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Nächster Rekord durch Klimaerwärmung„Die globale Temperatur steigt weiter an – und zwar in einem rasanten Tempo“

Lesezeit 3 Minuten
02.07.2024, USA, Oroville: Ein Feuerwehrmann gräbt eine Feuerschneise, während das Thompson-Feuer brennt. Foto: Ethan Swope/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Derzeit lodern wieder Waldbrände in Kalifornien – der Klimawandel verschärft die Gefahr vor Extremwetterlagen.

Seit 13 Monaten ist jeder einzelne Monat der global wärmste seit Aufzeichnungsbeginn. Die letzten zwölf überschritten die 1,5-Grad-Schwelle.

Der vergangene Monat Juni war nach Angaben des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der heißeste weltweit seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen und hat den Rekord des Vorjahres gebrochen. Er lag 1,5 Grad über dem geschätzten Juni-Durchschnitt für 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus (C3S) mitteilt. Damit war es der zwölfte Monat in Folge, der die 1,5-Grad-Schwelle erreichte oder überschritt.

Seit Juni 2023 stellte laut Copernicus jeder Monat einen neuen Temperaturrekord auf. „Das ist mehr als nur eine Seltsamkeit der Statistik, und es illustriert die große und fortdauernde Veränderung unseres Klimas“, erklärte C3S-Direktor Carlo Buontempo.

Copernicus: Heißester Juni seit Beginn der Aufzeichnungen

In Europa war es besonders im Südosten des Kontinents und in der Türkei heiß, während die Temperaturen in Westeuropa, Island und Nordwestrussland nahe am oder unter dem Durchschnitt lagen. In Island, Mitteleuropa und großen Teilen Südwesteuropas sei der Juni feuchter gewesen als der Durchschnitt, heißt es weiter, „wobei starke Niederschläge zu Überschwemmungen in mehreren Regionen Deutschlands, Italiens, Frankreichs und der Schweiz führten“.

Außerhalb Europas waren die Temperaturen im östlichen Kanada, im Westen der USA und in Mexiko, Brasilien, Nordsibirien, im Nahen Osten, Nordafrika und in der westlichen Antarktis überdurchschnittlich hoch.

Klimawandel: Experte spricht angesichts neuer Rekorddaten von „deutlicher Warnung“

Solange die Menschheit weiterhin Treibhausgase produziere, seien weitere Temperaturextreme unvermeidbar, betonte Buontempo. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag laut Copernicus in den vergangenen zwölf Monaten um 1,64 Grad Celsius über der des vorindustriellen Zeitalters.

„Es ist eine deutliche Warnung, dass wir uns dieser sehr wichtigen, im Pariser Abkommen festgelegten Grenze nähern“, sagte der leitende Klimawissenschaftler von Copernicus, Nicolas Julien, in einem Interview. „Die globale Temperatur steigt weiter an. Und zwar in einem rasanten Tempo.“ Dass in mehreren Monaten hintereinander Rekorddurchschnittswerte zu konstatieren seien, wäre grundsätzlich nicht alarmierend. Dramatisch sei allerdings, dass die Temperaturrekorde „in den letzten 13 Monaten mit beträchtlichem Abstand gebrochen“ worden sind, so Julien Nicolas. Zudem war der Juni der 15. Monat in Folge, in dem die Weltmeere – die mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche ausmachen – laut Copernicus-Daten Wärmerekorde aufgestellt haben.

Klimaexperten besorgt angesichts neuer Rekordtemperaturdaten

Andrew Weaver, Klimawissenschaftler an der Universität von Victoria, sagte laut „Independent“, dass die Erde laut Daten auf dem Weg zu einer Erwärmung von drei Grad Celsius sei, wenn die Emissionen nicht dringend eingeschränkt würden.

„Unsere Welt befindet sich in einer Krise“, sagte die Klimaforscherin Andrea Dutton von der University of Wisconsin. Die Folgen des Klimawandels seien jetzt schon deutlich sichtbar. Zum Beispiel für diejenigen, die vom Hurrikan Beryl beeinträchtigt sind, „einem Hurrikan, der durch einen extrem warmen Ozean angeheizt wird, der eine neue Ära von Tropenstürmen hervorgebracht hat“, so Dutton. „Selbst wenn Sie sich heute nicht in einer Krise befinden, bedeutet jeder Temperaturrekord, dass es wahrscheinlicher wird, dass der Klimawandel eine Krise vor Ihre Haustür oder die Ihrer Angehörigen bringt.“

Dauerhafte Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze absehbar

Zu den gegenwärtigen hohen Temperaturen trägt seit Juni 2023 das Wetterphänomen El Niño bei, das zu einer Erwärmung der Meeresoberfläche im südlichen Pazifik führt. El Niño kann laut dem Copernicus-Wissenschaftler Julien Nicolas aber nicht allein die Temperatur-Rekordwerte der vergangenen Monate erklären.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hatte die internationale Gemeinschaft vereinbart, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dabei gilt der Mittelwert in einem Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung gerät dieses Ziel immer mehr außer Reichweite, eine dauerhafte Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze scheint absehbar.

Eine formell vereinbarte Definition, was eigentlich genau als Überschreiten des 1,5-Grad-Ziels gewertet wird, gibt es bisher nicht. Viele Klimaexperten gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Schwelle ohnehin längst nicht mehr zu halten ist. (pst mit afp/dpa)