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Klassiker für den kleinen HungerDie Currywurst wird 75 – so ganz sicher ist das allerdings nicht

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann streut Currypulver auf eine Wurst.

Die Currywurst gilt in Deutschland als Fast-Food-Klassiker und ist vom Imbissstand nicht mehr wegzudenken.

Herta Heuwer soll am 4. September 1949 laut Deutschem Patent- und Markenamt in ihrem Imbiss „mit verschiedenen Zutaten wie Tomatenmark, Currypulver und Worcestershiresauce“ herumexperimentiert haben.

Es gibt Themen, an denen kann man sich eigentlich nur den Mund verbrennen. Zum Beispiel: die Currywurst. Was nicht zwingend daran liegt, dass manche sie etwas schärfer mögen. Pikanter scheint die Frage zu sein, wer diese würzige Mischung aus deutschen – Wurst – und exotischen Elementen – Curry – eigentlich erfunden hat.

Eine heiße Spur führt nach Berlin-Charlottenburg. Dort soll Herta Heuwer am 4. September 1949 laut Deutschem Patent- und Markenamt in ihrem Imbiss „mit verschiedenen Zutaten wie Tomatenmark, Currypulver und Worcestershiresauce“ herumexperimentiert haben. Das wäre jetzt 75 Jahre her.

War nur der Senf ausgegangen?

Es muss offen bleiben, ob Heuwer aus Langeweile aktiv wurde, oder weil ihr der Senf ausgegangen war, oder weil sich die deutschen Zungen im Wirtschaftswunderland nach neuen Geschmackserlebnissen verzehrten. Auch das Toast Hawaii stammte schließlich nicht von der pazifischen Inselgruppe, sondern wurde vom ersten deutschen Fernsehkoch Clemens Wilmenrod in den 1950ern präsentiert.

Heuwer, eine resolute Dame, die 1999 im Alter von 86 Jahren starb, beharrte jedenfalls zeitlebens darauf: „Ick hab dat Patent, basta!“ Behördlich verbürgt ist, dass sie sich 1959 die Bezeichnung „Chillup“ als sogenannte Wort-/Bildmarke für eine „Spezial-Sosse“ eintragen ließ. Berlin würdigt Herta Heuwer seit 2003 mit einer Gedenktafel. Damals sagte Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen, bis dahin gebe es keine einzige Tafel, „die an einen Menschen erinnert, der sich um das Wichtigste verdient gemacht hat, was es für uns gibt: das Essen.“ Aber neben Heuwer suchten offenbar auch andere nach mehr Würze für die Würste.

Die Gedenktafel, die an Herta Heuwer, die Erfinderin der Currywurst erinnert.

Erinnerung an die mögliche Erfinderin: Gedenktafel für Herta Heuwer.

Der Schriftsteller Uwe Timm setzte der Spezialität mit der Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ ein literarisches Denkmal. Und verortete in diesem Zusammenhang den Ursprung des Gerichts auf das Jahr 1947 in Hamburg. Der Geschichte zufolge hat die Imbissbesitzerin Lena Brücker bei einem Sturz die Zutaten Curry und Ketchup gemischt, was zur Entdeckung der Soße führte. Obwohl Brücker eine fiktive Figur ist, behauptete Timm, 1947 in Hamburg bereits eine solche Wurst gegessen zu haben. Durch die Erzählung wird der Wettstreit zwischen Berlin und Hamburg um die Erfindung weiter angeheizt.

Am Dienstag dann ein Paukenschlag aus dem Essener Klartext-Verlag: Gregor Lauenburger, Schulseelsorger am Essener Mariengymnasium, und Gastro-Unternehmer Tim Koch haben für ihr Buch „Alles Currywurst – oder was?“ in Duisburg-Marxloh bei „Peter Pomm’s Pusztetten-Stube“ vorbeigeschaut. Der Imbiss am dortigen August-Bebel-Platz wirbt nicht nur für die hauseigene Spezialität „Pusztetten“, das sind Fleischbällchen in Tomatensoße, sondern ausweislich der Außenwerbung auch für „Currywurst – seit 1936“. Die Autoren verorten den Ursprung der beliebten Spezialität also in den Ruhrpott der 1930er-Jahre.

Kenner werden spätestens jetzt die von Dieter Krebs und anderen getextete und von Herbert Grönemeyer gesungene Ballade im Ohr haben: „Kommste vonne Schicht / Wat schönret gibt et nich’ / Als wie Currywurst.“

Bekanntermaßen können die Deutschen außer Wurst auch Auto. Volkswagen brachte beides in den 1970er-Jahren zusammen – offenbar mit Erfolg.

Als der Konzern vor einigen Jahren bekanntgab, die Currywurst vom Speiseplan der Kantine im Wolfsburger Markenhochhaus zu nehmen, meldete sich gar ein Altkanzler zu Wort. „Currywurst mit Pommes ist einer der Kraftriegel der Facharbeiterin und des Facharbeiters in der Produktion. Das soll so bleiben“, wetterte Gerhard Schröder.

Längst hat die Currywurst ein Comeback erlebt. Nach einer früheren Schätzung des damaligen Currywurst-Museums in Berlin werden hierzulande rund 800 Millionen Portionen pro Jahr verzehrt – davon allein 70 Millionen nur in der Hauptstadt. Zuletzt konnte gar ein Absatzrekord von 8,33 Millionen Stück vermeldet werden. (kna/dpa)


Schmerzhaft-scharfe Schlemmerei

Zur Scoville-Challenge laden für Samstag die Betreiber von „Die Currywurst“ in Wanne-Eickel ein. Der US-amerikanische Pharmakologen Wilbur L. Scoville entwickelte 1912 eine Skala zur Abschätzung der Schärfe von Früchten der Paprikapflanze. Die Teilnehmer der Challenge begeben sich in die Welt des Schmerzes.

Nach sechs Runden warten auf Unentwegte noch drei Stücke Bratwurst mit einer Sauce namens „Der Endgegner“, deren Schärfegrad auf 9.000.000 Scoville taxiert wird. Als Preise winken für die beiden Erstplatzierten 100 beziehungsweise 50 Euro, der dritte Sieger darf ein „scharfes Überraschungspaket“ mit nach Hause nehmen. Na, Mahlzeit!