Sido gilt als Deutschrap-Legende. Eigentlich hat der Künstler im Leben alles erreicht, was man erreichen kann. Doch der Rapper hat eine schwierige Vergangenheit - davon erzählt er anlässlich seines neuen Albums.
„Ich bin es nicht wert“Sido erzählt von Drogenentzug, Therapie und seinem neuen Album
„Ich bin super erfolgreich, wie kann ich mich so klein und wertlos fühlen?“, sagt Sido im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Als Künstler hat der 41-Jährige alles erreicht, wovon andere nur träumen können: Nummer-eins-Hits, Gold- und Platinplatten, diverse Preise und den Deutschrap-Legendenstatus. Bisher ist jede Platte des Rappers Gold gegangen. „Wenn das auch so bleibt, das wäre schön, aber ich mache mir keinen Druck mehr“, sagt der Musiker. Er habe ohnehin keinen Platz mehr an den Wänden. „Die stehen schon so an der Wand zum Durchblättern, wie die Bilder bei Ikea“, scherzt er.
Eigentlich klingt sein Leben perfekt. Doch Sido, der mit bürgerlichem Namen Paul Würdig heißt, hat zwei sehr harte Jahre hinter sich. Auf seiner neuen Platte „Paul“ geht es um Drogensucht, Therapie, seine zerbrochene Ehe, seine Kinder und seine eigene Vergangenheit, die er jahrelang erfolgreich verdrängt habe.
Sido spricht auf der Platte so persönlich wie noch nie
Es ist Sidos neuntes und bisher vermutlich ehrlichstes Album. Weil es sein Privatleben zum Thema macht, muss man ein bisschen ausholen. 2012 heiratete er die Moderatorin Charlotte Engelhardt, sie bekamen zwei Kinder. Zwei weitere Söhne hat der Rapper aus früheren Beziehungen. Mit Beginn der Corona-Pandemie geriet sein Leben allerdings aus der Bahn, wie er erzählt.
„Dann kamen die Geister, die man die ganze Zeit mit Arbeit und sonst was verstecken konnte“, sagt Sido. Er habe sich in exzessiven Drogenkonsum gestürzt. Auch seine Ehe sei daran zerbrochen. „Ich brauchte einen Drogenentzug, meine Ex-Frau hat das dann für mich organisiert und mich in eine Klinik gefahren“, sagt der Rapper. Alleine hätte er den Schritt nicht geschafft. „Ich hätte nicht irgendwo angerufen und gesagt: ‚Hey, ich bin Sido, ich brauche einen Platz bei euch in der Klinik‘, das wäre mir peinlich gewesen“, sagt der Musiker.
Mit seinem neuen Album arbeitet Sido sein Leben auf
Nach seinem Entzug habe Sido eine Therapie gemacht. Dort und während des Schreibens seiner Platte sei ihm immer klarer geworden: „Da ist was in mir, was dafür sorgt, dass ich so exzessiv Drogen nehme und mir selbst so wehtun und schaden möchte“. Seine neue Platte „Paul“ beginnt mit einer Therapiesitzung und geht über in die Aufarbeitung seines Lebens.
Im Song „Versager“ geht es um Sidos Kindheit. Der Rapper ist ohne Vater aufgewachsen. „Tatsächlich beeinflusst das mit meinem Vater mein Leben heute noch sehr“, sagt Sido. „Vor zwei Jahren hätte ich noch gesagt, ich bin glücklich, mir geht's gut, ich brauche meinen Vater nicht, meine Mutter war immer da.“ Mittlerweile sei ihm allerdings klar: „Dadurch, dass er nicht da war, war er einer der ersten Menschen, die in meinem Kopf geschrieben haben: ‚Ich bin es nicht wert, dass mein Vater mich zu meinem Geburtstag anruft‘“, sagt Sido. „Ich bin es meinem Vater nicht mal wert, dass er mal anruft und fragt ‚Wie geht es dir?‘“ Mit dem Gefühl von „wertlos sein“ habe er sein Leben immer gelebt.
Sido will alles anders machen als sein Vater
„Da kommt das auch her, dass ich heute mit Erfolgen nicht richtig zufrieden sein kann“, sagt Sido. Im Song „Rollender Stein“ geht es um seine zerbrochene Ehe und seine Kinder. „Ich habe Angst, dass ich in meinen Kindern auslöse, was mein Vater mit mir gemacht hat“, sagt Sido. „Dieses Wertlos-Fühlen, genau das möchte ich nicht. Ich will keine sogenannten Daddy Issues bei meinen Kindern hinterlassen.“ Das sei ihm sehr wichtig.
„Ich kann einfach mein Bestes geben, Vater sein, immer da sein, aufmerksam sein und zuhören“, sagt der Rapper. Die Platte endet mit zwei Liebessongs: „Liebst du mich“ und „Mit dir“. „Mein Herz und meine Liebe sind mein Kryptonit, deswegen frage ich am Ende alle Menschen, die ich liebe, ob die mich auch lieben“, sagt Sido. „Nachdem ich mit mir alles wieder bis zu einem gewissen Level geklärt habe, ist das das einzige, was mich noch kaputt machen kann.“ (dpa)