bäumen und Überflutungen von Straßen. In Passau gibt es laut Sprecher „übliche“ Sperrungen in der Altstadt. (pst/dpa)