Es geht wieder losWie sich Hamsterkäufe psychologisch erklären lassen
Hamburg – Es könnte ja genug für alle da sein: Genug Sonnenblumenöl zum Braten (zum Tanken ist es eher nicht geeignet, warnt der ADAC), genug Nudeln oder genug Toilettenpapier: Während der Anfangsphase der Corona-Pandemie und auch jetzt, wo der Krieg in der Ukraine die Weltwirtschaft beeinträchtigt, kommt es jedoch immer wieder zu Hamsterkäufen. Die Panik davor, dass es bald eine Ware nicht mehr geben könnte, sorgt dafür, dass so viele Menschen zulangen, dass die Ware tatsächlich knapp wird. Dieses irrational erscheinende Verhalten lässt sich aber einfach erklären.
Tendenz zu egoistischem Verhalten
Jan Häusser, Professor für Sozialpsychologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen, hat in einem Text auf der Homepage der Universität ausgeführt, wie das Phänomen Hamsterkäufe entsteht. Er sieht in der Versorgung mit Bedarfsgütern eine sogenannte Mixed-Motive-Situation: „Das sind Situationen, in denen gleichzeitig kollektive Motive (dass es allen gut geht) und persönliche Motive (dass es mir gut geht) vorliegen, die wir bei unserem Verhalten berücksichtigen müssen“, schreibt der Wissenschaftler.
Appell an Bürger
Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) hat an die Menschen in Deutschland appelliert, Hamsterkäufe zu unterlassen. „Bitte verhalten Sie sich solidarisch und kaufen nur das, was Sie unmittelbar benötigen“, sagte BVLH-Sprecher Christian Böttcher. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka erklärte: „Es gibt weiterhin keinen Anlass, zusätzliche Vorräte anzulegen.“ (dpa)
In manchen Fällen seien diese Motive nur schwer miteinander vereinbar. Häusser bezeichnet die Situation, die so entsteht, als „Tragik der Allmende“ nach einer Form gemeinschaftlichen Eigentums, die vor allem in der Landwirtschaft des Mittelalters verbreitet war.
Eine Spirale, die schwer zu stoppen ist
In solchen Situationen gebe es starke Anreize, sich egoistisch zu verhalten, was einen sich selbst verstärkenden Prozess in Gang setze: „Wenn ich meinen Mitmenschen (oder zumindest einer kritischen Masse) unterstelle, dass diese sich wahrscheinlich egoistisch verhalten werden, muss ich mich ebenfalls egoistisch verhalten, um mein eigenes Wohlbefinden zu sichern.“
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Ist die Spirale des Hamsterkaufs also erst mal in Gang gesetzt, wird es schwierig, sie zu stoppen. „Letztlich funktionieren hier vor allem klare Regeln“, so Häusser – also etwa Rationierungen. Zumindest so lange, bis die Hysterie sich gelegt hat und die meisten Menschen wieder darauf vertrauen, dass der Markt oder der Staat ausreichend Güter für alle bereitstellen.