Am Donnerstag ist wieder Warntag. Um 11 Uhr wird Alarm ausgelöst. Diese Tests wecken auch Ängste, und manchmal gehen sie schief. Ein Überblick
Sirenen am 14. SeptemberWas man zu den Warntagen in NRW wissen muss
Am heutigen Donnerstag um 11 Uhr sollen in NRW und in ganz Deutschland wieder Smartphones piepsen und brummen, Sirenen heulen und Menschen an die Möglichkeit erinnern, von Katastrophen heimgesucht zu werden. Das Interesse vieler Bürgerinnen und Bürger an den Warntagen ist groß, gleichzeitig ängstigen sie viele Menschen. Die leidvollen Erfahrungen in NRW mit dem tödlichen Hochwasser im Sommer 2021 und die Rückkehr des Krieges nach Europa haben Spuren in den Köpfen hinterlassen.
Wie begründet NRW die Warntage?
„Übung macht den Meister“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) dazu. „Im Ernstfall muss nicht nur die Technik funktionieren, auch die Leute müssen wachgerüttelt werden.“ Das eigene Land sieht Reul in dieser Warn-Komposition „gut aufgestellt“. Es gebe immer mehr digitale Anzeigetafeln in den Städten, vor allem an großen Straßenkreuzungen, in Einkaufszenten und in Bahnhöfen. NRW setzt zudem stark auf die klassische Warnung: Die Zahl der Sirenen im Land steigt, von 4200 im Jahr 2017 auf aktuell mehr als 6000, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums. Das „Sirenenförderprogramm“ wird fortgesetzt, denn flächendeckend ist das Netz noch nicht
Was passiert am Donnerstag um 11 Uhr?
Dann löst das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) wieder Probewarnungen auf fast allen Kanälen aus, mit denen Menschen vor Gefahren gewarnt werden können: In Radio und Fernsehen, über spezielle Warn-Apps, Sirenen, Info-Tafeln, Lautsprecherwagen und über den Mobilfunkdienst Cell Broadcast. Um 11.45 soll die Entwarnung folgen, allerdings nicht über Cell Broadcast.
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Cell Broadcast ermöglicht seit Februar 2023 das Versenden von Warnnachrichten direkt auf alle Smartphones, die sich in einer Mobilfunkzelle befinden. Der Dienst funktioniert ohne App, das Handy muss allerdings eingeschaltet sein und darf sich auch nicht im Flugmodus befinden. Ein weiteres Problem: Ältere Geräte und solche ohne regelmäßige Updates empfangen die Warnung möglicherweise nicht. Das Interesse an Cell Broadcast stieg nach der Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz. Viele Menschen dort hätten mit diesem Dienst womöglich früher gewarnt werden können. Erstmals getestet wurde der Dienst bei einem bundesweiten Warntag im Dezember 2022.
Mögliche Anlässe für bundesweite oder regionale Warnungen auf den unterschiedlichen Kanälen sind laut dem BBK neben Überschwemmungen auch Großbrände, Infektionsgefahren, Chemieunfälle, Biologische Gefahren, Waldbrände, Amokläufe, verseuchtes Trinkwasser, Bombenfunde und Raketenangriffe.
Welche Warnapps sind empfehlenswert?
Während Cell Broadcast im Idealfall automatisch eine Warnung aufs Handy schickt, muss man sich eine Warnapp selbst aufs Smartphone herunterladen. Die bekannteste und am weitesten verbreitete Warnapp ist „Nina“. Die Abkürzung steht für „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“ des Bundes. Mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland nutzen sie laut BBK. Hier werden, so das Versprechen, alle möglichen Warnungen in einer App gebündelt. Bund, Länder, Städte, Behörden und Hilfsorganisationen „füttern“ diese App über ein gemeinsames Warnsystem. Ab einer hohen Warnstufe werden auch Nachrichten des Deutschen Wetterdienstes angezeigt.
Ebenfalls weit verbreitet ist „Katwarn“, ein Produkt von Fraunhofer. Sie war die erste Warnapp in Deutschland, hat heute etwa vier Millionen Nutzerinnen und Nutzer und greift auf ähnliche Daten zurück wie „Nina“. Auch interessant: „WarnWetter“, die App des Deutschen Wetterdienstes. Dort sind nicht nur Wettervorhersagen sichtbar, sondern auch Infos über Waldbrand- und Lawinengefahren. „Nina“ und „Katwarn“ sind kostenlos, „WarnWetter“ kostet einmalig 2,49 Euro.
Welche Vorgeschichte hat der Warntag?
Die Warntage sind eine nordrhein-westfälische Erfindung. NRW begann damit schon im Herbst 2018 und ging danach in einen Halbjahresrhythmus. Im Jahr 2020 klinkte sich der Bund in die Warntage ein. Seitdem soll es einen bundesweiten Warntag im September und einen landesweiten im März geben.
Was ging schief?
Warntage sind oft auch Pannentage. Das beginnt bei einzelnen Sirenen, die nicht heulen und endet beim „Doppelalarm“. In Duisburg meldeten sich im März besorgte Bürgerinnen und Bürger bei der Polizei, weil eine Stunde nach dem Probealarm ein weiterer Alarm ausgelöst wurde. Die Stadt sprach von einer technischen Störung.
Beim ersten bundesweiten Warntag im September 2020 gab es sogar erhebliche Probleme. Die Testwarnung des BBK verzögerte sich um eine halbe Stunde, die Entwarnung kam schon zehn Minuten später und nicht, wie geplant, nach 20 Minuten. Das Bundesinnenministerium räumte einen „Fehlschlag“ ein, über den sogar der frühere BBK-Chef Christoph Unger stolperte. 2021 fiel der Warntag ganz aus. Pannen sind aber indirekt in diese Aktionstage eingepreist. Schließlich dienen sie dazu, Schwachstellen aufzuzeigen, Fehler zu beheben und so das System ständig zu verbessern.
Bedenklich ist, dass moderne Warnungen wie die per Cell Broadcast und per App Menschen, die bei der Digitalisierung nicht mithalten können oder wollen, oft nicht erreichen. Zum Beispiel Senioren, die kein Smartphone besitzen oder nur ein älteres Handy. Sie können nur hoffen, dass die Sirene im Fall der Fälle funktioniert, wenn es überhaupt eine in der Nähe gibt.
Was ist, wenn am Donnerstagmittag wirklich etwas passiert?
Das BBK versichert, dass die Warnsysteme auch in einem solchen Fall funktionieren. Die Warn-Kanäle seien keineswegs durch den Test blockiert, sondern könnten die Menschen jederzeit auch vor echten Gefahren warnen.