Kein Tag zum Feiern: Im früheren Empire werden am 11.11. die Soldaten geehrt, die im Ersten Weltkrieg starben.
„Poppy Day“ im EmpireWofür der 11.11. in Großbritannien steht
Der 11. im 11. ist Kölner Brauchtum. Denn jedes Jahr an diesem Tag beginnt im Rheinland und auch andernorts bekanntermaßen um 11.11 Uhr die Karnevalssession. Pünktlich haken sich die Jecken dann spontan unter und fangen an zu schunkeln. Die Fröhlichkeit beim gemeinsamen Singen und Trinken wird zum Programm. „Kumm, loss mer fiere“, wie der Kölner so schön sagt.
Doch die Jecken haben den 11. 11. nicht exklusiv im Kalender stehen. In Großbritannien und im gesamten früheren Empire steht dieses Datum für das Gedenken an die rund 750000 unter britischem Kommando stehenden Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Am diesem „Remembrance Day“ (Erinnerungstag), vor allem von den Kindern auch liebevoll „Poppy Day“ (Mohnblumentag) genannt, wird öffentlich vielerorts um 11 Uhr mit einer Schweigeminute an die Toten und das kollektive Trauma dieses verlustreichen Krieges von 1914 bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918 gedacht. Selbst einige Radiostationen verstummen.
Schweigeminute nach Durchsage per Lautsprecher
Christine Schrempp stammt aus Australien und erzählt, dass dort in Restaurants oder Supermärkten pünktlich um 11 Uhr an diesem Tag per Lautsprecherdurchsage für einen Moment zum Gedenken und Schweigen aufgerufen wird. „Dann steht tatsächlich das Leben in Australien für eine symbolische Schweigeminute still“, erzählt die 47-Jährige, die Studienleiterin am Englischen Institut Köln ist und seit 2006 in Deutschland lebt. „Am Anfang war das für mich hier komisch, an diesem Tag Karneval zu feiern und kostümierte Menschen zu sehen, weil ich natürlich unseren Gedenktag am 11.11. gewohnt war“, erzählt sie. Aber mittlerweile habe sie sich daran gewöhnt.
Die Mohnblume spielt beim „Remembrance Day“ eine wichtige Rolle. Viele Briten und Angehörige des früheren Empire stecken sich in Andacht an die Gefallenen symbolisch eine Mohnblume ans linke Revers – nahe dem Herzen – oder schmücken ihre Hausfassaden mit Mohnblumengirlanden und Ähnlichem. Wer sich in England, Schottland oder „Down Under“ als öffentliche Person begreift, wird sich diesem Symbol nicht entziehen. Ob Politiker, Sportler oder bekannte Medienpersönlichkeiten, sie alle tragen an diesem Tag eine meist aus Papier hergestellte Mohnblume.
Mohnblumen zum Gedenken an Gefallene
Der Name des „Poppy Day“ weist auf den roten Mohn auf den damaligen Schlachtfeldern Flanderns hin. Als dort die britischen Gefallenen in Gräbern beigesetzt wurden, begann darauf der rote Klatschmohn zu blühen, so die Legende. In einem berühmten Gedicht mit dem Titel „In Flanders Fields“ hat der kanadische Offizier John McCrae diese Geschichte festgehalten. Der Sänger Leonard Cohen rezitiert ihn in einem gleichnamigen Song.
„Aus Australien und England weiß ich, dass die Grundschulkinder an diesem Tag mit Münzgeld in die Schule kommen und damit eine Poppy (Mohnblume) kaufen. Das Geld wird an gemeinnützige Zwecke gespendet“, erzählt Christine Schrempp. In Schottland werden traditionell nach der Messe große Mohnblumen-Kränze zu den Kriegsdenkmälern getragen. In vielen Städten gibt es Prozessionen, an denen aktive und ehemalige Soldaten teilnehmen. „Die Leute auf den Straßen applaudieren dann und Poppys werden verteilt.“
Höhepunkt dieses Gedenkens in England ist in jedem Jahr, wenn an dem Sonntag, der dem 11.11. am nächsten ist, wichtige Persönlichkeiten von Staat und Gesellschaft, angeführt vom König und seiner Familie, am Cenotaph, dem Kriegerdenkmal im Londoner Regierungsviertel Whitehall, Kränze und Gebinde aus Mohnblumen niederlegen. Auch an diesem „Remembrance Sunday“ (Erinnerungssonntag) versinkt das Land um 11.11 Uhr nochmals in Schweigen.