AboAbonnieren

Tumult im GerichtsaalKind erstickt in Kita in NRW: Urteil für Tagesmütter wurde gesprochen

Lesezeit 2 Minuten
Eine Figur der blinden Justitia (Symbolbild)

Laut eines Gutachters verstießen die verwendeten Betten der Kita gegen mehrere Vorschriften. (Symbolbild)

Zwei Tagesmütter sollen während der Mittagspause der Kinder ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Das Urteil sorgte im Gericht für Unruhe.

Zwei Tagesmütter sind nach dem tragischen Tod eines zweijährigen Jungen in einer Mini-Kita in Gelsenkirchen freigesprochen worden. Das Amtsgericht sah den Vorwurf der fahrlässigen Tötung am Freitag nicht als gegeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach den Freisprüchen ging die Mutter des verstorbenen Kleinkindes auf eine Tagesmutter los

Nach den Freisprüchen für die beiden Tagesmütter kam es zu einem kurzen Tumult im Gerichtssaal. Die Mutter des Jungen sprang nach der Urteilsbegründung auf und ging laut schreiend auf eine der Tagesmütter los. Ihr Mann konnte sie im letzten Moment zurückhalten. Mehrere Wachtmeister kamen in den Saal und brachten die beiden freigesprochenen Frauen durch einen Hinterausgang in Sicherheit.

Der Anwalt der Eltern sagte im Anschluss, seine Mandanten seien nach dem Freispruch tief traurig und von ihren Gefühlen überwältigt worden. Die Nebenklage werde Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Es sollen noch weitere Zeugen befragt werden

Am letzten geplanten Prozesstag wollte das Gericht zunächst noch weitere Zeugen über die in der Einrichtung verwendeten Betten befragen. Nach Einschätzung eines Gutachters waren die Kinder-Etagenbetten winzig und verstießen gegen eine ganze Reihe von Vorschriften. Der Möbelsachverständige bezeichnete die Betten in seiner Aussage vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen als „Käfig“.

Der zweijährige Junge sollte in der Mittagspause schlafen, war aber sehr unruhig. Den Ermittlungen zufolge hatte er es geschafft, die lose Bodenplatte des darüberliegenden Bettes hochzudrücken und seinen Kopf durch die Lücke zu stecken. Als seine Kraft nachließ, wurde sein Hals unter der elf Kilo schweren Platte eingeklemmt. Er erstickte.

Staatsanwaltschaft wirft fehlende Beaufsichtigung in Schlafraum vor

Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zu den Betten liefen ins Leere. Juristisch zur Verantwortung ziehen lassen sich nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nur die beiden 38 und 27 Jahre alten Frauen, die als selbstständige Tagesmütter in der von der Stadt organisierten Großtagespflege arbeiteten.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor allem vor, dass sie die Kinder während des Mittagsschlafs unbeaufsichtigt in dem Schlafraum gelassen hätten. Nicht einmal ein Babyfon sei installiert gewesen. Die Angeklagten bestreiten das nicht, haben sich vor Gericht aber ansonsten nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Die Eltern des Zweijährigen verfolgten den Prozess sichtlich bewegt. „Er hat das Leben geliebt. Er hat getanzt und gesungen“, hatte die Mutter dem Gericht über ihren Sohn erzählt. (dpa)