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„Monströs“, „Abscheulich“, „Ekelhaft“„Charlie Hebdo“ sorgt mit Karikatur zu Missbrauchsfall für viel Empörung

Lesezeit 4 Minuten
Die französische Satirezeitschrift hat mit einer Karikatur für große Wut in Frankreich gesorgt. (Archivbild)

Die französische Satirezeitschrift hat mit einer Karikatur für große Wut in Frankreich gesorgt. (Archivbild)

Erst führen die Details, die bei einem Prozess in Frankreich publik werden, zu großer Empörung. Dann sorgt „Charlie Hebdo“ für Wut.

Der Fall beschäftigt in diesen Tagen ganz Frankreich: Mit Medikamenten soll ein Rentner seine Frau über Jahre betäubt und von Fremden missbraucht haben lassen. Während das Opfer vor Gericht den 51 angeklagten Männern Barbarei vorwirft, sorgte nun die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ mit einer Karikatur für große Empörung.

„Das Bild ist unerträglich, ich liege leblos in meinem Bett, schlafend, und man ist dabei, mich zu vergewaltigen. Das ist eine barbarische Szene“, sagte die 71-Jährige am Donnerstag, wie die Zeitung „Midi Libre“ aus dem Gerichtssaal im südfranzösischen Avignon berichtete. „Sie betrachten mich wie einen Müllsack, es ist unerträglich und ich weiß nicht, ob ich jemals wieder aufstehen kann.“

Ehemann soll Frau betäubt und von Männern vergewaltigt haben lassen

Der 72 Jahre alte Ehemann soll die inzwischen von ihm geschiedene Frau während knapp zehn Jahren immer wieder mit Medikamenten betäubt haben. Dann soll die Frau vor seinen Augen von fremden Männern vergewaltigt worden sein.

Für den Missbrauch drohen den 50 angeklagten mutmaßlichen Tätern sowie dem Ehemann bis zu 20 Jahre Haft. Bei den Angeklagten handelt es sich um Männer, die zur Tatzeit zwischen 21 und 68 Jahre alt waren und mit der Justiz zumeist noch nichts zu tun hatten.

Erschütternder Prozess in Frankreich: Videos dokumentieren Missbrauch

Den Kontakt zu den Männern soll der Rentner über eine Onlineplattform hergestellt haben. Geld soll er von den Männern nicht verlangt haben, ihm ging es laut Anklage um die Befriedigung seiner sexuellen Fantasien.

Das Opfer Gisele P. spricht in Avignon mit Journalisten, als sie das Gerichtsgebäude verlässt. Verhandelt wird dort derzeit ein Missbrauchsfall mit einer hohen Zahl von Angeklagten.

Das Opfer Gisele P. spricht in Avignon mit Journalisten, als sie das Gerichtsgebäude verlässt. Verhandelt wird dort derzeit ein Missbrauchsfall mit einer hohen Zahl von Angeklagten.

Der mutmaßliche Missbrauch kam erst ans Licht, als der Rentner nach Filmaufnahmen unter den Röcken von Supermarktkundinnen festgenommen wurde. Bei einer Durchsuchung stießen Fahnder auf dem Computer des Mannes auf Hunderte Videos der Taten.

„Diese Personen wussten sehr wohl, was sie taten“

Abscheu äußerte die Frau hinsichtlich der mutmaßlichen Täter, die angegeben hätten, sich keiner Vergewaltigung schuldig zu fühlen. „Diese Personen wussten sehr wohl, was sie taten und in welchem lethargischen Zustand ich mich befand.“

Die Frau bekam von dem jahrelangen mutmaßlichen Missbrauch den Angaben nach nichts mit, weil ihr Mann sie massiv unter Medikamente gesetzt haben soll. Allerdings klagte sie seit langem über Gedächtnislücken und große Müdigkeit. „Ich war betäubt, wie wenn man in den Operationssaal kommt, danach kann man sich nicht mehr an die Operation erinnern. Genau das ist bei mir passiert“, sagte das mutmaßliche Opfer vor Gericht.

Macron mit Kamera: „Charlie Hebdo“-Karikatur sorgt für große Empörung

Während in Avignon der Prozess weiterläuft, der in Frankreich für Erschütterung gesorgt hat, gibt es in Frankreich nun enorme Empörung über die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“. Die Satiriker hatten zuvor eine Karikatur veröffentlicht, auf der das Martyrium des 71-jährigen Opfers der zahlreichen Vergewaltigungen mit den laufenden Konsultationen zu einer Regierungsbildung in Paris in Verbindung gesetzt worden war.

Dort ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu sehen, wie er nackt mit einer Kamera in der Hand dutzende Männer filmt, die nacheinander darauf warten, die Symbolfigur der französischen Republik, Marianne, zu vergewaltigen. „Die Konsultationen gehen weiter“, schrieb „Charlie Hebdo“ zu der Zeichnung. Neben Marianne ist eine mit „Rohypnol“ (ein starkes Schlafmittel) beschriftete Flasche zu sehen.

„Charlie Hebdo“ in der Kritik: „Abscheulich“ und „wirklich ekelhaft“

Für die Karikatur handelten sich die Satiriker mitunter heftige Reaktionen ein. „Abscheulich“ und „wirklich ekelhaft“, zitierte das „Journal du Dimanche“ einige der erbosten Kommentare, die sich im sozialen Netzwerk X unter dem Bild ansammelten. Die Karikatur sei „zutiefst verunglimpfend und demütigend für das Opfer und im weiteren Sinne für alle Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden“, kommentierte ein Nutzer demnach.

Auch Antoine Leaument, Politiker der linken Partei La France Insoumise, äußerte scharfe Kritik an „Charlie Hebdo“. „Haben Sie keinen Respekt vor der Würde einer so mutigen Frau, die nach dem Schrecken, den sie erlitten hat, für Gerechtigkeit kämpft?“, fragte Leaument unter dem X-Beitrag der Satirezeitschrift und fügte an: „Ihr seid weder lustig noch ikonoklastisch: Ihr seid einfach monströs.“

Empörung über „Charlie Hebdo“ auch in deutschsprachigen Netzwerken

Auch in den deutschsprachigen sozialen Netzwerken wurde Empörung über „Charlie Hebdo“ laut. Viele Nutzerinnen und Nutzer erinnerten dabei auch die große Solidarität, die den Satirikern nach einem Terroranschlag im Januar 2015 zuteilgeworden war, bei dem elf Menschen in den Redaktionsräumen der stets provokanten Zeitschrift ermordet worden waren.

„Wisst ihr noch, wie auch wir Frauen nach dem islamistischen Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo alle ganz solidarisch #JeSuisCharlie waren? Nun das ist der Dank: Purer respektloser Frauenhass“, kommentierte eine Nutzerin die Karikatur. In zahlreichen anderen Beiträgen wurde ebenfalls scharfe Kritik an dem Vergewaltigungswitz der Zeitschrift laut. (mit dpa)