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„Habe einen Fehler gemacht“Jerome Boateng bricht überraschend sein Schweigen – Richterin appelliert an Ex-Weltmeister

Lesezeit 3 Minuten
Jerome Boateng hat sich vor Gericht gegen die Anschuldigungen gegen ihn gewehrt.

Jerome Boateng hat sich vor Gericht gegen die Anschuldigungen gegen ihn gewehrt.

Vor dem Münchner Landgericht hat der Weltmeister von 2014 seine Sicht der Dinge dargestellt.

Beim Prozess gegen den Jérôme Boateng vor dem Landgericht München I hat es am Freitag (14. Juni) gleich zwei überraschende Wendungen gegeben. Nicht nur äußerte sich der ehemalige Fußballnationalspieler erstmals zu dem Fall, zuvor hatte die Richterin die Verhandlung plötzlich für eine Beratung unterbrochen.

Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich appellierte an Boatengs Verteidigung und die Staatsanwaltschaft, sich zu einigen, und regte ein Rechtsgespräch an. „Ich mache diesen Beruf inzwischen seit 40 Jahren“, sagte sie. Und noch nie habe sie „eine so umfangreiche mediale Vorverurteilung des Angeklagten“ erlebt.

Jerome Boateng vor Gericht: Richterin unterbricht Verhandlung überraschend

Seit sechs Jahren laufe das Verfahren - das liege zum Teil an Corona, zum Teil aber auch an Versäumnissen der Justiz. Und seit sechs Jahren müssten die beiden inzwischen 13-jährigen Töchter von Boateng und dessen Ex-Freundin, die ihm Gewalt vorwirft, „in regelmäßigen Abständen immer wieder in der Zeitung lesen, wie ihre Eltern sich vor Gericht bekriegen“.

Zahlreiche Medienvertreter verfolgten jeden Schritt von Jerome Boateng.

Zahlreiche Medienvertreter verfolgten jeden Schritt von Jerome Boateng.

Sie wolle anregen, dass die Sache „insbesondere für die Kinder – endlich ein Ende“ habe und betonte: „Ich glaube, ich hätte einen Vorschlag, mit dem alle Parteien leben können.“

Jerome Boateng äußert sich zum ersten Mal

Für eine weitere Überraschung sorgte Boateng, indem er erstmals zu den schweren Vorwürfen aussagte. „Für mich ist es wichtig, am Anfang zu sagen: Ich misshandle keine Frauen und ich setze meine Partner nicht unter Druck. Ich stelle auch niemandem heimlich nach. Ich bin ein ganz normaler Mensch, mit Stärken und Schwächen. Und natürlich habe ich in meinem Leben und in meinen Beziehungen nicht immer alles richtig gemacht“, sagte der 35-Jährige, der erst vor ein paar Wochen einen neuen Vertrag beim österreichischen Erstligisten Linzer ASK.

„Ich habe einen Fehler gemacht“, gab der Verteidiger plötzlich zu und spielte damit auf die Ereignisse am Abend des 19. Juli 2018 an. „An diesem Abend kann man mir völlig zu Recht vorwerfen, dass ich es nach dem Streit beim Kartenspiel nicht einfach dabei belassen habe. Hätte ich damals die Ruhe bewahrt und wäre im Bungalow geblieben, so wäre vermutlich gar nichts passiert. Es wäre nicht zu der Rangelei gekommen.“

Jerome Boateng hofft auf ein Ende des „Alptraums“

Seine Ex-Freundin sei der Aggressor gewesen. Sie sei auf ihn losgegangen, und um sich vor ihr zu schützen, habe er sie versehentlich an der Lippe verletzt. Dafür habe er sich auch schon mehrfach entschuldigt. Boateng stritt aber energisch ab, eine Glaslaterne gezielt auf die Mutter seiner Zwillinge geworfen zu haben.

Darüber hinaus beklagte Jerome Boateng die Nebenwirkungen des Prozesses. „Ich hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball auf höchstem Niveau gespielt“, sagte Boateng. Das sei aber wegen der Vorwürfe gegen ihn nicht möglich gewesen. „Zudem habe ich alle meine Werbeverträge verloren.“ Mit einem „Frauenschläger“, als der er dargestellt worden sei, wollten Geschäftspartner nichts zu tun haben. Eigentlich habe er sich nicht zu privaten Dingen äußern wollen. Aber: „Ich möchte nicht weiter nur dabei zusehen, wie mein Ruf und meine Zukunft mehr und mehr zerstört wird.“

Das Landgericht München I hat sechs Verhandlungstage für den neuen Prozess angesetz. Auch Boatengs Ex-Freundin hat angekündigt, Aussagen zu wollen, um ihre Sicht darzulegen. (mbr)