Kommentar zu Corona-Sperrungen in ItalienEntscheidung ist drastisch, aber berechtigt
- 16 Millionen Italiener in der Lombardei und in anderen Gegenden sind von der Quarantäne betroffen.
- Nur ein geringer Prozentsatz der Infizierten benötigt tatsächlich ärztliche Hilfe.
- Die Grippe-Saison stellt saisonbedingt Ärzte und Krankenhäuser bereits vor eine Herausforderung.
Lombardei – Die italienische Regierung hat extreme Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus verfügt. 16 Millionen Italiener in der Lombardei und in anderen Gegenden sind von der Quarantäne betroffen. Die Entscheidung ist drastisch, aber berechtigt. Sie ist dadurch begründet, dass so viele Menschen wie möglich auch im Notfall weiterhin Zugang zu ärztlicher Unterstützung haben sollen. Diese Selbstverständlichkeit ist in Italien derzeit nicht mehr garantiert.
Das Problem liegt dabei weniger in der Gefährlichkeit von Covid-19. Nur ein geringer Prozentsatz der Infizierten benötigt tatsächlich ärztliche Hilfe, prozentual gesehen müssen noch weniger Menschen in Folge einer vom Virus ausgelösten Lungenerkrankung ins Krankenhaus. Problematisch ist die hohe Zahl der Ansteckungen, wie sie sich jetzt schon in Italien zeigt.
Bekanntlich gibt es bisher weder Medikamente noch Impfungen gegen das Virus. Auch wenn nur ein geringer Prozentsatz der Infizierten ärztliche Hilfe benötigt, sind das bei vielen Ansteckungen entsprechend viele Menschen. Die Grippe-Saison stellt saisonbedingt Ärzte und Krankenhäuser bereits vor eine Herausforderung. Die Ausbreitung des Corona-Virus verschärft diese Situation zusätzlich.
Erste Hilfe sogar beeinträchtigt
Die Krankenhäuser in der Lombardei stoßen bereits jetzt an ihre Grenzen. Im Falle einer weiterhin raschen Ausbreitung könnte schließlich auch die Behandlung von Patienten beeinträchtigt werden, die wegen anderer Erkrankungen schnell Hilfe brauchen. Experten zufolge ist in der Lombardei bereits die Erste Hilfe beeinträchtigt: Zu viele Patienten verlangen gleichzeitig nach Hilfe.
Das vornehmliche und sinnvolle Ziel der Quarantäne-Maßnahme ist deshalb die Verlangsamung der Ausbreitung des Virus. Italiens Gesundheitssystem ist bereits vor Probleme gestellt. Setzt sich die Ausbreitung im bisherigen Tempo fort, sind die Konsequenzen ernst. Das sollte auch außerhalb der Lombardei und Italiens zu denken geben. Das italienische Szenario könnte bald auch andernorts Wirklichkeit werden.
Stellt unser Zusammenleben auf die Probe
Das Corona-Virus macht vor allem Angst, weil es in unbekannter Manier die Art und Weise unseres Zusammenlebens auf die Probe stellt. Viele von uns leben in großen Städten oder Ballungsgebieten. Die Verbreitung des Virus ist zusätzlich durch den globalisierten Lebensstil mit unkomplizierten Ortswechseln über den halben Planeten hinweg erleichtert. Ein Virus bringt die auf ewiges Wachstum ausgerichtete Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs. Covid-19 wirft viele Fragen im Hinblick auf unser Zusammenleben auf, die am Ende nicht nur mit Impfungen oder neuen Medikamenten beantwortet werden können.
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Doch zunächst geht es um ganz unmittelbare Folgen wie die Garantie der gesundheitlichen Versorgung. Italien reagiert angesichts der hohen Ansteckungszahlen richtig. Es ist sinnvoll, den sozialen Umgang miteinander so weit wie möglich einzuschränken. Das gebietet die Solidarität mit denjenigen Menschen, die im Falle einer schweren Erkrankung ärztliche Hilfe nötig haben.