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Interview mit Dirk Nowitzki vor EM in Köln„Es wird toll, ein tolles Erlebnis“

Lesezeit 6 Minuten
Dirk Nowtzki im Interview

Dirk Nowitzki ist Botschafter der Basketball-EM 

Köln – Am Donnerstag beginnt in Köln die Basketball-Europameisterschaft. Im Interview mit Patrick Reichardt und Lars Reinefeld spricht Superstar Dirk Nowitzki über die bevorstehende Trikotzeremonie des DBB, seinen Nachfolger Luka Doncic, den körperlichen Verschleiß und die verkorkste Heim-EM 2015.

Herr Nowitzki, die Heim-EM steht bevor, zum ersten Mal seit sieben Jahren. Was erwarten Sie stimmungsmäßig und auch vom deutschen Team?

Es wird toll, ein tolles Ereignis. Die Fans werden uns hoffentlich nach vorne pushen. Es wird eine schöne Heim-EM werden, hoffentlich auch besser als damals. Wir wollen nicht hoffen, dass wir wieder in der Vorrunde ausscheiden, sondern dass die Jungs ein tolles Turnier mit Heimpublikum spielen.

Sie selbst sind als Botschafter dabei, wie sieht Ihre Rolle bei der EM aus?

Ich werde das ganze Turnier begleiten und schauen, dass ich bei jedem Deutschland-Spiel dabei sein kann. Wir werden das Turnier unterstützen und uns mit den Fans in Verbindung setzen. Wir wollen Spaß haben. Am 1. September ist ja noch meine Trikotzeremonie, was eine Riesenehre ist. Viele Leute kommen, Freunde und Familie. Das wird ein unvergesslicher Abend für mich.

Für Sie ist es bereits die zweite Trikotzeremonie in diesem Jahr. Ihnen ist so etwas ja normalerweise unangenehm. Glauben Sie, es wird ähnlich emotional wie im Januar in Dallas?

Es ist immer emotional, wenn man so eine große Ehre entgegennimmt. Dass die 14 nicht mehr vergeben wird im deutschen Basketball, ist eine tolle Sache. Das wird wieder schön werden und auch emotional. Ich hoffe, dass ich gut durchkomme. In Dallas habe ich eine längere Rede gehalten, in Köln möchte ich sie um einiges kürzer halten.

Wer hat sich aus Dallas angekündigt und haben Sie Angst, dass Ihre Ehrung den Sport zum EM-Start in den Hintergrund drängt?

Nein, das glaube ich nicht. Das wird gleich das Eröffnungsspiel gegen Frankreich, das wird eine wahnsinnige Atmosphäre werden. Ich glaube nicht, dass mein Ereignis da größer ist als das Spiel, sondern es geht natürlich um die EM und das Eröffnungsspiel. Dass ich vorher kurz die Ehre kriege, ist toll. Aus Dallas haben sich ein paar angemeldet, der Coach soll kommen, der General Manager kommt wahrscheinlich, Michael Finley soll kommen. Wir freuen uns, einige begrüßen zu dürfen. Die Familie ist komplett da.

Dennis Schröder ist neuer Kapitän des Nationalteams. Hat er so ein bisschen Ihre Rolle für Deutschland eingenommen?

Klar wird viel auf ihm lasten, er ist mit Abstand der beste Spieler. Er wird den Ball oft in der Hand haben und in kritischen Situationen die Entscheidungen treffen. Ich glaube, dafür ist er gemacht. Er lebt für solche Situationen, das Selbstbewusstsein hat er. Ich hoffe, dass er uns weit tragen kann. Dass er ein gutes Turnier spielt und einen guten Mix findet aus selbst zu scoren und die anderen einzubinden. Es ist als Aufbauspieler eine schwere Aufgabe.

Was ist vor sieben Jahren bei der Heim-EM schief gelaufen und was kann die heutige Mannschaft daraus lernen?

Wir hatten echt eine starke Gruppe erwischt. Wir hätten trotzdem noch ein Spiel hier oder da drehen müssen. Ich habe nicht toll getroffen und war schon im gehobeneren Alter und habe das Spiel nicht mehr so tragen können. Wir haben da nicht viel falsch gemacht. Das war einfach bitter. Manchmal läuft es nicht so, wie man will.

Sie wohnen seit über zwei Jahrzehnten in Texas. Was bedeutet Deutschland noch für Sie, wie oft sind Sie hier und was verbinden Sie mit ihrem Heimatland?

Ich bin jetzt wieder mehr da als zu meiner aktiven Zeit. Da konnte ich nur im Sommer kurz da sein, jetzt bin ich alle paar Wochen da. Ich habe meine Stiftung noch in Würzburg. Ich bin fast alle vier bis sechs Wochen in Deutschland, meine Familie ist noch da und es ist nach wie vor meine Heimat. Ich bin immer wieder gerne da.

Was fehlt Ihnen am meisten aus der Profizeit?

Der Wettbewerb und die Kameradschaft, so ein bisschen die Sachen, von denen ich auch schon vorher wusste, dass sie mir fehlen würden. Ich muss echt sagen: Ich habe den Zirkus 21 Jahre mitgemacht und bin froh, dass es mir im Ruhestand gut geht. Ich hätte es mir fast ein bisschen schlimmer vorgestellt. Ich genieße die Familienzeit, wir reisen viel. Ich kann Sachen machen, die ich zu meiner aktiven Zeit nicht machen konnte. Ich fühle mich echt wohl.

Gibt es Momente, in denen Sie sich sagen, ich habe zu lange gespielt und zu viel kaputtgemacht, was ich jetzt bereue?

Ach, was heißt bereuen? Ich glaube, das gehört einfach dazu, dass man danach ein paar Wehwehchen davonträgt. Es hat einfach am Schluss noch Spaß gemacht. Ich dachte, ich kann noch einiges erreichen. Wenn ich jetzt zurückgehe, kann ich es sowieso nicht mehr ändern. Ich habe 21 Jahre mit einem Team gespielt, das ist ein Rekord, deshalb bin ich natürlich schon auch wahnsinnig stolz drauf. Von daher ist alles gut.

Sie haben in Deutschland mehrere lose Posten, wie jetzt als EM-Botschafter oder Gastgeber beim Fußball-Benefizspiel. Sind weitere Rollen für Sie denkbar?

Solche Rollen sind natürlich schon schön. Wenn es um etwas geht, wo ich jeden Tag da sein muss, wird es schwer, wenn ich nicht hier wohne. Unser Lebensmittelpunkt wird auch weiterhin erstmal in Dallas bleiben, ich bin dort Berater von den Mavericks.

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Das liegt schon auf der Hand, dass ich da ein bisschen mehr mache. Von daher wird es bei solchen Rollen bleiben, bei denen ich immer nur temporär da sein kann.

Das heißt, Sie sind momentan mit Ihren Tätigkeiten und Ihrem Aufgabenfeld zufrieden?

Ich mache so ein bisschen alles, ohne irgendetwas richtig zu machen. Aber für mich ist das eine tolle Phase. Ich bin in so einer Zwischenphase, um zu finden, was ich in Zukunft wirklich machen will. Jetzt sind es über drei Jahre, trotzdem fühle ich mich noch sehr wohl mit Familienzeit. Trotzdem habe ich genug um die Ohren. So richtig weiß ich nicht, was die Zukunft bringt. Es ist eine schöne Zeit, das so zu genießen. Ich kann reisen, wann ich will. Ich bin mein eigener Boss, mir schreibt keiner was vor. (dpa)