Mitgliederversammlung in KölnFC-Fans können Zukunft des Fußballs mitbestimmen
Köln – Wenn der 1. FC Köln am Donnerstagabend seine mehrfach verschobene Mitgliederversammlung 2020 virtuell nachholt, geht es auch um eine grundsätzliche Debatte zur Zukunft des Profifußballs. Wobei es weit über die Frage hinaus gehen dürfte, ob die jüngst durch das Bundeskartellamt gestützte 50+1-Regel ausreicht, um den Vereinscharakter der deutschen Fußballclubs zu schützen und zu stärken. „Durch Corona ist die Entfremdung der Menschen vom Fußball vorangeschritten. Sie wollen Veränderungen und dafür wollen wir kämpfen“, erklärte FC-Vize Dr. Carsten Wettich gegenüber dieser Zeitung.
Veränderungen, die der 1. FC Köln an vorderster Stelle mit in die bundesweite Diskussion einbringen soll. Dies jedenfalls ist der Wunsch des FC-Vorstands um Präsident Dr. Werner Wolf, der am Donnerstag ab 18 Uhr den Mitgliedern eine entsprechende Strategie vorstellt, an der er seit September 2019 gearbeitet hat. Misst man dieses Papier an der Dauer seiner Entstehungszeit, müsste es einige für den Fußball revolutionäre Inhalte zum Vorschein bringen.
Beraterwesen anders regeln
Klar und bekannt ist, dass der von seinen Mitgliedern geführte 1. FC Köln ohne die Hilfe von klassischen Investoren auskommen will. Man will Herr im eigenen Haus bleiben und keine Anteile verkaufen. Oder nur dann, wenn die Mitglieder dem mehrheitlich zustimmen. Aktuell erlaubt die FC-Satzung einen Verkauf von bis zu 25 Prozent ohne Zustimmung der Mitglieder. Der Vorstand plant sogar den Verkauf ab dem ersten Anteil zur Abstimmung zu bringen. Ein entsprechender Satzungsänderung ist ausgearbeitet, wird aber erst zur nächsten turnusmäßigen Versammlung im Herbst 2021 vorgelegt.
Stattdessen setzt der FC auf so genannte Genussscheine, um sein Eigenkapital zu stärken, ohne die Entscheidungsgewalt zu verlieren. Ein zweistelliger Millionen-Betrag ist auf diesem Weg bislang in die Kassen geflossen, weitere Millionen sollen folgen. Die Genussscheine sind von FC-Unterstützern gezeichnet worden, denen der Club extrem am Herzen liegt, die aber kein Verlangen verspüren, sich aktiv an Entscheidungen zu beteiligen. Für die Geldgeber steht eine Rendite in Aussicht, allerdings nur im Erfolgsfall. Sprich, wenn der FC Gewinn verbucht.
Quo vadis, FC?
In welche Richtung aber möchte der FC und sein Vorstand den Fußball lenken und etwa den Forderungen des in der Pandemie erstarkten Fan-Bündnisses „Unsere Kurve“ nach umfassenden Reformen eine Stimme geben? „Auf dem Platz muss sich nicht viel ändern. Was wir aber brauchen, ist eine Rückbesinnung auf die Zuschauer im Stadion und einen Schulterschluss mit dem Amateur- und Jugendsport. An dieser Stelle müssen wir unseren Vereinscharakter zeigen und unterstützen, um Kinder und Jugendliche zum Sport zu führen. Der 1. FC Köln muss mit seiner Stimme dafür werben,“ sagte Wettich. Der 41-jährige Jurist möchte sich auch dafür einsetzen, dass das Beraterwesen im deutschen Profifußball anders geregelt wird: „Es ist sinnvoll, dass ein Spieler einen Berater hat. Der Fehler im System ist aber, dass der Berater von den Clubs bezahlt wird. Ein Vermieter muss auch den Makler selbst zahlen, wenn er eine Wohnung vermietet. So müsste es auch im Fußball sein, und dafür müssen wir uns in der DFL und die DFL wiederum international stark machen. Es geht auch um Transparenz und klare Regelungen. Die Macht der Berater ist schon erstaunlich und hat sich ein Stück weit verselbstständigt“, findet Wettich.
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Inwieweit die FC-Mitglieder der neuen Strategie folgen wollen, wird sich auch im Votum für Carsten Wettich zeigen. Der für den zurückgetretene Dr. Jürgen Sieger im Dezember 2019 aus dem Vorsitz des Mitgliederrates nachgerückte Wettich stellt sich satzungsgemäß der Nachwahl und benötigt eine einfache Mehrheit, um im Amt zu bleiben. Rund 8600 Mitglieder hatten sich bis Mittwochabend als Teilnehmer an der virtuellen Mitgliederversammlung angemeldet. Einen Tag vor der wegweisenden Wahl erfuhr Wettich breite Unterstützung. Sowohl Mitgliederrat-Vorsitzender Ho-Yeon Kim als auch der Vorsitzende des Beirates Lionel Souque sprachen sich in einem Mitglieder-Newsletter klar für eine Wahl des zweiten Vizes neben Eckhard Sauren aus.